Nordafrika-Fonds: Von Jubel bis Zweifel
Nordafrika: Die Börsen von Ägypten, Marokko und Tunesien überraschen mit guter Performance. Mutige Anleger steigen ein.
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von Julia Groß, Euro am Sonntag
Die Welt ist tief beeindruckt: Einen Tag nach der Wahl in Tunesien und noch vor der offiziellen Bekanntgabe des Ergebnisses erkannte die islamistische Ennahda-Partei ihre Niederlage an. Wahrlich keine Selbstverständlichkeit, drei Jahre nachdem der Arabische Frühling hier seinen Anfang nahm - und die Demokratiebewegung in anderen Staaten wie Libyen oder Syrien letztlich scheiterte.
Die Börse in Tunis reagierte mit einem Freudenhüpfer: Über drei Prozent stieg der Aktienindex, nachdem die Nachricht über den Sieg der säkularen Partei am Montag durchgesickert war. Seit Beginn des Jahres hat der Markt zehn Prozent zugelegt und fügt sich damit in den positiven Trend der nordafrikanischen Länder ein: In Marokko hat der Casablanca-25-Index seit Anfang Januar zwölf Prozent erzielt, die ägyptische Börse liegt 28 Prozent im Plus. Die drei Länder übertreffen damit die Performance aller etablierten Märkte - in Zeiten von IS-Terror und Ebola eine Überraschung.
Fed und Rohstoffpreise belasten
Doch jetzt stoppen die USA ihre Konjunkturhilfen, von denen viele Schwellen- und Entwicklungsländer indirekt profitiert haben. Dazu kommen die niedrigen Rohstoffpreise. Sollten Anleger trotzdem noch einsteigen oder ist der Höhenflug der Nordafrika-Aktien vorbei? "Die Frontiermärkte in Afrika sind in vielerlei Hinsicht in besserer wirtschaftlicher Verfassung als die typischen Schwellenländer", sagt Zin Bekkali, Chef der Investmentboutique Silk Invest. Gleichzeitig seien die Bewertungen attraktiv. Geduld und Risikobereitschaft müssen Anleger, die jetzt Positionen aufbauen, jedoch mitbringen.
Tunesien ist in einer Hinsicht exemplarisch für das ansonsten sehr unterschiedliche Ländertrio: Die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage hat für die Bürger oberste Priorität. Die Arbeitslosigkeit liegt in manchen Regionen immer noch über 30 Prozent. Das setzt die neue Regierung unter Druck, wirklich zur Tat zu schreiten. Reformpläne liegen auf dem Tisch, sie müssen jedoch vom Parlament umgesetzt werden.
Wenn das passiert, dann könnte das Land enorm davon profitieren. Allein Faktoren wie fehlgeleitete Subventionen und ineffektive Investmentanreize kosten Tunesien laut Weltbank 13 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP). Gleichzeitig besitzt das Land mit seiner Exportorientierung und den Handelsbeziehungen etwa zur EU eine sehr gute Ausgangsbasis für die Expansion. "Tunesien könnte uns in drei bis fünf Jahren sehr überraschen", glaubt Zin Bekkali.
In Marokko ist eine erste große Wachstumsphase, die sich dort vor allem aus dem Aufbau von Finanzdienstleistungen speiste, bereits zu Ende gegangen. Das Land befindet sich in einer Übergangsperiode. Jetzt muss sich zeigen, ob es der Regierung gelingt, ein investitionsfreundlicheres Klima zu schaffen.
Ähnlich ist die Lage in Ägypten: Während hierzulande die Regierung des Generals al-Sisi skeptisch beäugt wird, nahmen lokale Unternehmer und Investoren die Ablösung des gewählten Präsidenten Mursi im vergangenen Jahr positiv auf. "Die Leute sind sehr zufrieden mit der Stabilität und sie sind sehr optimistisch für die wirtschaftliche Entwicklung", erklärt Bekkali.
