Die größten Aktienfonds

Was den Erfolg von Carmignac Investissement ausmacht

10.09.10 06:00 Uhr

Der Carmignac Investissement ist der Überflieger unter den global anlegenden Aktienfonds und zieht immer mehr Anlegergelder an. Sein Erfolg ist fast ein wenig unheimlich.

von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Die Gegensätze, die Edouard Carmignac in seinem Büro vereint, sind sicher nicht jedermanns Geschmack: Der Liebhaber zeitgenössischer Kunst schmückt sein repräsentatives Altbauzimmer mit peppigen Werken von Andy Warhol und Gerhard Richter. Und so grüßt neben der goldverzierten Kassettenflügeltür ein farbenfroher Mao spöttisch lächelnd von der Wand.

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Nicht unbedingt als Kunstsammler, sondern als Fondslenker macht Carmignac derzeit viel von sich reden. Dabei sagt er relativ wenig: Der Gründer der gleichnamigen Vermögensverwaltung zeigt sich medien­scheu. Der 63-Jährige redet nicht mit vielen, gibt ungern Interviews. Durch seine Ungreifbarkeit wird er fast ein wenig zu einem Mysterium.

Persönlich sprechen darf ihn im Regelfall nur, wer in den Unternehmenssitz nach Paris kommt. Seine Vermögensverwaltung Carmignac Gestion liegt an der Place Vendôme, einem der fünf königlichen Plätze von Frankreichs Hauptstadt. Vor allem Edles wird an diesem Ort verkauft: Uhren, Schmuck, Designerkleidung.

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Auch Carmignac bietet Erlesenes an: seine Ware sind hochwertige Investmentfonds. Eines seiner 18 Produkte ist der Carmignac Investissement, einer der größten global anlegenden Aktienfonds und als solcher auf lange Sicht eine Klasse für sich. Über Zeiträume von fünf, zehn und 20 Jahren führt er souverän die Rangliste innerhalb seiner Vergleichsgruppe an. Während andere gute Konkurrenzprodukte sich da­rüber freuen, auf Fünfjahressicht nach durchgestandener Finanzkrise ein kleines Plus erwirtschaftet zu ­haben, setzt der Franzose Maßstäbe: Trotz Mega-Baisse 2008 wuchs der Anteilswert des Fonds in fünf Jahren um 65 Prozent.

Angesichts der guten Wertentwicklung verwundert es nicht, dass der Franzose das Geld der Anleger anzieht wie ein Magnet. Vor anderthalb Jahren lagerten im Carmignac Investissement 2,3 Milliarden Euro, heute sind es 6,8 Milliarden. Damit hat sich das Fondsvermögen in 18 Monaten beinahe verdreifacht. Dieser Erfolg ruft Neider auf den Plan. So mancher deutsche Vermögensverwalter jammert, er könne den Namen Carmignac nicht mehr hören. Einige aus der Investmentbranche werfen dem Franzosen vor, er agiere zu wagemutig, indem er hohe Wetten einginge.

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Fakt ist, dass Carmignacs Erfolg und sein Gespür fast ein wenig unheimlich sind – so überragend ist seine Dominanz bei der Wertentwicklung über mehrere Jahre hinweg, so gut waren seine Entscheidungen in den vergangenen beiden Jahren. Zunächst begrenzte er 2008 die Verluste im Carmignac Investissement dank defensiver Ausrichtung und stark verringerter Aktienquote. Dann schlug er auch 2009 seinen Vergleichsindex MSCI All Countries World, Index für Aktien aus Industrie- und Schwellenländern, um Längen. Mutig hatte er im März 2009 entschieden, die Aktienquote in allen Fonds wieder drastisch nach oben zu setzen – fast taggenau mit dem Beginn der bemerkenswerten Hausse, die Anleger weltweit von März 2009 bis Januar 2010 erfreute. Ein Plus von 43 Prozent im vergangenen Jahr war die Folge.

