Fondsmanager Bennett: "Ich will mich mit den Besten messen"
John Bennett, der Fondsmanager des Jahres 2014, spricht über seine berufliche Leidenschaft, die Chance für einen Fortgang der Aktienmarktrally und sein Faible für bestimmte deutsche Unternehmen.
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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag
Gegen den Strom zu schwimmen ist hart, kann sich aber langfristig auszahlen. John Bennett ist ein gutes Beispiel dafür. Als sogenannter Contrarian, als Investor, der sich gegen die herrschende Stimmungslage an den Finanzmärkten stemmt, ordnet sich der Fondsmanager selbst ein. "Ich werde nervös, wenn alle Anleger glücklich sind", charakterisiert er seine Einstellung. "Und ich bin glücklich, wenn alle sorgenvoll sind." Die Ergebnisse geben ihm recht. So legte der von ihm gemanagte Henderson Continental European Fund (ISIN: LU 020 107 189 0) mit der €uro-FondsNote 1 allein in den vergangenen zwölf Monaten 13 Prozent zu, über fünf Jahre kommt das Portfolio auf ein Plus von 82 Prozent. Aufgrund dieses lang anhaltenden Erfolgs zeichnete €uro am Sonntag den Schotten Anfang 2014 als "Fondsmanager des Jahres" aus. Aber auch in Großbritannien heimste der 51-Jährige zuletzt zahlreiche Preise ein.
€uro am Sonntag: Herr Bennett, hat sich für Sie durch Ihre Erfolge etwas verändert?
John Bennett: Nein, eigentlich nicht. Ich habe zwar das Angebot erhalten, bestimmte Managementaufgaben bei Henderson Global Investors zu übernehmen, aber ich habe dankend abgelehnt. Ich bin schließlich glücklich in meinem Job als Fondsmanager.
Weshalb?
Weil es das Einzige ist, was ich kann (lacht). Nein, im Ernst. Ich liebe immer noch die intellektuelle Herausforderung, mich mit den Besten meines Fachs zu messen und am Ende des Tages zu sehen, wer am besten abgeschnitten hat.
Dazu müssen Sie die Lage richtig einschätzen. Wie sehen Sie denn die Situation in Europa?
Ich glaube nicht, dass wir ein Jahrzehnt mit hohen Wachstumsraten erleben werden. Dafür bräuchten wir clevere Politiker mit dem Wunsch nach einem politischen Wandel. Doch wir haben zu viele hoffnungslose Politiker, die sich dem Wandel verweigern, wie etwa in Frankreich.
Das hat jetzt aber einen sehr negativen Beiklang.
Ich habe ja nur betont, dass wir keine großen Wachstumssprünge erwarten dürfen. Aber was wir sehen werden, ist eine Aufholjagd
für bestimmte Länder, insbesondere für bestimmte Sektoren und Aktien. Denn der Abschlag gegenüber den US-Werten ist derzeit einfach viel
zu groß. Und diese Lücke wird sich langfristig schließen, indem europäische Titel aufholen werden.
Ist der europäische Aktienmarkt denn noch günstig?
Nein, nur im Vergleich zu den noch teureren Aktien an der Wall Street. Ich sehe keine wirklich günstigen Investments mehr. Die Zentralbanken haben mit ihrer Politik des billigen Geldes überall die Preise gehoben. Es gibt ein Rennen um noch so winzige Preis- und Renditeunterschiede, das Geld muss ja irgendwo angelegt werden.
Erwarten Sie eine langfristige Fortsetzung der Aktienmarktrally?
Nein, ich glaube die Rally befindet sich im Endstadium eines ausgedehnten Bullenmarkts. Ich kann Ihnen nicht sagen, wann der Bullenmarkt vorbei ist. Klar ist aber: Je länger es so ununterbrochen nach oben geht, umso heftiger wird es dann nach unten gehen. Die aktuelle Korrektur am Markt, die aus unserer Sicht notwendig ist, fiel dagegen bisher moderat aus.
Was macht Sie so sicher, dass der Bullenmarkt zu Ende geht?
Es gibt drei Indikatoren, die darauf hindeuten: Erstens erzielen Large Caps nun schon seit Monaten eine bessere Kursentwicklung als kleine und mittelgroße Unternehmen. Zweitens steigt das Geschäft mit Übernahmen und Fusionen stark an. Und das auch noch länderübergreifend. Und drittens gibt es wieder Börsengänge von abstrusen Unternehmen, die eigentlich nichts an der Börse zu suchen haben. Dies gilt speziell für Großbritannien und die Vereinigten Staaten.
Sollten Anleger denn dann noch in Aktien investiert sein?
Gute Frage. Wenn ich eine Alternative hätte, würde ich andere Investments aussuchen. Aber derzeit gibt es keine Alternativen am Markt, die besser sind.
Sie könnten in Cash gehen?
Nein, denn wir sind immer investiert, das erwarten meine Anleger. Aber ich bin für einen Crash vorbereitet. So haben wir das Portfolio stärker nach den Titeln ausgerichtet, die bisher noch nicht so stark gestiegen sind. Seit 2014 setzen wir auf die Ölwerte, die zwar kein Wachstum aufweisen, dafür aber sparen und hohe Dividenden ausschütten. Wir haben aber auch Versorgeraktien gekauft, die zuvor acht Jahre nicht im Portfolio waren.
Sind Versorger nicht riskant?