Mehr Stock-Picking gefragt
An der Börse verteilten die Anleger Vorschusslorbeeren, die Rally ägyptischer Aktien hält seitdem abgesehen von wenigen Rückschlägen an. "Jetzt muss sich die Entwicklung aber auch in steigenden Unternehmenserträgen widerspiegeln", sagt Malek Bou-Diab, Manager des BB African Opportunities (siehe unten). "Das wird nicht bei allen Firmen der Fall sein, deshalb ist jetzt mehr Stock-Picking gefragt." Mit der Ankündigung von Reformen - etwa der Senkung von Kraftstoffsubventionen -und erheblichen Investitionen in die Infrastruktur hat die Regierung al-Sisi jedoch eine gute Grundlage für weiteres Wachstum gelegt.
Trotz der beachtlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Afrika sollten sich Anleger der Risiken bewusst sein. "Mit Terroranschlägen und damit verbundener Nervosität an den Märkten muss man immer rechnen", sagt Bou-Diab, "auch im Vorfeld von Wahlen kommen nahezu regelmäßig Spannungen auf." Die niedrigen Rohstoffpreise können die Kurse mittelfristig ebenfalls unter Druck setzen.
Die in Westafrika grassierende Ebola-Epidemie halten Investoren dagegen bisher für eine rein humanitäre Katastrophe. Für Auswirkungen auf die Märkte sind die betroffenen Länder nicht bedeutend genug. Allein die Region um die nigerianische Hauptstadt Lagos hat eine größere Wirtschaftskraft als ganz Westafrika - und Nigeria konnte die Verbreitung von Ebola erfolgreich eindämmen. "Es findet nach wie vor Handel statt, Rohstoffe werden exportiert. Das gilt sogar für Sierra Leone", so Templeton-Manager Carlos von Hardenberg. Dass sich das Virus weiter ausbreitet, halten die Experten für nicht besonders wahrscheinlich. "Falls das passiert", erklärt Malek Bou-Diab, "ist das nicht allein ein afrikanisches, sondern ein internationales Problem."
Investor-Info
BB African Opportunities
Investieren in ganz Afrika
Fondsmanager Malek Bou-Diab investiert auf dem ganzen Kontinent, aber Titel aus Ägypten machen aktuell 40 Prozent des Portfolios aus. Zehn Prozent entfallen auf Marokko und 1,3 Prozent auf Tunesien. Weitere Länderschwerpunkte sind Südafrika, Nigeria und Kenia. Rohstoffaktien sind untergewichtet. Der Fokus liegt auf großen und mittleren Unternehmen, die vom Strukturwandel profitieren. Bou-Diab agiert vorsichtig: Das dreiköpfige Management-team zieht sich zum Beispiel vor Wahlen tendenziell aus Papieren des jeweiligen Staates zurück, weil die Ereignisse häufig zu Marktturbulenzen führen. Über die vergangenen drei Jahre hat der Fonds eine Performance von 50 Prozent erzielt.
MSCI Tunisia Indexzertifikat
Kurzfristige Spekulation
Wer kurzfristig auf steigende Kurse nach dem positiven Ausgang der Parlamentswahl in Tunesien spekulieren möchte, kann auf dieses Zertifikat setzen. Mit einer Regierungsbildung rechnen die Tunesier erst zu Beginn des kommenden Jahres. Zuvor finden am 23. November noch Präsidentschaftswahlen statt, für die der Vorsitzende der säkularen Partei, Beji Essebsi, als Favorit gilt. Das Zertifikat der Royal Bank of Scotland bildet die Entwicklung des MSCI-Tunisia-Index im Verhältnis eins zu eins ab. Der Index enthält aktuell nur zwei Banken, die 85 Prozent der frei handelbaren Marktkapitalisierung der Börse in Tunis repräsentieren. Die Laufzeit des Zertifikats endet am 5. Mai 2015. Nur für risikobereite Anleger!
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