Europa-Aktien sind attraktiv

"Meine Sorge ist, dass Anleger zu spät kommen"

06.04.15 03:00 Uhr

"Meine Sorge ist, dass Anleger zu spät kommen" | finanzen.net

Vorstandschefin von Allianz Global Investors, Elizabeth Corley, spricht über die Kunst, gute Krimis zu schreiben und das Geld richtig anzulegen.

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von P. Gewalt und M. Reim, €uro am Sonntag

Es ist eine stolze Summe, die Elizabeth Corley als Chefin von Allianz Global Investors (AllianzGI) verwaltet. Über 412 Milliarden Euro haben ­Anleger der Britin insgesamt anvertraut. Eine der außergewöhnlichsten Persönlichkeiten der Branche ist sie ohnehin. Schließlich hat sich Corley nicht nur als eine der einflussreichsten Frauen der Finanzwelt, sondern auch als Krimiautorin etabliert. Von der Doppelbelastung ist aber wenig zu spüren. Corley gibt sich im Gespräch mit €uro am Sonntag in der Münchner Dependance von Allianz­GI durchaus entspannt.

€uro am Sonntag: Frau Corley, angenommen, wir wären Personen in einem Ihrer Krimis. Wie würden Sie uns ermorden?
Elizabeth Corley: (lacht) Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen. Ich lasse prinzipiell keine Leute sterben, die ich kenne - selbst wenn es sich um eine kurze Begegnung wie jetzt handelt.

Aber mal ehrlich: Denken Sie in langweiligen Sitzungen nicht mal daran, wie jemand sterben könnte?
Niemals. Wenn ich in einem Meeting bin, bin ich in einem Meeting, und wenn ich einen Roman schreibe, schreibe ich einen Roman. Und das tue ich ausschließlich am Wochenende und im Urlaub, wobei ich im Moment vor lauter Arbeit nicht einmal dazu komme.

Nicht einmal klitzekleine Rache­fantasien, wenn ein Kollege Sie schlecht behandelt?
Nein. Da gibt es keine Verbindung, das spielt sich in zwei verschiedenen Hälften meines Gehirns ab. Diese gedankliche Trennung ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich in meinen Krimis nicht über Finanzmärkte schreibe.

Für uns ist immer noch schwer vorstellbar, dass berufliche Erfahrungen nicht auf irgendeine Weise in Ihre Bücher einfließen.
In einem Fall haben Sie tatsächlich recht. Zu Beginn meines Arbeits­lebens sollte ich mir im Auftrag einer Versicherung eine Firma anschauen, an der sich die Gesellschaft beteiligen wollte. Das Unternehmen war weithin bekannt, weil es eine Reihe lokaler Stars aus Fußball und Musik unter Vertrag hatte. Als ich meinen Besuch ankündigte, schickte man mir einen Bentley ...

... also einen absoluten Luxus­wagen ...
... mit Lederausstattung, um mich abzuholen. Dann begrüßte mich der Chef persönlich und sprach eine halbe Stunde darüber, welche mildtätigen Projekte die Firma verantwortet. Als ich die Bilanzzahlen sehen wollte, wurde ich an den 27-jährigen Finanzchef verwiesen.

Ein junges Genie?
Er war alles andere als das, wie sich im Gespräch zeigte. Und auch der Leiter der Rechtsabteilung war gerade mal 30. Beide waren schon vor ihrer Anstellung mit der Firma verbunden. All dies deutete darauf hin, dass das Unternehmen etwas anderes macht, als es vorgibt. Leider hatte ich dafür keinen einzigen Beweis.

Was haben Sie in dieser Zwickmühle getan?
Ich habe mich mit meinen Bedenken meinen Kollegen anvertraut. Zum Glück wurde die Investition aus anderen Gründen verschoben. Sechs Monate später landete der Chef wegen Korruption im Gefängnis. Ich habe die Geschehnisse in meinem zweiten Roman "Nachruf auf eine Rose" verarbeitet.

Ein spannendes und zudem sehr reales Problem sind die Folgen der Finanzkrise. Wie lange werden wir denn damit noch zu kämpfen haben?
Der größte Fehler wäre zu glauben, dass es so einfach eine Rückkehr zur Vorkrisenzeit geben könnte. Wer das als Unternehmer oder Anleger annimmt, der hat schon verloren.

Weshalb gibt es kein Zurück zur alten Normalität?
Das Problem ist, dass die Notenbanken weltweit sehr stark am Markt ­intervenieren mussten, die Folgen davon werden nicht einfach so verschwinden. Zudem haben sich die Volkswirtschaften seither auseinanderentwickelt. Das Tempo der wirtschaftlichen Erholung ist sehr unterschiedlich, und die Kooperation zwischen den Staaten nimmt ab.

Eine Zinserhöhung in den USA in diesem Jahr ist wahrscheinlich. Ist das für Sie denn kein Zeichen für die Rückkehr zur Normalität?
Selbst wenn es in den USA jetzt bald einen kleinen Schritt zu höheren Zinsen gibt, eine Rückkehr zu einer normalen Geldpolitik wird es angesichts der Schuldenberge weltweit so schnell nicht geben. Europa hat mit der Wirtschaftskrise zu kämpfen, Japan wird seine ultralockere Geldpolitik beibehalten, solange die Inflation nicht steigt.

