Im Namen des Anlegers

Hauptversammlungen: Wenn Fonds nein sagen

05.05.15 16:00 Uhr

Hauptversammlungen: Wenn Fonds nein sagen | finanzen.net

Fondsgesellschaften bündeln nicht nur das Geld zahlreicher Anleger, sondern auch deren Stimmrechte bei Unternehmen. Wie sie damit umgehen - und welche Themen in diesem Jahr brisant sind.

Werte in diesem Artikel
Fonds

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Aktien

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Indizes

19.906,1 PKT -118,6 PKT -0,59%

von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag

Wenn eine ehemalige Kosmetik-Managerin plötzlich einen deutschen Autobauer beaufsichtigen soll, platzt Ingo Speich die Hutschnur. Vor zwei Jahren ließ Daimler auf der Hauptversammlung über den Einzug der Ex-Avon-Chefin Andrea Jung in den Aufsichtsrat ­abstimmen. Vielen Aktionären gefiel das gar nicht. Und Ingo Speich als Vertreter der Fondsgesellschaft Union Investment brachte dieses Missfallen in seiner Rede auf den Punkt: "Automobiler Sachverstand wäre an dieser Stelle viel zweckdienlicher." Konsequent stimmte er gegen die Wahl von Jung.

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Zwar schaffte die Kanadierin doch den Einzug ins Kontrollgremium. Aber die Kritik kam in Stuttgart an. Denn seither hat Daimler mit der Berufung von Ex-BMW- und -VW-Chef Bernd Pischetsrieder sowie Ex-Bosch-Geschäftsführer Bernd Bohr die automobile Kompetenz bei seinen Kontrolleuren merklich verstärkt.

Das Beispiel zeigt: Mit den Stimmen ihrer Anleger können Fonds­gesellschaften auf den jährlichen Ak­tionärstreffen etwas bewegen. Doch häufig braucht es den großen Auftritt und die flammende Rede gar nicht. "Die Unternehmen sind vorsichtiger geworden", sagt Speich. Viele sensible Punkte würden bereits im Vorfeld einer Hauptversammlung mit den Großinvestoren abgeklopft, um Konflikte auf der großen Bühne zu vermeiden. "Das war vor sechs bis sieben Jahren noch anders", erinnert sich Speich.

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Dennoch gibt es auch in der diesjährigen Hauptversammlungssaison brisante Themen, bei denen aktive Fondsmanager Flagge zeigen. Das kann zum einen einzelne Unternehmen betreffen, wie die Neuausrichtung beim Sportartikelhersteller Adidas oder bei der Deutschen Bank. Zum anderen gibt es auch Streitpunkte allgemeinerer Natur.

So stellt etwa die Einführung einer Frauenquote im Aufsichtsrat viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Denn weil es wenig geeignete Kandidatinnen gibt, besteht die Gefahr, dass diese "mit Ämtern überhäuft werden", so Speich. Die komplexen Anforderungen an ein Aufsichtsratsmandat sind bei zu vielen Posten freilich nicht mehr zu erfüllen. So dürfte wohl mancher Kandidatin fürs Kontrollgremium die Stimme von Großinvestoren versagt bleiben.

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Wohin mit dem vielen Geld?

Ein zentrales Thema in diesem Jahr ist auch die Frage, wie Unternehmen mit ihren oftmals hohen Kassenbeständen umgehen sollen. Fehlen Investitionsmöglichkeiten, setzt sich Union-Mann Speich auf Hauptversammlungen für erhöhte Bardividenden an die Aktionäre ein. Aktienrückkäufe lehnt er dagegen grundsätzlich ab.

Über die Verwendung liquider Mittel bei deutschen Unternehmen macht sich auch Larry Fink seine Gedanken. Der Chef des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock schickte in der vergangenen Woche einen Brief an die Chefs der 30 DAX-Konzerne, in dem er Berichten zufolge vor zu hohen Ausschüttungen und Aktienrückkäufen warnt. Denn diese kurzfristig aktionärsfreundlichen Maßnahmen bewirkten langfristig das Gegenteil: Sie kosteten die Firmen Wachstum, weil im Gegenzug Kapitalinvestitionen und Ausgaben für eine gut ausgebildete Belegschaft unterblieben.

Finks Brief ist in zweierlei Hinsicht erstaunlich. Denn meist fordern Vertreter der Finanzbranche, dass Unternehmen ihren Börsenwert möglichst rasch steigern und ihre Dividenden erhöhen. Zudem ist BlackRock vor allem für seine Indexfonds bekannt. Also Produkte, die ein Börsenbarometer passiv abbilden. Eigentlich könnte es so einer Gesellschaft egal sein, welche Unternehmen sich aktuell in den Indizes tummeln. Ist es aber offenbar nicht.

Genauso wenig wie den aktiv managenden Kollegen der deutschen Fondshäuser. Wie BlackRock haben auch diese in jeweils eigenen Grundsätzen festgelegt, welche Abstimmungslinien sie auf Hauptversammlungen verfolgen. Die Kriterienlisten veröffentlichen sie im Internet - und häufig auch das Abstimmungsverhalten auf vergangenen Hauptversammlungen (siehe Investor-Info).

