Letter to investors: Alles bleibt anders
Die Märkte dürften 2016 noch weniger zulegen als 2015. Doch langweilig wird es nicht. Für taktisch orientierte Anleger werden sich wieder Chancen ergeben.
"Ob sie will oder nicht, die Fed wird auch 2016 das dominierende Thema bleiben."
Vor zwölf Monaten titelte mein Vorgänger Asoka Wöhrmann hier zum Jahresausblick: "2015 zählt Diversifikation - Die Luft an den Kapitalmärkten wird 2015 dünn", aber: "Trotz divergierender Politik bleiben die Zentralbanken unterstützend." Wie schnell ist man da versucht, auf ein löchriges Langzeitgedächtnis der Leser zu hoffen und weite Teile des Textes unter Austausch der Jahreszahlen zu übernehmen. Aber ist 2015 wirklich so wenig passiert, dass der Ausblick beinah konstant bleibt?
Nun, wir glauben immer noch nicht, dass uns die Konjunkturwende droht - unser globales Wachstumsziel für 2016 liegt sogar leicht über dem 2015er-Wert. Geändert haben sich jedoch die Wachstumstreiber: Die Industrieländer holen auf Kosten der Schwellenländer auf; konsum- und servicenahe Sektoren übertrumpfen Industriewerte; der Heimatmarkt schlägt den Export. Dies spiegelt sich in unseren Empfehlungen für Aktien, nach wie vor unsere präferierte Anlageklasse, wider: Wir mögen die Industrieländer und die Sektoren Gesundheit, Technologie, Konsum und Finanzen. Indes wächst angesichts der moderaten Kurserwartungen und der hohen Volatilität das Risiko, dass Anleger mit ihren Positionen im Laufe des Jahres auch mal hinten liegen.
Auf den ersten Blick ebenfalls wenig verändert bleibt das global gesehen freundliche monetäre Umfeld, bei aller regionaler Divergenz. Im Rentenbereich sehen wir daher weiterhin Chancen bei US- und Euro-Unternehmensanleihen. Wer Staatsanleihen will, sollte sich in der Peripherie der Eurozone bedienen. Doch es gibt Unterschiede zum Vorjahr: Die marginale Wirkung weiterer Lockerungen der EZB, denen sie ja verbal bereits den Boden bereitet, dürfte nachlassen. Zudem preist der Markt Zentralbankpolitik bei Ankündigung, nicht bei Umsetzung ein. Auch ist die Fed jetzt unter größerem Zugzwang. Konnte sie ihre Passivität 2015 noch mit Marktturbulenzen begründen, würden die meisten Marktakteure ein weiteres Stillhalten 2016 wohl negativ sehen.
Dabei bleiben die Anleger weiter gespalten, ob die Fed überhaupt erhöhen sollte und wie empfindlich Teilmärkte darauf reagieren. Denn es gibt genügend Beispiele für Fälle, in denen das billige Geld nur zu gern genommen wurde: der starke Verschuldungsanstieg der Schwellenländer, ein Rekord-M&A -Volumen mit rekordnahen Bewertungen und eine damit einhergehende rekordnahe Verschuldung etwa der US-Firmen. Auch könnten gegen Ende 2016 der Ölpreis und der US-Arbeitsmarkt sogar für eine Inflationsüberraschung sorgen. Zwar beruhigt es viele, dass die Fed diesmal auf Sicht fahren wird, also abhängig von der Marktreaktion. Doch irgendwann verlieren Anleger und Zentralbanken vor lauter Antizipieren der Antizipation den Blick auf Fundamentales. Womit wir wieder bei der Anlagestrategie 2016 wären. Erneut sollte man nicht auf Kaufen und Halten setzen, da sich die Märkte wohl öfter von Fundamentalem entfernen dürften. Darauf muss man dynamisch reagieren, trotz - oder gerade wegen - der dünneren Luft.
Stefan Kreuzkamp
Chief Investment Officer und Mitglied des Deutsche AWM Executive Committee
Mit 160 Milliarden Euro betreutem Kundenvermögen ist DWS Investments im Publikumsfondsgeschäft Marktführer in Deutschland*. 1956 gegründet, ist DWS Investments heute integraler Bestandteil der Deutschen Asset & Wealth Management, die weltweit fast eine Billion Euro** treuhänderisch für ihre Kunden verwaltet und eine der vier strategischen Säulen der Deutschen Bank ist.
Als aktiver Vermögensverwalter ermöglicht die DWS Kunden den Zugang zu einer umfassenden Palette an Anlageprodukten. Mehr als 500 Research- und Investment-Experten weltweit identifizieren Markttrends und setzen diese zum Nutzen unserer Anleger um. Führende Positionen in Rankings unabhängiger Ratingagenturen und Auszeichnungen belegen unseren Erfolg, die überdurchschnittliche Performance der DWS-Produkte und den herausragenden Service.
*Quelle: BVI, Stand 31. Mai 2013, inkl. DB-Produkte
**Stand: 30. Juni 2013
Bildquellen: Mesut Dogan / Shutterstock.com