Geschlossene Immofonds

Büroimmobilienfonds: Frankenwette vergurkt

14.06.15 03:00 Uhr

Büroimmobilienfonds: Frankenwette vergurkt | finanzen.net

Weil einige Fondsmanager sich verzockt haben, könnte es für Anleger teuer werden. Doch es gibt Hoffnung.

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von Michael H. Schulz, Euro am Sonntag

Wer "Basic Instinct 2" und Woody Allens Krimimelodram "Match Point" gesehen hat, der kennt auch den 184 Meter hohen gurkenförmigen Swiss-Re-Tower im Finanzbezirk von London. Doch "The Gherkin", die Gewürzgurke, wie die Engländer den Glasturm nennen, ist nicht nur ein berühmter Drehort für Kinostreifen, sondern auch ein Symbol für Geldvernichtung. Zumindest sehen das 9.000 Anleger des Geschlossenen IVG-Immobilienfonds Euroselect 14 so.

Stein des Anstoßes ist weniger das Gebäude an sich, sondern eine Klausel im Kleingedruckten der Kreditverträge zum Kauf der Immobilie. 2007 lieh sich der Fonds, der Mieteinnahmen in Pfund erzielt, 165 Millionen Schweizer Franken bei deutschen Banken. Weil die Zinsen niedriger waren als bei einem Darlehen in Pfund oder Euro, konnte der Initiator IVG den Anlegern als Eigenkapitalgebern Ausschüttungen in Höhe von jährlich 5,5 Prozent in Aussicht stellen. Doch der ursprüngliche Zinsvorteil verkehrte sich rasch ins Gegenteil, als die Finanzkrise den Londoner Büroimmobilienmarkt 2009 mit voller Wucht traf: Der Wert der Immobilie sank um 22 Prozent, das Pfund brach gegenüber dem Franken um fast 25 Prozent ein. Die Kosten für den einst günstigen Kredit erhöhten sich enorm.

Banken ziehen Reißleine

Die Banken hatten sich mit Verträgen gegen diesen Fall abgesichert: Sollte die Gesamtkreditbelastung eine zuvor festgelegte Beleihungsgrenze des Immobilienwerts überschreiten, konnten die Geldhäuser Sondertilgungen fordern oder schlimmstenfalls die Kredite kündigen und die Immobilie verkaufen. So kam es dann auch: Ende 2014 kaufte der brasilianische Bankenmogul Joseph Safra die Gurke für umgerechnet 925 Millionen Euro. Das Geld aus dem Verkauf kassierten die Banken, bei denen der Fonds mit den noch ausstehenden Raten in der Kreide stand.

Die Gurke ist kein Einzelfall. Für Tausende von Anlegern Geschlossener Immobilienfonds erweisen sich die ursprünglich günstigen Schulden in Schweizer Franken inzwischen als Fluch. Laut einer Analyse von Scope Ratings müssen rund 60 der in den Jahren 2004 bis 2006 vertriebenen Immobilienfonds dieses oder nächstes Jahr eine Anschlussfinanzierung für ihre Frankendarlehen abschließen. Doch viele Fonds haben eine schlechte Ausgangssituation für die Gespräche mit ihren Kreditgebern. Denn der Franken ist noch immer hoch bewertet. Scope Ratings erwartet daher nach Abzug der bereits geleisteten Tilgungen ein ausstehendes Kreditvolumen von mehr als einer Milliarde Schweizer Franken.

Fonds gegen die Wand gefahren

Einen Vorgeschmack auf diesen möglichen Flächenbrand nicht verlängerter Kredite lieferte kürzlich der Immobilienfonds Technologiepark Köln des Anbieters LHI. Als die Schweizer Notenbank im Januar den Kurs des Franken freigab, wurde die Beleihungswertgrenze der Immobilie überschritten. Banken verlängerten die Kredite ohne zusätzliches Kapital der Anleger nicht. Doch nachdem der Verkauf einer einzelnen Immobilie gescheitert war, zahlten die Anleger nicht. Mitte Mai folgte der Insolvenzantrag. "Uns blieb keine Wahl. Jede Aufwertung des Franken um einen Eurocent belastete den Fonds mit 960.000 Euro" erklärte LHI-Geschäftsführer Oliver Porr. "LHI fährt Fonds gegen die Wand", meinte dagegen der Branchendienst Kapitalmarkt Intern.