Wenig erfreulich läuft es bislang in diesem Jahr. Der Fonds hinkt seinem Vergleichsindex um fast vier Prozentpunkte hinterher. Maßgeblich für diesen Rückstand war vor allem der Juli: Der Carmignac Investissement verlor in diesem Monat 3,8 Prozent, während der MSCI-Index um 1,6 Prozent zulegte.

Ein solcher Minderertrag kratzt am Ego der erfolgsverwöhnten Franzosen. Doch die gehen offensiv damit um: „Wir haben die Trends im Monatsverlauf nicht optimal ausgenutzt“, meint Eric Le Coz, Chefstratege und offizielles Sprachrohr der Vermögensverwaltung. Die Schwäche des US-Dollars und das Wiedererstarken europäischer Bankaktien nach dem relativ positiven Ausgang des Stresstests hatten den Franzosen nicht in die Karten gespielt. Aus übertriebener Vorsicht hatten sie sich tendenziell anders positioniert: „Unser Fokus lag wohl etwas zu sehr auf dem Rohstoff Gold, dem sicheren Hafen schlechthin, und zu wenig auf europäischen Bankaktien und dem Euro“, so der Stratege.

Dass die Entwicklung im Juli nicht etwa den Anlass liefert, Europa und den Euro wieder zu beweihräuchern, schiebt Le Coz sogleich nach: Die Euroaufwertung habe eher mit einem „akuten Schwächeanfall“ des Dollars zu tun als mit einem wieder erstarkten Vertrauen in den Euro. Es sei darüber hinaus derzeit nur schwer vorstellbar, dass das „alte Europa“ die USA an wirtschaftlicher Dynamik übertreffen könne.

Vielmehr gehen die Franzosen davon aus, dass Europa durch die hohe Staatsverschuldung, deren Abbau durch die schwachen Wachstumsperspektiven nicht einfacher wird, auf Dauer anfällig bleibt. „Wir halten Schuldenkrisen weiterer Mitgliedsstaaten auf mittlere Sicht für unausweichlich“, so Le Coz.

Bei der Titelauswahl achtet das 18-köpfige Team unter Carmignacs Leitung sowohl auf volkswirtschaftli­che Kriterien als auch auf Unternehmensdaten. „Die globale makroökonomische Analyse gibt den Ausschlag für verschiedene Anlagethemen im Portfolio“, erklärt Carmignac. In diesem ersten Schritt wird versucht, die derzeitigen und zukünftigen Motoren des weltweiten Wirtschaftswachstums zu identifizieren.

Das Hauptthema, das die Franzosen als Kurstreiber der Zukunft ausmachen, überrascht nicht, doch es ist fraglos verheißungsvoll: „Es bestehen keine Zweifel daran, dass eine Verschiebung des weltweiten Wachstums zu bedeutenden Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien der Haupteinflussfaktor für unsere Anlageentscheidungen ist“, sagt Le Coz. Viele der langfristigen Anlagethemen des Fonds betreffen diesen Bereich. „Die Schwellenländer erscheinen aufgrund ihres Binnen-konsums und ihrer Infrastrukturentwicklung sowie der damit einher­gehenden steigenden Rohstoffnachfrage interessant“, begründet Carmignac diese Strategie. Dementsprechend spielt das Thema „An­hebung des Lebensstandards in den Schwellenländern“ eine bedeutende Rolle im Fonds.

Rund 30 Prozent des Vermögens sind in Unternehmen ­investiert, die diesem Thema zuzuordnen sind. Fast 80 Prozent davon stammen aus Asien. Sobald zukunftsträchtige Themen ausgemacht wurden, werden die entsprechenden Länder oder Sekto­ren nach attraktiven Unternehmen durchforstet. Diesen Teil übernehmen zunächst die spezialisierten Fondsmanager von Carmignac Gestion, die in ihrem Segment nach den besten Werten Ausschau halten. Die Einzeltitelauswahl erfolgt dann nach einer klassischen Fundamentaldatenanalyse und einem Treffen mit dem Management des jeweiligen Unternehmens.