Viele haben dank der Eingriffe der Notenbanken seit 2008 aber auch sehr gut verdient.
Ja, aber nur diejenigen, die Risiken eingehen. Aber genau das machen die meisten Menschen nach einer Krise eben nicht, sie wollen ihr Geld zusammenhalten. So verliert man aber selbst bei niedriger Inflation ­sicher Kapital. Daher empfehlen wir auch immer wieder, dass man dividendenstarke Aktien sucht, dass man sein Portfolio diversifiziert und dass man global anlegt.

Auch jetzt noch, nachdem die Aktienmärkte haussiert sind. Was kann man noch an Rendite erwarten?
Wir planen sehr konservativ. Mit Aktien sind unserer Meinung nach rund vier Prozent Gewinn inklusive Dividenden im Jahr möglich. Klingt wenig, ist aber im aktuellen Niedrigzinsumfeld dann doch sehr attraktiv. Meine Sorge ist, dass Anleger zu spät kommen, die Rally verpassen und dann alles auf einmal setzen.

Was ist Ihr Tipp?
Besser ist es, immer eine bestimmte Geldmenge etwa über einen Sparplan zu investieren. Damit umgeht man die Versuchung, zu warten oder alles auf einen Schlag zu investieren. Das richtige Timing ist bekanntermaßen sehr schwierig.

Welche Region bei Aktien favorisieren Sie. USA oder Europa?
Europa-Aktien wegen ihrer Bewertungen und ihrer Dividendenrendite stehen schon seit drei bis vier Jahren auf unserer Kaufliste, und wir halten sie weiterhin für interessant. US-Aktien dagegen sind unserer Meinung nach schon hoch bewertet.

Hat sich im Anleihesektor eine Blase entwickelt, die platzen könnte?
Die Anleihemärkte sind zwar überbewertet, eine Blasenbildung kann ich aber nicht feststellen. Denn die Regierungen kontrollieren mithilfe der Notenbanken die Anleihemärkte. Was soll da passieren? Es ist schwer, sich ein Szenario vorzustellen, unter dem es aktuell zu einem Anleihecrash kommt.

Wo sehen Sie denn eine Blase?
Eine Blase bedeutet für mich, dass Finanzanlagen in hohem Maße über Kredite gehebelt werden, dass man beim Platzen der Blase nicht mehr aus einer Vermögensklasse herauskommt und sie das System destabilisieren kann. Abgesehen von den durch Notenbankgeld verzerrten Anleihemärkten der Eurozone sehe ich aktuell bei Vermögenswerten keine große, sondern lauter kleine Miniblasen, zum Beispiel bei Wohnimmobilien in China oder Zentral-London.

Gibt es eine dieser Miniblasen auch auf dem deutschen Immobilienmarkt?
Mein größter Fehler war, bei meinem Start bei Allianz Global Investors in München keine Wohnung zu kaufen, sondern eine zu mieten. Im Ernst: Ich würde eine Gefahr sehen, wenn die Nachfrage nach deutschen Wohnimmobilien wegbrechen könnte. Das glaube ich aber nicht. Vielleicht haben einige Käufer zu viel Schulden aufgenommen. Das ist ein persönliches, aber kein systemgefährdendes Problem.

AllianzGI konnte in den vergangenen Jahren starke Mittelzuflüsse vermelden. Woran lag das?
Da gibt es viele Erfolgsfaktoren. Unter anderem war es der richtige Angebotsmix und die Qualität des Teams. Weiterer Pluspunkt: Wir hatten schon lange viele gute Produkte, die allerdings bei den vielen unabhängigen AllianzGI-Boutiquen versteckt waren und nicht weltweit vermarktet wurden. Das haben wir geändert. So wird ein Europäischer Dividendenfonds nun sehr erfolgreich in vielen Ländern angeboten, auch außerhalb Europas. Wir mussten Grenzen niederreißen und uns global neu aufstellen.

War die Reorganisation des Unternehmens Ihr schwierigstes Projekt, nachdem Sie 2012 den Job als CEO bei Allianz Global Investors angetreten haben?
Nein, denn der Wille zur Veränderung war bei allen Mitarbeitern deutlich zu spüren. Es war klar, dass wir als weltweit stark fragmentiertes Unternehmen nicht gewinnen können. Wir hatten 35 Einheiten über den Globus verstreut, jede war mit einem eigenem IT-System und eigenen Vertriebseinheiten ausgestattet. Dies zu harmonisieren ist allerdings eine sehr schwierige und langwierige Aufgabe.

Kurzvita

Elizabeth Corley leitet den Investmentmanager Allianz Global Investors, ein Tochterunternehmen des Versicherungskonzerns Allianz. Die 58-Jährige hat sechs Krimis veröffentlicht. Vier davon sind in Deutschland im Fischer Verlag erschienen und haben allein hierzulande eine Auflage von mehreren Hunderttausend Stück. Die gebürtige Britin lebt in London, München und Südfrankreich, ist verheiratet und hat eine erwachsene Stieftochter.

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Bildquellen: Lisa S. / Shutterstock.com, Sergey Nivens / Shutterstock.com

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