"In Deutschland stimmen wir auf allen Hauptversammlungen ab", sagt Fondsmanager Henning Gebhardt von der Deutschen Asset & Wealth Management (Deutsche AWM). "Und global wächst der Anteil der Unternehmen stetig, bei denen wir unsere Stimmrechte ausüben." In der Praxis kann natürlich keine Fondsgesellschaft zu Hunderten oder Tausenden von Hauptversammlungen einen Vertreter schicken. Deshalb bedienen sich die großen Anbieter sogenannter Stimmrechtsberater oder Proxy ­Advisors.

Das sind Analyse- und Beratungsunternehmen, die Großaktionären sowohl Empfehlungen für ihr Abstimmungsverhalten auf Haupt­versammlungen geben als auch technische Plattformen für die Abstimmung bereitstellen. Der international bedeutendste Stimmrechts­berater ist die amerikanische Institutional Shareholder Services, kurz ISS. Ihre Dienste nimmt etwa Allianz Global Investors in Anspruch. Auf den in Karlsruhe ansässigen Anbieter Ivox setzen Union Investment, Deka und - für deutsche Aktien - Deutsche AWM.

Dass die Deutsche-Bank-Tochter nicht irgendwelchen Standardempfehlungen folgt, betont Fondsmanager Gebhardt. "Die Stimmrechts­berater bekommen von uns genaue Vorgaben und Richtlinien, an denen sie ihre Vorschläge ausrichten müssen." Ähnlich verfahren die anderen großen deutschen Fondsanbieter. Und selbst dann kann immer noch anders entschieden werden. Wenn es sein muss, auch mit großem Auftritt und flammender Rede.

Investor-Info

Quickcheck der FondsRiesen
HV-Aktivität und Transparenz

Allianz Global Investors: Die Fondstochter des Münchner Versicherers dokumentiert seit 2004 ihr Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen (HV). Sie veröffentlicht auf ihrer Internetseite sowohl ihre Abstimmungsrichtlinien als auch (auf Englisch) einen tabellarischen Überblick über ihr Abstimmungsverhalten und eine Liste mit den Voten auf den HV der einzelnen Unternehmen. Im ersten Halbjahr 2014 stimmte die Gesellschaft bei mehr als 1.000 HV weltweit ab. Im Schnitt verweigerte sie 7,4 Prozent der Tagesordnungspunkte die Zustimmung.
Deka Investments: Beim Fondsanbieter der Sparkassen lassen sich auf der Internetseite die Grundsätze des Abstimmungsverhaltens auf Hauptversammlungen einsehen. Ebenso findet man dort die wichtigsten Punkte von Redebeiträgen bei Aktionärstreffen (für 2014 bei Siemens, RWE und Eon). Im vergangenen Jahr hat die Deka bei mehr als 190 HV abgestimmt. Bei knapp zehn Prozent der Tagesordnungspunkte verweigerte sie die Zustimmung.
Deutsche Asset & Wealth Management: Die Deutsche-Bank-Tochter bietet auf ihrer Website eine sehr transparente Möglichkeit, das Abstimmungsverhalten auf HV einzusehen. Denn es lässt sich direkt nach Unternehmen suchen oder nach einzelnen Fonds, um die Abstimmungsaktivität für jedes Unternehmen im Portfolio zu bekommen (auch bereits für die aktuelle HV-Saison). Zudem lassen sich die Stimmrechtsrichtlinien herunterladen, leider nur auf Englisch. 2014 stimmte die Gesellschaft auf 415 HV weltweit ab, bei 238 Meetings votierte sie mindestens einmal nicht im Sinne des Managements.
Union Investment: Der genossenschaftliche Fondsanbieter veröffentlicht im Internet (unter Institutionelle Kunden/Nachhaltige Investments) seine Abstimmungsleitlinien. Zudem gibt es einen Engagement-Report, der einen Überblick über Abstimmungsverhalten und exemplarische Redebeiträge enthält. Die Voten bei einzelnen HV werden auf Nachfrage bekannt gegeben. In Deutschland übt die Union auf breiter Front ihr Stimmrecht aus. Im Ausland wird eine Auswahl der wichtigsten HV getroffen. 2014 hat die Gesellschaft auf 1247 Aktionärs­treffen abgestimmt, am häufigsten verweigerte sie ihre Stimme bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten sowie bei Kapitalerhöhungen.

Unirak nachhaltig
Fonds mit Verantwortung

Ins Portfolio dieses weltweit anlegenden Mischfonds nimmt Fondsmanager Ingo Speich nur Unternehmen auf, die verantwortungsvoll wirtschaften. Dabei berücksichtigt er sowohl ethische und soziale als auch ökologische Kriterien. Diese Themen bringt Speich auch auf Aktionärstreffen immer wieder zur Sprache, wenn er zum Beispiel Arbeitsbedingungen in der Zulieferkette oder zu hohe CO2-Emissionen kritisiert. Bei den Aktienanlagen des Fonds dominieren Werte aus den USA, gefolgt von Titeln aus europäischen Ländern. Die Rentenseite des Fonds (derzeit rund 30 Prozent) besteht fast nur aus Papieren der Eurozone oder den übrigen Ländern Europas.

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Bildquellen: Vadim Balantsev / Shutterstock.com, Julian Mezger für Finanzen Verlag

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