Eine Besonderheit des Carmignac Investissement im Vergleich zu vielen anderen Aktienfonds ist die intensive Nutzung von Absicherun­gen. Seit 2001 werden sie bei der Portfoliokonstruktion eingesetzt. „Wir überprüfen fortlaufend, ob es wegen kurzfristig auftauchender ­Risiken notwendig sein könnte, die Aktienquote anzupassen oder bestimmte Teile des Portfolios abzusichern“, sagt Le Coz. Dazu werden ­liquide Investmentwerkzeuge wie beispielsweise Futures eingesetzt. Abgesichert werden vor allem Bewegungen des allgemeinen Markts, also Indexverläufe, und Währungsschwankungen. Gelegentlich werden auch spezielle Sektoren herausgegriffen: So sicherte sich Carmignac beispielsweise im September 2008 gegen starke Kursverluste in der Rohstoffbranche ab.

Für einen globalen Aktienfonds dieser Größe ist der Carmignac Investissement sehr fokussiert: Nur knapp 70 Titel finden sich im Portfolio. Andere vergleichbare Produkte halten mehr als 100, bis hin zu 200 verschiedene Aktien. Diese Konzen­tration macht deutlich, wie entschlossen Carmignac seinen Überzeugun­gen folgt.

Wie im Vergleichsindex MSCI AC World stellen Finanzwerte den größten Sektor des Fonds: Ein knappes Drittel des Vermögens ist dort angelegt. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe stellen mit 22 Prozent die zweitgrößte Position.

Auffällig ist die Gewichtung der Währungen im Fonds: Euro-Investments machen nur einen kleinen Teil aus (8,2 Prozent). In dieser Ausrichtung tritt Carmignacs Furcht vor weiteren Abwertungen der hiesigen Währung zutage. Der US-Dollar-Anteil ist mit 44 Prozent der größte, daneben spielt der Hongkong-Dollar mit einem Gewicht von gut zehn Prozent eine signifikante Rolle. Auch bei seinem Engagement in Schwellenländern unterscheidet sich der Carmignac Investissement von vielen anderen global anlegenden Aktienfonds. Mehr als ein Drittel des Fondsvermögens steckt in Unternehmen aus den Emerging Markets. Vor allem in Asien hat sich Carmignac engagiert (26 Prozent). Rund zehn Prozent sind zudem in Latein­amerika investiert. Gleichwohl haben nord­amerikanische Titel das höchste Gewicht im Fonds (43 Prozent). Europa spielt mit 13 Prozent nur eine untergeordnete Rolle.

Seinen Erfolg lässt sich Carmignac in seinem globalen Aktienfonds angemessen vergüten. Zur fixen Verwaltungsgebühr von 1,5 Prozent pro Jahr kommt eine variable Gebühr hinzu: Erzielt der Carmignac Investissement ein Plus von mehr als zehn Prozent in einem Jahr, behält er zehn Prozent des darüber hinausgehenden Zuwachses als Erfolgsgebühr ein.

Mit einer kleinen Summe in den Fonds einzusteigen, könnte sich beim Carmignac Investissement als schwierig erweisen. Der Wert eines Fondsanteils liegt inzwischen bei mehr als 8000 Euro. Bei Banken oder Onlinebrokern, die den Kauf mindestens eines Fondsanteils verlangen, müssen Anleger also einen gewissen Betrag in die Hand nehmen, um in den Kreis der Carmignac-Jünger aufgenommen zu werden.

Mit dem Carmignac Investissement ist es also wie mit allen edlen Gegenständen, die an der Place Vendôme verkauft werden: Für wenig Geld sind sie nicht zu haben.

Investor-Info

Carmignac Investissement
Mutig und erfolgreich
Trotz zwischenzeitlicher Finanzkrise konnten Anleger mit dem Carmignac Investissement über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg viel Geld verdienen. Ein Plus von 65 Prozent konnte der globale Aktienfonds für sich verbuchen. Seinen Vergleichsindex MSCI All Countries World, globaler Aktienindex für Industrie- und Schwellenländer, konnte er bei Weitem über­treffen.