Interview

Neuer politischer Zyklus in Indien

20.03.14 17:00 Uhr

Fondsmanager Parameswara Krishnan spricht im Interview über die Wahlen zum Parlament im Mai - und die Hoffnungen der Börse auf einen Machtwechsel.

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von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Parameswara Krishnan managt den DNB India. Er setzt unter anderem auf Unternehmen, die politische Entscheidungen transparenter machen.

€uro am Sonntag: Herr Krishnan, zwischen 2003 und 2011 wuchs ­Indiens Bruttoinlandsprodukt im Schnitt jährlich um acht Prozent. Seit 2010 beträgt der jährliche Zuwachs nur noch um die fünf Prozent. Wie erklärt sich der Rückgang?
Parameswara Krishnan:
Indiens Wachstum durchläuft nicht nur ökonomische, sondern auch politische Zyklen. In der Vergangenheit fielen die Wachstumsraten immer dann höher aus, wenn eine Regierung im Amt war, die sich im Parlament auf eine breite Mehrheit stützen konnte und Reformen beherzt anpackte. Dies war von 1991 bis 1996 und zwischen 2003 und 2008 der Fall. Die aktuelle Administration erwies sich dagegen wegen Korruptionsskandalen von Kabinettsmitgliedern als Wachstumsbremse.

Darunter litt die Investitionsbereitschaft der Unternehmen?
Ja, die Unternehmen wollen nicht in einen Skandal verwickelt werden beziehungsweise Mittel in Projekte investieren, die dann wegen möglicher Unregelmäßigkeiten beim Ausschreibungsverfahren gestoppt werden müssen.

Wie lässt sich das ändern?
Durch die Digitalisierung von Ausschreibungen. Die Vorgänge werden dadurch deutlich transparenter, die Möglichkeiten des Betrugs geringer. Indien ist auf einem guten Weg. Von der zunehmenden Digitalisierung profitiert etwa Infosys.

Indiens chronisch defizitäre Leistungsbilanz war mit ein Grund, warum ausländische Anleger im Zuge des Taperings der US-Notenbank massiv Gelder abgezogen haben. Sind erste Erfolge beim Abbau des Ungleichgewichts erkennbar?
Die Lage hat sich durch den niedrigeren Kurs der Rupie entspannt. Die Importe gingen daraufhin zurück, der Export profitierte. Auch hat die Regierung die Zölle auf die Einfuhr von Gold erhöht und somit die Nachfrage gebremst. Der Goldimport trägt ja entscheidend zum Handelsbilanzdefizit bei.

Mit zehn Prozent weist Indien derzeit die höchste Inflationsrate in ganz Asien auf. Die Zinsen wurden auf acht Prozent angehoben, auch um ausländisches Kapital ­wieder anzulocken. Reicht dies?
Völlig ausschließen kann man einen weiteren Zinsschritt nicht. Doch mittlerweile hat sich der Preis­anstieg beruhigt. Und mit einer ­Zinssenkung ist in den kommenden sechs Monaten auch nicht zu rechnen.

Kann Indiens Wirtschaft denn ohne staatliche Stimulierungsmaßnahmen wieder stärker wachsen?
Ja. Wenn es der neuen Regierung gelingt, verloren gegangenes Vertrauen insbesondere in Steuerfragen wiederherzustellen, dann fördert sie auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Auch eine Beschleunigung von staatlichen Entscheidungen kann die Wirtschaft beleben.

Der Ministerpräsident des Bundesstaats Gujarat, Narendra Modi, wird schon als neuer Premier gehandelt. Ist er auch der Kandidat der Wirtschaft?
Ja. In seinem Bundesstaat hat Modi viel erreicht. Gujarat ist einer der wenigen Staaten Indiens ohne Strommangel. Auch gibt es ein hervorragendes Straßennetz. Modi gilt zudem als unbestechlich und entscheidungsfreudig. Das Erfolgsmodell Gujarat lässt sich zwar nicht eins zu eins auf ganz Indien übertragen, doch Modi könnte schon entscheidende Verbesserungen bewirken. Die Wirtschaft traut ihm das zu, die Hoffnungen auf einen neuen Reform­schub sind groß. Indien steht möglicherweise vor einem neuen politischen Zyklus.

Würde auch die Börse von einem Sieg Modis profitieren?
Ja, aber es dürfte dauern, bis Maßnahmen der Regierung greifen, sich das Wachstum belebt und sich in der Folge die Gewinnaussichten der ­Unternehmen bessern. Andererseits muss man aber auch sehen, dass sich der indische Aktienmarkt in den vergangenen sechs Jahren auf Basis der lokalen Währung kaum nach oben bewegt hat. Potenzial für steigende Kurse ist also vorhanden.

Wenn Modi es doch nicht schafft?
Ein Crash ist dann sicher nicht zu befürchten. Zwar wären die Anleger enttäuscht, doch ich bin optimistisch, dass der indische Aktienmarkt auch dann am Ende des Jahres höher notieren wird als heute.

Welche Aktien sind denn derzeit ­interessant?
Konsumwerte sind schon sehr gut gelaufen. Wir sehen derzeit mehr Chancen bei Maschinenherstellern und anderen zyklischen Industriewerten. Auch eine ganze Reihe von Small-Cap-Unternehmen ist für uns aussichtsreich. Zu unseren Topfavoriten zählen unter anderem ­Infosys, Tata Consultancy und die ICICI-Bank.

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