Fondsgebühren: Abzocke mit Performance Fees
Vermögensschaden für Privatanleger: Der EU-Parlametarier Sven Giegold über intransparente Performance Fees und den Versuch einer europaweiten Regelung.
von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Sven Giegold kämpft für den Anlegerschutz in Europa. Unter anderem sind dem Finanzexperten der Grünen die erfolgsabhängigen Gebühren (Performance Fees), die viele Fonds erheben, ein Dorn im Auge. Im Europaparlament setzte er sich deshalb für schärfere Regeln ein. Mit knapper Mehrheit schmetterten die Parlamentarier seinen Vorstoß vorvergangene Woche allerdings ab. Eine Regelung, wie sie die deutsche Finanzaufsicht Bafin für Fonds bereits durchgesetzt hat, steht auf europäischer Ebene weiter aus. Mit €uro am Sonntag sprach Giegold über die Hintergründe.
€uro am Sonntag: Herr Giegold, was stört Sie am meisten an den Performance Fees für Fonds?
Sven Giegold: Zunächst einmal, dass sie höchst intransparent sind. Bei einer festen Vergütung wissen Sie, dass Sie immer ein oder 1,5 Prozent des Fondsvolumens zahlen. Bei Performance Fees haben Sie dagegen eine nach komplexen Maßstäben gemessene Vergütung. Es gibt einen Vergleichsindex, der oft selbst recht kompliziert konstruiert ist. Und wenn die Wertentwicklung des Fonds über diesem Index liegt, zahlen Sie wiederum einen gewissen Anteil dieses Mehrertrags — 20 oder 25 Prozent — als Vergütung. Zum Zweiten halte ich es immer dann für Abzocke, wenn der Anleger zahlen muss, sobald ein Vergleichsindex geschlagen wird. Andererseits erfolgt aber keine Reduktion der Vergütung, wenn die Benchmark unterboten wird. Dadurch ist das im Grunde eine Sondersteuer auf Börsenschwankungen.
Stören Sie Performance Fees generell oder nur deren Asymmetrie?
Mich stört die Asymmetrie. Eine klug verhandelte Performance Fee, wie sie bei professionellen Investoren üblich ist und die dann die festen Gebühren ersetzt, kann absolut sachgerecht sein und einen guten Leistungsanreiz bieten. Doch bei den Publikumsfonds in Deutschland sind Performance Fees hauptsächlich eingeführt worden, um eine zusätzliche Gebührenquelle zu finden, die nicht zu sehr auffällt.
Wie meinen Sie das?
In dem Jahr, in dem der Fonds gut läuft, wird eine Zusatzgebühr erhoben. Die verschmerzt man innerlich ganz gut, denn der Fonds läuft ja. Wenn der Fonds schlecht läuft, wird keine Zusatzgebühr erhoben, sodass man die Verluste des Fonds überhaupt nicht mit den Gebühren in Beziehung setzt. Über die Jahre vergisst dann der Anleger, dass für den Gesamtertrag die Wertentwicklung des Fonds minus der Gebühren entscheidend ist.
Was hat denn die Fondsgesellschaften Ihrer Meinung nach dazu veranlasst, Performance Fees einzuführen – wenn es nicht der Leistungsanreiz für die Fondsmanager ist?
Nun, früher war es so, dass die Fondsgesellschaften einen Teil der Ausgabeaufschläge erhielten. Doch der Vertrieb wird zunehmend aufwendiger und teurer, sodass diese Gebühr heute ausschließlich dort hinfließt. Die Fondsgesellschaften haben dann nach neuen Einnahmequellen gesucht und sind unter anderem mit der Performance Fee fündig geworden. Alle großen Gesellschaften — Allianz, DWS, Deka und Union Investment — haben diese Gebühr vor gut zehn Jahren etwa gleichzeitig eingeführt.
Seit dem 1. Juli gelten die Bafin-
Regeln für in Deutschland aufgelegte Fonds (siehe Investor-Info).
Ist das nicht schon mal positiv?
Wie würde es sich für deutsche Anleger auszahlen, wenn die Gebühren bei Fonds geringer wären?
Pauschal kann man sagen: Wäre
die Gesamtgebührenbelastung in Deutschland auf amerikanischem Niveau, würden Anleger auf Sicht von 30 Jahren 20 Prozent mehr erwirtschaften. Und wenn Sie sich einen Kleinanleger ansehen, der für seine Altersversorgung auf diese Produkte angewiesen ist, so macht das schon einen riesigen Unterschied. Es muss doch das politische Ziel sein, in Deutschland zu einer Intensität des Wettbewerbs und zu fairen Regeln zu kommen, die dafür sorgen, dass die Gebührenbelastung auf amerikanisches Niveau sinkt.
Investor-Info
Performance Fees
Die neuen Regeln
Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat die erfolgsabhängigen Gebühren (Performance Fees) der
hierzulande aufgelegten Fonds zum 1. Juli neu geregelt. Der wichtigste Punkt ist die Einführung eines
Verlustvortrags. Dieser muss fünf Jahre berücksichtigt werden, bevor die Gebühr erneut erhoben werden darf. Das heißt: Fonds mit Performance Fee müssen künftig erst die negativen Vorträge gutmachen, bevor die Gesellschaften eine Erfolgsgebühr vereinnahmen können. Positiv für Anleger ist auch, dass deutsche Fonds für die Berechnung der Performance Fee nicht mehr die Brutto-Wertentwicklung heranziehen dürfen. Künftig dürfen sie die Erfolgsgebühr erst nach Abzug der jährlichen Fixkosten berechnen. Außerdem darf die relevante Periode, die zur Berechnung der Performance Fee herangezogen wird, nicht kürzer als zwölf Monate sein. Diese Regelungen gelten allerdings nur für in Deutschland aufgelegte Produkte. Nach Angaben des Branchenverbands BVI sind etwa 400 deutsche Investmentfonds mit einem Fondsvermögen von 60 Milliarden Euro von den neuen Bafin-Regeln betroffen. Viele Fonds, die hierzulande vertrieben werden, haben ihr Domizil aber im Ausland, etwa in Luxemburg.
Fondsgebühren
Versteckte Kosten
Der Blick auf die Verwaltungsgebühr sagt oft wenig über die tatsächliche Kostenbelastung eines Fonds aus. Denn häufig verstecken sich noch weitere Gebühren im Kleingedruckten oder hinter schwer verständlichen Klauseln. Für eine erste Orientierung sollten Anleger daher die TER (Total Expense Ratio) heranziehen, die im Dokument „Wesentliche Anlegerinformationen“ als „Laufende Kosten“ ausgewiesen ist. Auch darin werden allerdings die erfolgsabhängigen Gebühren nicht erfasst. Manche Gesellschaften führen sie aber separat auf.
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Bildquellen: European Union 2011 PE-EP