So legen die Staatsfonds ihr Geld an
09.07.16 03:00 Uhr
Staatsfonds sind oft viele Milliarden schwer und haben als Anleger großen Einfluss auf die Märkte. Staatsfonds-Experte Millar stellt die aktuellen Investment-Trends dieser Großinvestoren vor.
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von Alexander Millar, Gastautor von Euro am Sonntag
Die Ergebnisse der vierten "Global Sovereign Asset Management Study" von Invesco sind eindeutig: Globale Staatsinvestoren blicken trotz der andauernden Marktvolatilität und des anhaltend niedrigen Ölpreises zuversichtlich in die Zukunft und verfolgen mit ihrer strategischen Vermögensaufteilung langfristige Anlageziele.
Befragt wurden 77 individuelle Staatsinvestoren und Reserve-Manager, die zusammen 66 Prozent des weltweiten Staatsvermögens und 25 Prozent der Devisenreserven repräsentieren - ein Vermögen von insgesamt 8,96 Billionen US-Dollar. Das Fazit der Studie: Staatsinvestoren bevorzugen die USA gegenüber anderen Regionen und zeigen ein wachsendes Interesse an Immobilienanlagen, was zu einer höheren Gewichtung alternativer Anlagen führt.
Ungebrochener Optimismus
bei den staatlichen Anlegern
Das ist einigermaßen erstaunlich, denn: Auch Staatsinvestoren haben das schwierige gesamtwirtschaftliche Umfeld zu spüren bekommen, das durch den anhaltend niedrigen Ölpreis verursacht wurde. Aber trotz ihrer im Schnitt rückläufigen jährlichen Portfoliorenditen sind sie mit ihren Anlageplattformen weiterhin besser aufgestellt als andere Investoren. Tatsächlich verzeichnen sogenannte Liability- und Development-Fonds weiterhin Nettomittelzuflüsse. Im Schnitt betrugen die neuen Mittel sieben Prozent des Anlagevermögens, während die Haushaltsprobleme der Staaten die Staatsinvestoren im Schnitt zu einem Abzug oder einer Auflösung von lediglich drei Prozent ihres Anlagevermögens veranlasst haben.
Um mit den Herausforderungen besser umgehen zu können, haben die Investoren ihre Anlagehorizonte verlängert - allein in den letzten vier Jahren im Schnitt von 6,4 auf 7,6 Jahre. Gleichzeitig zeigten Staatsinvestoren ein anhaltend hohes Interesse an den Diversifikationsvorteilen und Illiquiditätsprämien von alternativen Anlagen.
Ungebrochen ist der Optimismus der Staatsinvestoren. Auf einer Skala von eins bis zehn nahm er von 7,5 im Jahr 2014 auf 7,8 im Jahr 2016 zu. Der Index bewertet den Ausblick der Staatsinvestoren anhand ihrer Performance und ihrer Anlageplattform und zeigt, dass Liability- und Development-Staatsinvestoren in beiden Kategorien konsequent höhere Werte erzielen.
Statt Großbritannien ist nun
der US-Markt das bevorzugte Ziel
Die niedrigeren Renditen haben Investment- und Liquiditätsinvestoren belastet und zu einer Verschlechterung ihres Performance-Ausblicks von 8,4 im Jahr 2014 auf 7,7 in diesem Jahr geführt. Das Vertrauen in die eigene Anlageplattform ist im gleichen Zeitraum jedoch von 7,4 auf 7,8 gestiegen.
Nachdem Staatsinvestoren früher unter den Industrieländern den britischen Markt bevorzugt hatten, standen 2016 die USA in ihrer Gunst ganz oben. Verglichen mit 2014, als Staatsinvestoren die Attraktivität des US-amerikanischen Marktes nur mit 6,5 von zehn Punkten bewerteten, hat sich das Rating zuletzt deutlich auf 8,2 verbessert. Im Vergleich dazu wurde der britische Markt 2016 mit 7,5 etwas schlechter bewertet.
Die Teilnehmer der Studie sind der Ansicht, dass die USA offen für Anlagen von Staatsinvestoren sind, nachdem das Land deren Investitionen im US-amerikanischen Finanzsektor während der globalen Finanzkrise positiv wahrgenommen hat. Viele meinen auch, dass Investitionen in den USA - vor allem aufgrund der anlagefreundlicheren Politik - inzwischen einfacher und attraktiver sind.