Ja, bei den Versorgertiteln bin ich tatsächlich etwas aufgeregt, da diese seit längerer Zeit mit vielen verschiedenen Problemen zu kämpfen haben. Dazu zählen die überstürzte Energiewende in Deutschland oder die miesen Bilanzen. Doch langsam lassen diese Gegenkräfte nach. Ein weiterer Punkt ist, dass Versorger wirklich total aus der Mode sind. Das gefällt mir, da ich gern in Unternehmen investiere, die von der Mehrzahl der Investoren nicht mal mit der Kneifzange angefasst werden.
Welche Versorger bevorzugen Sie?
Ich mag die deutschen Versorger RWE und Eon, weil sie die größten Probleme haben und bei den Investoren so verhasst sind. Die Stimmung im Markt ist so ähnlich wie bei Pharmatiteln vor knapp fünf Jahren. Die mochte auch keiner.
Steigen Sie als Contrarian-Investor bei Pharmatiteln aus, da diese auch vom Mainstream-Anleger entdeckt wurden?
Nein, auf keinen Fall. Denn Pharmatitel wie Roche oder Novartis sind erst im fünften Jahr eines 15-jährigen Bullenmarkts. Wir werden noch viele gute Jahre sehen.
Was macht Sie so sicher?
Der technologische Fortschritt ermöglicht es den Konzernen, neue Medikamente gegen Volkskrankheiten wie Krebs und Alzheimer auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig sorgen die Schwellenländer und die demografische Entwicklung für eine steigende Nachfrage. Inzwischen sind die Bewertungen zwar gestiegen. Aber noch ist das Pendel nicht so weit in die andere Richtung ausgeschlagen, dass wir uns von den Titeln trennen müssen.
Sie haben viele deutsche Werte
im Portfolio. Hat das länderspezifische Gründe?
Nein, ich wähle Titel nur aus einzelspezifischen Gründen aus. So macht die Führung bei Henkel derzeit einen hervorragenden Job, um die Gewinnmargen zu heben. Infineon und Continental profitieren vom Boom in der Autoindustrie, Bayer gehört zur Liste der gut aufgestellten Pharmawerte.
Welcher Sektor gefällt Ihnen gar nicht?
Die Biotechbranche etwa, da passt mir das Chance-Risiko-Profil nicht. Und Bankaktien. Die hatten wir zwar 18 Monate im Portfolio, aber haben sie in den vergangenen Monaten verkauft. Die Société Générale ist raus, die Commerzbank ist raus, die Unicredit ist raus und die Deutsche Bank ist raus - vor allem wegen ihrer schlechten Bilanzen.
Sie legen doch eher langfristig an?
Das stimmt. Aber ich bin immer der Meinung, dass man Banktitel in diesem Umfeld nicht lange besitzen, sondern nur kurzfristig mieten sollte, um in Aufschwungphasen Rendite zu erzielen. Und das hat gut geklappt.
Was dürfen Anleger denn in diesem Umfeld von Ihrem Fonds an Rendite erwarten?
Ich glaube nicht, dass wir mit meinem Fonds wie zuletzt wieder 15 Prozent Rendite im Jahr schaffen werden. Ein einstelliges Ergebnis auf Zwölfmonatssicht ist in den kommenden Jahren viel realistischer, da ich die Entwicklung am Aktienmarkt als problematisch ansehe.
Sie hatten 2013 im Interview gesagt, dass Sie Ihre Anleger auffordern werden, Fondsanteile zu verkaufen, sollten die Unternehmen zu teuer werden - sprich ein KGV über 18 haben. Stehen Sie immer noch zu dieser Aussage?
Ja, sollte dies eintreffen, wäre es wirklich an der Zeit zu verkaufen. Noch ist es allerdings nicht so weit. In meinem Fonds haben die Unternehmen aktuell ein durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 15. Das ist zwar nicht teuer, aber eben auch nicht mehr günstig.
Ihr Fonds gehörte in den vergangenen Jahren zu den Top-Produkten auf dem Markt. Glauben Sie, dass Sie die Leistung so halten?
Das ist schwierig. Ein Kunde in Deutschland hat tatsächlich Fondsanteile mit dem Argument zurückgegeben, dass es jetzt mit meinem Fonds eigentlich nur noch bergab gehen kann. Und in gewisser Weise muss ich ihm recht geben. Auch ich bin ein Anhänger von Zyklen, also vom Auf und Ab in allen Bereichen des Lebens. Dazu zählen eben auch die Erfolge von Fondsmanagern.
Was meinen Sie konkret?
Na ja, angesichts meiner nun schon länger anhaltenden Erfolgssträhne kann es durchaus sein, dass auch ich wieder einmal schwächere Jahre haben werde.
zur Person:
Fondsmanager,
Vater, Fußballfan
Der Schotte John Bennett trat 2011 als Director of European Equities bei Henderson ein. Zuvor war er als Senior Investment Manager im European-Equity-Team von Gartmore beschäftigt. Bennett hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im Management von europäischen Wertpapieren und war 2010 von GAM, wo er 17 Jahre lang tätig war, zu Gartmore gestoßen. Zu den vom Fondsmanager des Jahres 2014 betreuten Portfolios zählen neben dem Henderson Gartmore Continental European Fund auch der Henderson Gartmore Pan European Fund und der Henderson Gartmore European Long Short Fund. Der vierfache Familienvater und leidenschaftliche Glasgow-Rangers-Fan lebt mit seiner Frau in der Nähe von London.
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Bildquellen: Henderson Global Investors Limited
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