Anlagestrategie: "Die Benchmark ist dumm"
Yves Choueifaty, Pionier bei Smart-Beta-Investments, hält nichts von passiven, aber viel von maximal diversifizierten Portfolios.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Ich weiß nicht, ob wir die beste Anlagestrategie der Welt haben. Aber ich weiß, dass kein anderer Vermögensverwalter seine Anlagestrategie besser kennt als wir." Einen Mangel an Selbstbewusstsein kann man dem Mann, von dem dieser Satz stammt, nicht vorwerfen: Yves Choueifaty, Gründer und Chef von Tobam.
Dabei hat der Franzose vermutlich recht. Denn sein Unternehmen fokussiert sich voll und ganz auf einen einzigen Ansatz: maximale Diversifikation. Das gibt es in der Anlagewelt doch längst, mögen viele denken. Mit einem ETF auf den S & P 500 kaufe ich doch den ganzen US-Markt und bin bestens diversifiziert. Ein Trugschluss, so Choueifaty. "Ich halte das für das größte Missverständnis in unserer Branche: die Verwechslung von passiv und neutral sein."
Für den 50-Jährigen ist ein kapitalisierungsgewichteter Index wie der S & P 500 keine neutrale Benchmark. Denn sie verteile das Kapital stupide auf jene Vermögenswerte, die bereits teuer seien. So sei nach dem ersten Ölpreisschock 1973 das meiste Geld in die Energiekonzerne geflossen. "Und wann wären Sie als passiver Anleger am stärksten in Ölunternehmen investiert gewesen?", fragt Choueifaty. "An dem Tag, als die Ölpreise wieder zu fallen begannen."
Genauso hätten Anleger Anfang 2000, als die Technologieblase platzte, das meiste Geld in IT-Unternehmen stecken gehabt und zur Finanzkrise 2007 in Banken. Für den Tobam-Chef ist deshalb klar: "Die Benchmark ist dumm. Sie maximiert das angelegte Vermögen in Exxon, Yahoo und Citigroup im jeweils schlimmsten Moment." Der Index kaufe stets, was angesagt und damit teuer sei. So zerstöre er einen großen Teil der Risikoprämien, die Anleger vereinnahmen könnten, wenn sie wirklich breit gestreut anlegten.
Keine einseitige Ausrichtung
Basierend auf diesem Gedanken hat der studierte Mathematiker sein Anti-Benchmark-Konzept entwickelt. Es ist auf jedes Investmentuniversum anwendbar, doch geht es stets um eines: die Konstruktion eines maximal diversifizierten Portfolios. Bei einem solchen scheitere jeder, der versuche, darin eine irgendwie einseitige Ausrichtung zu finden. "Egal, ob er aus einer Sektor-, einer Risikofaktor- oder einer Anlagestil-Perspektive darauf blickt", so Choueifaty.
Ziel der Anstrengung: eine Reduzierung des Risikos im Portfolio und eine systematische Steigerung der Erträge über einen Marktzyklus hinweg. Etwas Geduld ist nötig, denn manche Jahre können die von Tobam konstruierten Indizes ihr kapitalisierungsgewichtetes Pendant auch nicht schlagen.
Eine Aufstellung von Vermögenswerten zu konstruieren, die anders ist als der übliche Index - das klingt verdächtig nach Smart Beta. Ist es auch. Nur dass Choueifaty bereits 2005 damit begann, als sich noch kaum jemand in der Branche dafür interessierte. Heute ist Smart Beta ein breiter Trend, und Choueifaty verwaltet mit Tobam rund acht Milliarden Dollar an Anlagevermögen und beschäftigt 40 Mitarbeiter. Allein 18 von ihnen sind Mathematiker, die die Strategie ständig weiterentwickeln.
2011 stieg Calpers, der größte US-Pensionsfonds, als Minderheitsaktionär bei Tobam ein. Ein Jahr später kam Amundi, Europas größter Assetmanager, als Anteilseigner und Vertriebspartner hinzu. Über die Hälfte der Tobam-Kunden sind öffentliche Einrichtungen wie Zentralbanken oder Staatsfonds.
Obwohl institutionelle Investoren das Kerngeschäft bei den Franzosen ausmachen, gibt es ihre Fonds auch für Privatanleger. Aber nicht an jeder Ecke. Bei der Commerzbank kann man die Fonds (siehe unten) immerhin im beratungsfreien Geschäft, sprich auf Nachfrage, kaufen.
Breitestmöglich aufgestellt
Der Anti-Benchmark Emerging Markets Equity Fund, die volumenstärkste Tobam-Strategie, ist doppelt so stark diversifiziert wie seine Benchmark, der MSCI Emerging Markets Index
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Bildquellen: Jean-Erick Pasquier/Tobam, Zadorozhnyi Viktor / Shutterstock.com
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