Parallel zu den verstärkten Investitionen in den USA legen Staatsfonds vermehrt in Frontier-Märkten an. So sind die Allokationen in aufstrebende asiatische Staaten von 2014 bis 2015 von 1,6 Prozent auf 2,3 Prozent gestiegen. Als wichtigste Gründe für diese Verlagerung werden die Produktionskapazitäten, die politische Stabilität und die Qualität der Infrastruktur genannt. Getätigt werden diese Anlagen über verschiedene Vehikel wie konventionelle Aktien- und Anleiheinvestments sowie über Direktanlagen in alternative Anlageklassen wie etwa Immobilien.
Die BRIC-Märkte Brasilien, Russland und China sind aufgrund ihrer zuletzt schwächeren Performance allerdings nicht mehr attraktiv, einzige Ausnahme: Indien. Im Vergleich zu den letzten Jahren sind Staatsinvestoren inzwischen weniger bereit, über kritische politische und regulatorische Aspekte in diesen Ländern hinwegzusehen. Vielmehr machen sie sich bei den großen Exportmärkten Brasilien und Russland wegen der fallenden Rohstoffpreise und der Verluste der Aktienmärkte Sorgen, im Fall Chinas dagegen wegen der schrumpfenden Erwerbstätigenbasis. Denn diese lässt die Produktionskosten steigen und die Margen in der Privatwirtschaft sinken.
Immobilien wieder wichtiger
als Infrastrukturprojekte
Nachdem sich Staatsinvestoren in den beiden Vorjahren auf den Ausbau ihrer Allokationen in Infrastruktur und Private Equity konzentriert hatten, war 2016 hier eine Veränderung zu beobachten: Laut der jüngsten Umfrage planen erstmals weniger Staatsinvestoren, ihre Allokationen in diesen Anlageklassen noch weiter zu erhöhen. Auch sind die Allokationen in Infrastruktur und Private Equity trotz der höheren Gewichtung beider Anlageklassen im Portfolio in den letzten drei Jahren insgesamt niedrig geblieben. Die Anteile lagen im Falle von Infrastrukturinvestitionen durchschnittlich bei nur 2,8 Prozent des gesamten Portfoliovermögens, im Falle von Private Equity bei 4,5 Prozent.
Gestiegen sind dagegen die Allokationen in Immobilienanlagen - und zwar innerhalb von drei Jahren von 3,0 Prozent im Jahr 2012 auf zuletzt 6,5 Prozent. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 29 Prozent - und liegt damit höher als bei den Allokationen in Private Equity und Infrastruktur zusammengenommen. Um ihre Vorgaben im Hinblick auf die Diversifikation und den absoluten Ertrag zu erreichen, beabsichtigen Staatsinvestoren laut der Befragung ihre globalen und lokalen Allokationen in Immobilien stärker auszubauen als in jede andere Anlageklasse.
Als Begründung nennen die befragten Staatsinvestoren vor allem die Tatsache, dass für sie die Ausführungsrisiken bei Immobilienanlagen geringer sind als bei Private-Equity- und Infrastrukturanlagen, bei denen es immer wieder Schwierigkeiten bei der Veranlagung gegeben hat. Außerdem verweisen die Investoren auf eine größere Zahl glaubwürdiger globaler Asset-Manager sowie auf eine lange Liste von Projektentwicklern und Immobilienbetreibern, mit denen sie bei ihren Immobilienanlagen zum Wohl ihrer Auftraggeber zusammenarbeiten können und so langfristig Renditen erwirtschaften.
Kurzvita
Alexander Millar,
Staatsfonds-Experte bei Invesco
Millar leitet die Betreuung von Staatsfonds und institutionellen Anlegern für die Region Europa, Mittlerer Osten und Afrika bei Invesco.Der Brite arbeitet seit
17 Jahren für das Unternehmen, unter anderem acht Jahre in Dubai.
Invesco ist mit mehr als 791 Milliarden US-Dollar verwaltetem Vermögen eine der führenden unabhängigen Investmentgesellschaften.
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Bildquellen: Tsyhun / Shutterstock.com, Invesco Asset Management Deutschland GmbH