Euro am Sonntag-Analyse

Russland: Signal an die Sieger

01.10.16 15:00 Uhr

Russland: Signal an die Sieger | finanzen.net

Die Kreml-Partei hat die Parlamentswahlen klar gewonnen. An der ­geringen Wahlbeteiligung zeigt sich aber, wie groß der Frust über die ökonomische Talfahrt ist. Anleger hoffen nun auf mehr Reformbereitschaft.

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von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Die Duma steht weiterhin loyal zu Staatspräsident Wladimir Putin. Meinungsumfragen hatten der Kreml-Partei "Geeintes Russland" zwar Verluste prognostiziert, doch bei den Parlamentswahlen vom letzten Sonntag legte die Regierungspartei deutlich zu. Sie verfügt nun über eine Dreiviertelmehrheit und kann die Verfassung auch ohne Unterstützung der - allerdings ohnehin als systemkonform eingestuften - Oppositionsparteien ändern.



Die Börse reagierte auf das Ergebnis mit leichten Kursgewinnen. Seit Anfang Januar bringt es der in Dollar berechnete Leitindex RTS mittlerweile auf ein Plus von 29 Prozent. Sowohl die Rally als auch der Wahlerfolg für die von Ministerpräsident Dmitri Medwedew geführte Partei Geeintes Russland mögen auf den ersten Blick überraschen. Ölpreisverfall und westliche Sanktionen haben das Land in eine tiefe Rezession gestürzt. 2015 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um vier Prozent, in diesem Jahr wird ein weiterer Rückgang um 1,8 Prozent erwartet.

Darunter leiden die Gewinne der Unternehmen, auch weil die Bevölkerung sich zunehmend einschränken muss. Der monatliche Durchschnittslohn fiel laut dem Analysehaus Stratfor im Zuge der Rezession um 9,5 Prozent auf 400 Euro.


Ihren Protest gegen die wirtschaftliche Talfahrt drückten Russlands Bürger jedoch nicht in Stimmen für kremlkritische Parteien aus, sondern durch Stimmenthaltung. Mit 47 Prozent fiel die Wahlbeteiligung so niedrig aus wie noch nie in der inzwischen 16 Jahre andauernden Regierungszeit Putins. Dieser reagierte auf das Wahlergebnis daher nicht euphorisch. Das russische Volk habe sich in ökonomisch schwierigen Zeiten für Stabilität entschieden, so Putins kühler Kommentar.

Der Staatspräsident, dem Meinungsumfragen zufolge 82 Prozent der Bürger vertrauen, weiß, dass die Leidensfähigkeit selbst der Russen nicht ewig währt. Die Wirtschaft muss spätestens zur Präsidentenwahl 2018, bei der Putin ein weiteres Mal antreten will, wieder in Schwung kommen. Also arbeitet er an einer Aufhebung der Sanktionen. Nicht etwa durch Entgegenkommen in puncto Ukraine, sondern aus einer Position der Stärke.


Sollte es trotz der Zerstörung eines Hilfskonvois wie vereinbart zu militärischen Kooperation zwischen Russland und den USA in Syrien kommen, dann könnte auch in Washington die Bereitschaft zu einer Lockerung des Embargos wachsen. EU-Staaten wie Frankreich oder Italien plädieren schon seit Längerem dafür. Sollte es dazu kommen, dürften die Notierungen an der Moskauer Börse weiter anziehen.

Noch dringlicher aber ist eine weitere Stabilisierung des Ölpreises. Staatseinnahmen, Wachstum und Aktienkurse hängen entscheidend davon ab. Moskau will daher Saudi-Arabien zu einer Begrenzung der Fördermengen bewegen. Ob Riad darauf eingeht, lässt sich aber schwer prognostizieren.

Günstig bewertet

Politik, Sanktionen und Ölpreis werden von Russland-Anlegern intensiv verfolgt. Die Top-Down-Analyse kommt - Pro- und Kontra-Argumente abwägend - zu einem positiven Ergebnis. Die Risikobereitschaft ausländischer Investoren wächst jedenfalls. Die Anleger lockt auch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von sieben. Sollte sich Putin angesichts der konjunkturellen Schwäche zudem für ein Reformkonzept des früheren Finanzministers Alexei ­Kudrin entscheiden, wäre dies ein weiteres Motiv für den Einstieg.

Kudrin will die Privatwirtschaft stärken, das Budgetdefizit senken und die Diversifizierung der Wirtschaft vorantreiben. Schnelle Ergebnisse sind aber nicht zu erwarten. Russland-Anleger müssen wohl noch eine ganze Weile heftige Schwankungen ertragen.

Investor-Info

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Energiegeladenes Portfolio

Die Kurserholung in Moskau sollte anhalten, meint Fondsmanager Julien Pincet. Er rechnet mit einer Stabilisierung des Ölpreises und sieht zudem aufgrund nachlassender Inflation Spielräume für Zinssenkungen. Pincet weicht bei der Gewichtung der Sektoren zwar deutlich vom Vergleichsindex ab, an den Börsendickschiffen Lukoil, Gazprom, Norilsk Nickel und der Sberbank kommt er aber nicht vorbei. Der Manager überzeugt, doch der Fonds ist nur für risikobereite Investoren geeignet.

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Starke Nebenwerte

Mit dem ETF partizipieren Anleger an der Wertentwicklung russischer Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung. Zu den Top-Ten-Holdings zählen die Fluglinie Aeroflot-­Russian Airlines, der Stahlkonzern Evraz und das Immobilienunternehmen Etalon. Indus­triewerte sind mit 20 Prozent gewichtet. Die Energiebranche ist dagegen nur mit knapp zwei Prozent vertreten. Innerhalb eines Jahres legte der ETF um 69 Prozent zu. Das Papier ist allerdings nur an der Börse Berlin handelbar.

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Bildquellen: OlegDoroshin / Shutterstock.com, Sasha Mordovets/Getty Images

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