Dass eine Aufwertung des Franken für die Beteiligungen fatale Folgen hätte, war den Verantwortlichen vieler Fonds bekannt. Warum man die tickende Zeitbombe nicht früher entschärfte, bleibt ein Rätsel. "Das Risikomanagement bei manchen Beteiligungen war nicht immer vorbildlich", bestätigt Frank Netscher von Scope Ratings.Und das scheint noch milde formuliert.

Doch es gibt auch positive Beispiele: "Bis Anfang 2015 wurden sämtliche Fremdwährungsrisiken für alle Wealth-Cap-Fondsgesellschaften eliminiert", heißt es bei dem Ableger der Unicredit Bank. Und Thomas Kuhlmann, Mitglied des Vorstands der Hahn-Gruppe, die meist Einzelhandelsimmobilien finanziert, erklärt: "Ursprünglich haben wir 23 Fonds teilweise mit Frankendarlehen finanziert. Ein Großteil davon ist nach Aufkommen der extremen Euroschwäche umgeschuldet worden. Bei den verbliebenen vier Fonds sind wir um eine Absicherung bemüht." Bei solchen Manövern erleiden die Anleger zwar Währungsverluste und müssen auf Ausschüttungen verzichten, doch dafür droht den Fonds kein Ärger mit den Banken.

Noch entscheidender ist jedoch ein sicherer Mieter, der den Mietvertrag vorzeitig verlängert. Das bringt den Fonds langfristig stabile Einnahmen. Deshalb steht etwa der Immobilienfonds 159 Eschborn Plaza der Commerzbank­-Tochter CFB recht gut da. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat ihren Mietvertrag vorzeitig bis 2030 verlängert. Die jährlich steigenden Miet­einnahmen dürften ein gutes Argument sein, Ende 2015 eine günstige Anschlussfinanzierung zu bekommen.

Dass die Umschuldung in Euro und die damit realisierten Währungsverluste nicht immer der Königsweg sind, zeigt ein anderer Fall. Läuft der Mietvertrag länger als das inzwischen verlängerte Fremdwährungsdarlehen, können die Raten trotz höherer Aufwendungen bestritten werden. Ein Beispiel dafür ist der Fonds 135 Justizzentrum Jena von Hannover Leasing. Zwar müssen Anleger im Gegenzug geringere Ausschüttungen in Kauf nehmen, aber auch nicht zittern. "Sofern der Euro gegenüber dem Franken nicht deutlich unter den Kurs von ­einem Schweizer Franken fällt, erwarten wir keine größeren Probleme", sagt Geschäftsführer Michael Ruhl.

Was Anleger tun können

Bei Beteiligungen, die nun Probleme haben, können sich Anleger dennoch schadlos halten - vorausgesetzt, die zehnjährige Verjährungsfrist läuft noch. Neben den Urteilen zu verschwiegenen Provisionsrückvergütungen ist für Immobilienfondsanleger ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Frankfurt gegen die Commerzbank (Az. 2-21 O 339/13) wichtig. Die Bank hatte einem Ehepaar die Beteiligung am "Gurkenfonds" als "sichere" Anlage verkauft und dabei versäumt, die Risiken der unternehmerischen Beteiligung hervorzuheben. Wegen dieser nicht anlegergerechten Beratung muss sie nun rund 55.000 Euro Schadenersatz zahlen. In diesem Fall hat es dann nicht das Fondsmanagement, sondern die Bank vergurkt.
Geschlossene Büroimmobilienfonds mit Frankendarlehen (pdf)

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