Fondsexperte Drescher: "Notenbanken vernichten Vermögen"
aktualisiert 30.11.15 19:43 Uhr
Der Fondsexperte Björn Drescher über Peer Steinbrücks Meinung zu den Notenbanken, den Trend zu Smart Beta und die Zukunft der Mischfonds.
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von Peter Gewalt, Euro am Sonntag
Zum 17. Mal hat die Beratungsfirma Drescher & Cie vor einigen Tagen zum Petersberger Treffen geladen, um über Trends in der Fondsbranche zu informieren. Eingeleitet wurde die Veranstaltung mit "Tacheles - der Investment-Talk", bei dem der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück vor über 200 Gästen Rede und Antwort stand.
€uro am Sonntag: Welche Erkenntnisse haben Sie aus dem Gespräch mit Herrn Steinbrück ziehen können?
Björn Drescher: Steinbrück ließ im Gespräch keinen Zweifel daran, dass die viel zitierte "finanzielle Repression" real ist, erklärte aber ebenso deutlich, dass der Effekt in seinen Augen nicht politisch herbeigeführt oder gesteuert sei.
Sondern?
Die Entwicklung ist für ihn ein Ergebnis verschiedener Notenbankmaßnahmen, die im Zuge kollektiver Niedrigzinspolitik Vermögen vernichten. Steinbrück warnte ausdrücklich vor dieser Politik, ohne die Details näher auszuführen.
Im Mittelpunkt des Petersberger Treffens standen aktive und passive Investments. Wohin geht der Trend?
Der Trend geht tendenziell stärker zu passiven Anlagelösungen. Ob diese Entwicklung begrüßt oder bedauert wird, hängt von der Perspektive des Betrachters ab. Zunehmend stärker rücken dabei Mischformen, also regelbasierte und regelgestützte Anlageformen unter Begriffen wie "Smart Beta" oder "Faktor-Investments" in den Fokus.
Regelbasierte Anlagestrategien gab es doch schon vorher, etwa bei Quantfonds, die auf mathematischen Modellen beruhen.
Richtig, daher meinen Kritiker ja auch, dass hier alter Wein in neuen Schläuchen serviert werde. Das ändert in meinen Augen aber nichts daran, dass von den entsprechenden Produktformen ein zunehmender Druck auf das aktive Fondsmanagement ausgeht, das sich an den Smart-Beta-ETFs sowohl in Sachen Wertentwicklung als auch Preis messen lassen muss.
Kann man mit Smart Beta den breiten Markt übertreffen?
Das ist sicher möglich, aber es gibt keinen wie auch immer gearteten "smarten Automatismus", der dazu geeignet wäre, damit einen bestimmten Markt immer und in jedem Umfeld zu schlagen. Überdies muss ich mir als Anleger infolge der Indexveredelungen auch vor Augen halten, dass sich die Chance-Risiko-Profile verändern können. Das sei all jenen gesagt, die im Spielcasino immer noch Systeme suchen und an die Eier legende Wollmilchsau glauben.
Können Sie Privatanlegern denn Smart-Beta-Produkte ans Herz legen?
Das hängt vom Modell und Universum des jeweiligen Smart-Beta-Produkts ab. So gibt es etwa Mischfondsmodelle auf Smart-Beta-Basis, die für Privatanleger langfristig interessant sein können.
Stichwort Multi-Asset. Wird die Popularität von Mischfonds bei den Anlegern anhalten?
Das wird bis auf Weiteres sicherlich so bleiben. Allerdings erwarten wir eine Nachfrageverschiebung von Multi-Asset-Fonds hin zu Multi-Strategie-Fonds, wo Timing, der Einsatz derivativer Instrumente und die Einzeltitelauswahl wichtiger werden. Die reinrassigen Mischfonds werden damit zu kämpfen haben, dass sich die Assetklasse Renten in den vergangenen Jahren hinsichtlich ihrer Korrelation, Ertragsgenerierung und Stabilität verändert hat.
Kurzvita
Björn Drescher
Der Gründer der Beratungsfirma Drescher & Cie lädt jährlich die Fondsbranche zum Petersberger Treffen. Dieses Jahr stand die Veranstaltung unter dem Motto "Aktiv, passiv oder smart dazwischen"
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