Pioneer Investments-Kolumne

Vorsicht vor "New Normal"!

01.01.12 10:30 Uhr

Vorsicht vor "New Normal"! | finanzen.net

Die große Überraschung des Jahres für Anleger war bislang die Performance von Staatsanleihen aus den Kernländern, beginnend mit den 10jährigen Treasuries, die seit Jahresbeginn mehr als 5% (Stichtag 4. Juni 2013) einbrachte.

Giordano Lombardo, Group CIO, Pioneer Investments

Die meisten Anleger favorisierten zu Beginn des Jahres riskantere Assets, und wohl kaum jemand hatte auf dem Plan, dass die Rendite 10jähriger US Treasuries fast auf das Niveau zum Höhepunkt der Rezession sinken würde. Nicht einmal Hedgefonds waren in der Lage, die Rally von langfristigen Benchmark Staatsanleihen vorherzusagen, was die enttäuschenden Ergebnisse vieler "Global Macro" Strategien in diesem Jahr erklärt. Wir würden gerne für uns in Anspruch nehmen, dass wir nicht ganz unvorbereitet waren - hatten wir doch im Outlook zu Beginn des Jahres schon zu einem ausgewogeneren Investmentansatz geraten. Nicht zuletzt, weil einige riskantere Assets - vor allem amerikanische Aktien - schon nicht mehr so attraktiv bewertet seien. Doch die Wahrheit ist, dass auch wir überrascht waren, dass die Renditen langfristiger Core Government Bonds immer weiter gefallen sind.

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Was ist also der aktuelle Konsens im Markt für Treasuries und Duration? Anders als zu Jahresbeginn, als alle steigende Zinsen erwarteten, kommen jetzt vermehrt Erklärungsversuche, warum die aktuell niedrigen Renditen durchaus logisch sind. Sie reichen von der von Larry Summers ins Spiel gebrachten Formel von der "Säkularen Stagnation" über die "Low for Long"-These, die Ben Bernanke kürzlich vorgebracht hat, bis hin zu Theorien, die wegen Mangel an Innovationen ein permanent niedriges Wachstum vorhersagen. Dahinter steht als Schreckgespenst die "Japanisierung" der entwickelten Volkswirtschaften generell, und der europäischen im Besonderen. Andere Erklärungsversuche basieren auf den Flows: Investoren, die verzweifelt nach Rendite suchen, hätten sich von den Emerging Markets abgewendet und würden wieder sicherere Häfen suchen in den Anleihen der Kernländer. Mit einer Verzinsung der 10jährigen Bundesanleihe um die 1,5% würden sie 3% für 10jährige US Treasuries schon wieder interessant finden.

Was kaum mehr vorgebracht wird, ist eine Rückkehr der Zinsen zu ihrem langfristigen Mittel. Kurz: es zeichnet sich eine neue Variante des Musters "Dieses Mal ist alles anders" ab.

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Rendite 10jähriger US-Staatsanleihen











Wir sind anderer Meinung. Wir glauben, dass das Konzept wirtschaftlicher Zyklen nicht tot ist und dass die Rückkehr zum Mittelwert auch für Zinsen gilt. Was allerdings schwer fällt, ist den Zeithorizont richtig einzuschätzen. Immerhin hat die Finanzkrise für einige Verwerfungen gesorgt, die einen klassischen Verlauf der Konjunktur stören: das drastische "Deleveraging" nach dem Platzen der Kreditblase, die Störung des Arbeitsmarktes und die Verzerrungen, die durch die Regulierung verursacht werden. So halten zum Beispiel Regelwerke wie Basel III und Solvency II die Nachfrage nach sicheren Assets ungewöhnlich hoch.

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Gleichwohl ist es für uns wichtig, das große Bild zu sehen und das Makroumfeld zu verstehen. Gleichzeitig glauben wir an kurzfristigere Zyklen und das Streben der Finanzmärkte zum Mittelwert. Ein wichtiges Element in der langfristigen makroökonomischen Betrachtung ist das Niveau der globalen Staatsverschuldung. Seit der Finanzkrise ist es nicht etwa gesunken, sondern um 30 Prozent (seit 2007) gestiegen. Der Geldhunger der Regierungen mag die Notenbanken vielleicht davon abhalten, die Geldversorgung aggressiv zu drosseln. Aber wir glauben nicht, dass sie dauerhaft den Zusammenhang zwischen dem Wachstumszyklus einer Volkswirtschaft und den dazu passenden Zinssätzen kappen werden. Würden sie das tun, würde ihre Glaubwürdigkeit leiden.

In der Analyse kurzfristigerer Indikatoren sieht die Situation unserer Meinung nach sehr klar aus. In den USA ist die Phase des Deleveraging der privaten Haushalte an ihrem Höhepunkt angekommen. Sowohl die Schuldendienstquote, also das Verhältnis der Raten zum verfügbaren Haushaltseinkommen, als auch das Verhältnis der absoluten Schulden zum Einkommen liegen weit unter dem Vorkrisenniveau (siehe Grafik), und wir sehen Anzeichen, dass das Kreditwachstum im Bankensektor wieder anzieht.

Verschuldung amerikanischer Haushalte











Man könnte gegen diesen Wachstumstrend einwenden, dass die Erholung am Arbeitsmarkt ungewöhnlich schwach ausfällt. Aber wir glauben, dass dies weniger zyklischer als struktureller Natur ist; die Transformation des US Arbeitsmarktes war bereits vor der Krise im Gange. Die Löhne hingegen steigen - wenn auch langsam - und auch vom Wohnungsmarkt kommen dank sich erholender Preise und Umsätze Zeichen für eine Normalisierung.

