Euro am Sonntag-Ausland

Börsen-Boom in Argentinien: Was die Rally antreibt

04.03.17 12:00 Uhr

Börsen-Boom in Argentinien: Was die Rally antreibt | finanzen.net

Die Börse in Buenos Aires boomt - trotz schlechter Konjunkturdaten. Wirtschafts-Reformen und ­Kapitalzuflüsse könnten weiter anheizen.

von Andreas Fink, Euro am Sonntag

Am Ende der Welt gab es mal ein Land, das sich hinter hohen Handelsmauern verschanzte. Das seine Schulden nicht beglich und seine Gläubiger zum Narren hielt. Ein Staat, in dem der Dollar zu zehn verschiedenen Kursen gehandelt wurde und der sämtliche Statistiken fälschte - von der Inflationsmarke bis zur Armutsquote. Eine Verwaltung, die mehr einnahm als jemals zuvor, aber die Infrastruktur verrotten ließ. Eine Regierung, die europäische Steuersätze erhob, aber ihren Bürgern ­afrikanische Leistungen anbot. Das Schlimmste an dieser Geschichte ist, dass sie sich wirklich zugetragen hat. Im Argentinien unter Cristina Kirchner.

Geldsegen via Staatsanleihen

Heute, keine 15 Monate nach deren Abtritt, ist Buenos Aires schon wieder Schauplatz von Vorgängen, die eher an Fantasie als an Ökonomie erinnern. Das Land, dessen Wirtschaftsleistung 2016 um 1,8 Prozent schrumpfte, dessen Inflation zeitweise auf mehr als 40 Prozent stieg, dessen Industrie nur zu 64 Prozent ausgelastet ist und dessen Budgetdefizit bei 4,6 Prozent liegt, ist derzeit so etwas wie das Dornröschen der Finanzmärkte.


Allein im Januar ist der Merval-Index, der die größten Unternehmen an der Börse Buenos Aires abbildet, um 13 Prozent gestiegen - nachdem er bereits im Vorjahr 47 Prozent zugelegt hatte. Problemlos gelang es Finanzminister Luis Caputo noch im Januar, 70 Prozent des Finanzierungsbedarfs dieses Jahres zu decken. Banken liehen dem Land sechs Milliarden Dollar, und zusätzlich konnte Caputo Anleihen für sieben Milliarden Dollar platzieren - zu besseren Zinssätzen als im Jahr zuvor. Die fünfjährigen Bonds kosten Argentinien 5,62 Prozent Zinsen, für die zehnjährigen Papiere zahlt es sieben Prozent. Beide Anleihen waren mehrfach überzeichnet.

Goldgräberstimmung an der Börse

Das jähe Vertrauen in den gebeutelten Staat hat seine Gründe ebenso in ­Argentinien wie in Frankfurt, London oder New York. Dass der Präsident und frühere Unternehmer Mauricio Macri nur sechs Tage nach Amtsantritt die ­Devisenkontrollen abschaffte, wird ebenso honoriert, wie die zügige Einigung mit den Altschuldnern, die jahrelang aus Argentinien nur mit hässlichen Tiernamen bedacht worden waren.

Andererseits erklärt sich die Hausse mit der verzweifelten Renditesuche vieler internationaler Anleger in Zeiten von Niedrigzinsen. Diese schlug sich im vergangenen Jahr an mehreren lateinamerikanischen Börsenplätzen nieder. Die Börse von São Paulo war 2016 mit 61 Prozent Zugewinn-Weltmeister. Unter den globalen Top-­Ten-Handelsplätzen fanden sich auch Lima, Bogotá und eben Buenos Aires.


Dort gab es zuletzt einige Lichtblicke: Die Inflationsrate lag im zweiten Halbjahr bei lediglich 9,6 Prozent, im Januar ist die Teuerungsrate sogar auf 1,3 Prozent gesunken. Vor den Parlamentswahlen im kommenden Oktober dürfte eine staatliche Infrastrukturoffensive die Bauwirtschaft ebenso anfachen wie private Aufträge. Nach langer Flaute bieten die Banken wieder Baukredite an. Deren Vergabe ist binnen weniger Monate um 380 Prozent hochgeschnellt.

