Euro am Sonntag-Einschätzung

Immobilien-Aktienfonds: Risse in der Fassade

31.07.16 16:00 Uhr

Immobilien-Aktienfonds: Risse in der Fassade | finanzen.net

Das Brexit-Votum hat die Produkte hart getroffen, doch die meisten Fonds haben den Rückschlag bereits gut weggesteckt.

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von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Die Skyline von London verzückt mit ihren markanten Hochhäusern so manchen Architekturliebhaber. Doch nun wirbelt das Ergebnis des EU-Referendums den größten Immobilienmarkt Europas gehörig durcheinander. Denn die Bedeutung Großbritanniens und besonders der Finanzmetropole London dürfte durch einen EU-Austritt abnehmen. Einige Unternehmen haben bereits angekündigt, die City zu verlassen. Das verringert künftig den Bedarf für Gebäude.



Die Kurse britischer Immobiliengesellschaften haben auf die Hiobsbotschaft mit schweren Kursverlusten reagiert. Um 25 bis 30 Prozent ging es für sie unmittelbar nach dem EU-Referendum nach unten. Weil Großbritannien in vielen europäischen Immobilienaktienfonds eine wichtige Rolle spielt, bekamen das auch deutsche Anleger zu spüren. Je nach Anteil britischer Gesellschaften im Port­folio fielen bei europaweit diversifizierten Fonds Verluste von bis zu 15 Prozent an.

Vier Wochen nach dem Referendum sieht die Welt für die Anteilseigner aber nicht mehr ganz so düster aus. Nur noch ein Drittel der auf Europa fokussierten Produkte notiert auf Sicht von einem Monat im Minus, die meisten davon nur leicht.


Geholfen haben den Fonds zwei Dinge: Weil die Anleger Alternativen zu britischen Immobilientiteln suchten, profitierten Gesellschaften aus anderen europäischen Ländern. Die Anleger hoffen, dass diese von der ­erwarteten Abschwächung des britischen Immobilienmarkts profitieren werden. Daneben beruhigten sich die Märkte wieder, sodass sich selbst britische Titel ein wenig erholen konnten.

Die Entwicklung der vergangenen Wochen hat zu einer großen Divergenz bei der Bewertung geführt. In Großbritannien weisen Immobiliengesellschaften nun die europaweit höchsten Abschläge gegenüber dem Wert der von ihnen gehaltenen Gebäude auf. "Britische Bluechips werden mit Abschlägen von 20 bis 30 Prozent gegenüber ihrem Nettoinventarwert gehandelt", sagt Nicolas Scherf, Fondsmanager für europäische Immobilienaktien bei Henderson Global Investors. Auf der ­anderen Seite stehen deutsche Wohnimmobilienunternehmen: "Hier sind die Anleger bereit, Prämien von 30 bis 35 Prozent zum Wert der gehaltenen Gebäude zu bezahlen."


Ob britische Immobiliengesellschaften nun ein Schnäppchen sind oder eine gewagte Wette, ist umstritten. Scherf sieht Gelegenheiten bei britischen Unternehmen, die im aktuell schwierigen Marktumfeld in der Lage sind, als Käufer aufzutreten. "Fallende Immobilienpreise bieten Chancen für diese Firmen, da sie in den letzten Jahren ihre Eigenkapitalquoten signifikant erhöht haben." Für generell wenig attraktiv hält Claudia Reich Floyd britische Immobilienaktien. Die Spezialistin für Immobilienwertpapiere bei Timbercreek Asset Management kritisiert die trotz der jüngsten Preiskorrektur niedrigen Nettomietrenditen. Zudem müsse in Großbritannien von einem niedrigeren Wachstum bei den Büromieten ausgegangen werden. Dies beeinträchtige die Bereitschaft potenzieller Käufer, eine niedrigere Anfangsrendite zu akzeptieren.

Investor-Info

Henderson Pan Eur. Property
Briten die Treue halten

Kein anderer Fonds für europäische Immo­bilienaktien legte in den vergangenen fünf Jahren stärker zu als der Henderson Horizon Pan European Property Equities, der 88 Prozent hinzugewann. Er investiert in Märkte mit wachsender Dynamik und legt einen Schwerpunkt auf Regionen mit Aufholpotenzial. Der hohe Anteil britischer Titel kostete zuletzt Rendite. Geeignet für Anleger, die weiterhin in ganz Europa nach chancenreichen Immobilienaktien suchen lassen wollen.

AXA Aedificandi
Auf Eurozone konzentrieren

Der AXA Aedificandi ist der Klassiker unter den europäischen Immobilienaktienfonds. Das 1970 aufgelegte Produkt trägt momentan zwar nur €uro-FondsNote 3, ist aber weiter eine solide Wahl für Anleger, die sich mit ihrem Engagement auf die Eurozone beschränken wollen. Weil Großbritannien infolge dieser Ausrichtung im Portfolio keine Rolle spielt, zählt der AXA Aedificandi zu den besten Fonds für europäische Immobilien­aktien seit Jahresbeginn.

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