Beluga Chartering: Untergang des Frachterkönigs
Das Lebenswerk von Niels Stolberg, die Bremer Reederei Beluga, steuert in die Pleite. In welchem Umfang das Anleger von Geschlossenen Schiffsfonds betrifft.
von Michael H. Schulz, €uro am Sonntag
Er passte nicht in den Kreis der ehrwürdigen Bremer Schaffermahlzeit – das fünfstündige Brudermahl von befrackten Kaufleuten, Reedern und Kapitänen in adretten Uniformen. Dennoch gehörte der saloppe Selfmademan und Gründer der Beluga-Reederei Niels Stolberg zu diesem Gentlemen-Club. „Schaffer“ kommt von „das Fest ausrichten“. Der Quereinsteiger war dick im Geschäft mit Schwergutfrachtern und lang in Sektlaune.
Das ist nun vorbei. Stolberg ist entmachtet, das Kerngeschäft von Beluga pleite. Am Mittwoch (16. März) stellte der Finanzinvestor Oaktree als Mehrheitseigner den Insolvenzantrag für die angeschlagene Tochter Beluga Chartering. <
Der Marktführer für Schwergutfracht hatte einen Teil seiner Flotte und damit Einnahmen verloren. Am 13. März kündigte HCI, ein börsennotierter Initiator für Geschlossene Fonds, alle Verträge mit Beluga Chartering fristlos. Betroffen sind 17 Geschlossene Schiffsfonds und 20 vercharterte oder von Beluga bereederte Schiffe. Für viele Anleger kein Grund, beunruhigt zu sein: Neuer Charterer ist die Hammonia Reederei. Die Bereederung übernimmt die Döhle-Gruppe. Auch die Oltmann-Gruppe brachte Anleger anderweitig in Sicherheit.
Doch nicht alle Anleger kommen mit dem Schrecken davon. Wer bei Bluewater Capital gezeichnet hat, muss bangen. Das Emissionshaus gehört zu 75 Prozent Stolberg und war geschäftlich eng mit Beluga Chartering verbunden. Oaktree hat eine Sperrung des Privatvermögens von Stolberg erwirkt.
Der auf Problemkredite spezialisierte Hedgefonds Oaktree enterte in den vergangenen Monaten Schritt für Schritt die Reederei. Inzwischen hält Oaktree 49,5 Prozent. Damit gehört Oaktree zwar nicht die Beluga-Gruppe, dennoch hält der Finanzinvestor das Ruder fest in der Hand – vor allem, seitdem man in der Bilanz etliche Leichen im Keller fand.
„Die Schiffe waren zu teuer“, erklärt Wirtschaftsdetektiv Medard Fuchsgruber. Weil Stolberg und einige Verantwortliche offenbar Umsätze im dreistelligen Bereich zu hoch auswiesen, zeigte Oaktree ihn und führende Manager wegen Betrugs an. „Einen Anschlusscharterer zu finden, ist nicht das Problem, aber bei Oaktree wird es knallen“, glaubt Fuchsgruber. Während Schiffsfondsanleger niedrigere Raten akzeptieren müssen, geht es für Oaktree um mehr. „Mit dem Insolvenzantrag hat Oaktree die Gelegenheit, sich den Laden günstig ganz einzuverleiben“, meint ein Insider. Das Windkraftunternehmen Beluga Hochtief Offshore ist wachstumsträchtig und vermutlich ein Ziel des Hedgefonds. Zu den Beluga-Geldgebern gehören indirekt auch Privatanleger des Geschlossenen Private-Equity-Fonds 9 von Nordcapital. Über den Dachfonds investieren sie auch in den Oaktree Capital Management European Principal Opportunity Fund II.
Parallelen zu Filmfonds werden immer offensichtlicher: Im Dezember 2006 gab der verschuldete Finanzinvestor Cedar Lane Entertainment Fund der Entertainment Value Associates Finance (EVA Finance) ein Darlehen zum Erwerb von 74,9 Prozent der Anteile an Apollo Media einschließlich der Geschlossenen Apollo-Filmfonds. Das Engagement von Cedar Lane floppte.
Der EVA-Manager Kai-Roger Grüneke hatte den Deal zu teuer finanziert und sich mit einem zugekauften Filmvertrieb verhoben. Im Oktober 2009 stieg deshalb der Restrukturierer CB Equity Partners bei EVA Finance ein, um im Auftrag von Cedar Lane aufzuräumen. Geschäftsführer Geza Martin Toth-Feher sah zudem die Chance, günstig an Filmrechte heranzukommen.
Doch er unterschätzte das Risiko bei der Auswertung der Filmrechte. Auch sein striktes Sparprogramm verpuffte angesichts der Sperrminorität der Apollo-Geschäftsführer Jörg Westerkamp und Thomas Becker.
Anlegern drohten Nachschusszahlungen. Die sind nun vom Tisch, denn die Apollo-Filmfonds gehören seit dem 11. März 2011 wieder ganz Apollo Media. „Im Rahmen der Restrukturierung der Verbindlichkeiten der EVA Finance haben wir im Einvernehmen mit den Darlehensgebern der Gesellschaft unsere Beteiligung an der EVA Apollo Media an den Mitgesellschafter veräußert“, erklärt Toth-Feher. Jetzt will Apollo Media Kosten sparen.
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