Zu Jahresbeginn waren es die Analysten der US-Bank Morgan Stanley, die in einer vielbeachteten Studie das Goldfieber am Silberfluss entfachten: Im besten Fall könnten argentinische Aktien -in Dollar gerechnet - binnen fünf Jahren um bis zu 258 Prozent zulegen. Am wahrscheinlichsten sei ein Zuwachs von 133 Prozent. Im schlechtesten Fall wäre ein Verlust von 18 Prozent zu befürchten. Bis zu 230 Milliarden Dollar an Finanz- und Direktinvestitionen könnten auf den bisher eher bescheidenen Kapitalmarkt Argentiniens einprasseln - das entspricht etwa acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). "Die Reise hat erst begonnen, und es ist noch längst nicht zu spät, argentinische Aktien zu kaufen", meinen die Autoren der Studie.

Kapitalzuflüsse in Milliardenhöhe

Noch liegt die Börsenkapitalisierung von Argentiniens Wirtschaft bei nur neun Prozent des BIP. Dieser Anteil könne sich binnen drei Jahren verdoppeln, glaubt Ramón Agote, Direktor des Beratungsunternehmens ConoSur Investments. Sollte, was im Finanzdistrikt von Buenos Aires allgemein erwartet wird, Argentinien im Juni vom Frontier Market (auch Grenzmarkt genannt) auf den Status eines Schwellenlands hochgestuft werden, dürfte eine neue Investitionswelle auf das Land zurollen. Denn viele Fonds dürfen die ihnen anvertrauten Gelder nicht in Frontier Markets, wohl aber in Emerging Markets, also Schwellenländer, anlegen.


Zudem sorgt die Regierung selbst für Kapitalzuflüsse: Im Rahmen der erfolgreichsten Steueramnestie aller Zeiten konnte sie mehr als 100 Milliarden Dollar Auslandsvermögen repatriieren. Für den Finanzminister ist es ein doppelter Erfolg: Die Strafsteuer spülte etwa sechs Milliarden Dollar in die Staatskasse. Gleichzeitig darf er hoffen, dass die Heimkehr reicher Argentinier in ihr Finanzsystem auch Ausländer motiviert, ihr Geld in Buenos Aires anzulegen.

Alles hängt an den Wahlen

Vor allem die Energiekonzerne könnten an den Aktienmärkten zulegen, nachdem die Regierung Erhöhungen der Stromtarife bekannt gab. Die Papiere des Versorgers Edenor, vor fünf Jahren fast wertlos, haben seither - in Dollar - um 1.700 Prozent zugelegt. Gute Perspektiven bietet zudem die Luftfahrtbranche, die vor einer Liberalisierung steht. Dem unter Kirchner rückverstaatlichten Platzhirschen Aerolíneas Argentinas werden künftig mehrere Low-Cost-Carrier einheizen, da­runter argentinische Unternehmen wie Flybondi, Sol oder Andes. Zudem gilt der Bankensektor als vielversprechend. In den klammen Kirchner-Jahren war das Kreditwesen verkümmert. Das ­Gesamtkreditvolumen argentinischer Banken entspricht heute etwa zwölf Prozent des BIP, im benachbarten Chile steht dieser Wert bei 80 Prozent.

Die entscheidende Frage ist freilich, ob die Regierung in den Parlamentswahlen im Oktober ihren Sitzanteil vergrößern kann. Noch muss sich Mauricio Macris Koalition die Zustimmung bei der Opposition teuer erkaufen, was auf Kosten der Budgetsanierung ging. Sollte Macri in acht Monaten nicht zulegen oder gar verlieren, dann kann Argentinien wieder in die Realität eines Landes am Ende der Welt zurückfallen.

Investor-Info

S & P Select Frontier ETF
Attraktives Argentinien

Anleger, die auf argentinische Aktien setzen wollen, müssen auf Fonds oder ETFs mit Schwerpunkt Frontier Markets ausweichen. Mit 28 Prozent hat der S & P Select Frontier den im Vergleich zu ähnlichen Produkten höchsten Argentinien-Anteil. Größte Einzelposition ist mit 7,14 Prozent das argentinische Handelsunternehmen MercadoLibre.

Templeton Emerg. Mkts. Bond
Anleihen für Vorsichtigere

Argentinien ist erfolgreich an den Anleihemarkt zurückgekehrt. Der Kauf von Bonds ist möglich, angesichts der Zahlungsmoral der Vergangenheit aber riskant. Mit dem Templeton Emerging Markets Bond Fund setzen Anleger auf Anleihen aus Schwellenländern und Grenzmärkten. Elf Prozent des Portfolios machen argentinische Bonds aus, nur brasilia­nische Papiere sind schwerer gewichtet.

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Bildquellen: Aleksandar Mijatovic / Shutterstock.com, C&OPhoto / Shutterstock.com

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