Deshalb glauben wir, dass der nächste Schritt der Federal Reserve den Weg für eine Normalisierung auch des Zinsniveaus bereiten wird und die langfristigen Government Yields im Trend nach oben gehen werden.

In Europa bleibt der Wachstumskurs noch recht verhalten. Die Hinterlassenschaft der Krise ist hier schlimmer, vor allem was die Arbeitslosigkeit betrifft. Wir sehen aber einige positive zyklische Indikatoren, die nicht nur von den Unternehmen, sondern auch von der Verbraucherseite kommen. Dies ist teilweise dem Abschwächen der Austeritätspolitik zu verdanken; sie war zum großen Teil verantwortlich für die langanhaltende Rezession. Der Erfolg von europakritischen Kräften in den Europawahlen könnte ein Auslöser dafür sein, schließlich doch überzeugendere wachstumsfördernde fiskalische Maßnahmen einzuleiten. Die EZB hat ihren Teil dazu getan, indem sie mehr tut, um die Kreditversorgung durch Banken in Schwung zu bringen, die Deflation bekämpft und damit indirekt den Euro schwächt. Darüber hinaus deuten die robusten Kreditmärkte sowohl in Europa als auch den USA darauf hin, dass die Unternehmen gesund sind und Rezession nicht auf ihrer Karte haben.

Zusammengefasst: Wir sind überzeugt, dass angesichts einer Normalisierung der wirtschaftlichen Bedingungen der Trend für die Zinsen langfristiger Staatsanleihen wieder nach oben zeigt. Allerdings: die Normalisierung der Zinsen kann noch eine Weile dauern: Inflation, der große Feind der Anleihenkurse, fällt völlig aus in dieser Phase der Nach-Krisen-Erholung; die Regulierung treibt Investoren weiter in sichere Assets und wir sind weit entfernt von einer Überhitzung. Auch die anderen konkurrierenden Assetklassen, vor allem die Aktienmärkte und noch weniger die Kreditmärkte, bieten nicht mehr besonders überzeugende Bewertungen. Unsere Allokation von Staatsanleihen aus den Kernländern ist also derzeit nur leicht negativ.

Aber für die Zukunft empfehlen wir einen ausgewogenen und diversifizierten Ansatz, der riskante Assets zwar weiter übergewichtet, aber auf zunehmend vorsichtiger und selektiver Basis. Zusätzlich kann Volatilität, wenn sie zu vernünftigen Preisen und in vernünftigen Vehikeln hinzugekauft wird, vor Verlusten mit Aktien schützen. Mitten in der Weltmeisterschaft passt dazu vielleicht eine italienische Fußballweisheit: Am Ende gewinnt nicht der, der ein Tor mehr schießt, sondern der, der eines weniger kassiert. Manchmal ist es eben besser, defensiv zu spielen.

www.pioneerinvestments.de
www.ertrag-in-sicht.de

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Stand: 15.07.2014. Die Fonds von Pioneer Investments erhalten Sie bei Banken, Versicherungen und Anlageberatern. Die in diesem Dokument enthaltenen Angaben stellen keine Anlageberatung oder Finanzanalyse dar, sondern geben lediglich eine zusammenfassende Kurzdarstellung wichtiger Merkmale des Fonds. Die vollständigen Angaben zum Fonds sind dem Verkaufsprospekt bzw. den wesentlichen Anlegerinformationen, ergänzt durch den jeweils letzten geprüften Jahresbericht und den jeweiligen Halbjahresbericht, falls dieser mit jüngerem Datum als der Jahresbericht vorliegt, zu entnehmen. Diese Unterlagen stellen die allein verbindliche Grundlage des Kaufs dar. Sie sind in elektronischer oder gedruckter Form kostenlos in Deutschland erhältlich bei Ihrem Berater und der Pioneer Investments Kapitalanlagegesellschaft mbH, Arnulfstr. 124-126, 80636 München. Die in der Vergangenheit erzielten Erfolge sind keine Garantie für die zukünftige Entwicklung einer Anlage. Soweit nicht anders angegeben, beruhen die in diesem Dokument enthaltenen Ansichten auf Recherchen, Berechnungen und Informationen von Pioneer Investments. Diese Ansichten können sich jederzeit ändern, abhängig von wirtschaftlichen und anderen Rahmenbedingungen. Es gibt keine Gewähr, dass sich Länder, Märkte oder Branchen wie erwartet entwickeln werden. Investitionen beinhalten gewisse Risiken, darunter politische und währungsbedingte Risiken. Die Rendite und der Wert der zugrunde liegenden Anlage sind Schwankungen unterworfen. Dies kann zum vollständigen Verlust des investierten Kapitals führen. Anteile des hier genannten Fonds dürfen weder in den Vereinigten Staaten von Amerika ("USA") noch an oder für Rechnung von US-Staatsangehörigen oder in den USA ansässigen US-Personen zum Kauf angeboten oder an diese verkauft werden. Gleiches gilt für die Hoheitsgebiete oder Besitztümer, die der Gesetzgebung der USA unterliegen. Dieses Dokument ist kein Verkaufsprospekt und stellt kein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Anteilen in Ländern dar, in denen ein solches Angebot nicht rechtmäßig wäre. Außerdem stellt dieses Dokument kein solches Angebot an Personen dar, an die es nach der jeweils anwendbaren Gesetzgebung nicht abgegeben werden darf. Pioneer Investments ist ein Markenname der Unternehmensgruppe Pioneer Global Asset Management S.p.A.

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Bildquellen: Pioneer Investments