JP Morgan-Investmentexperte: "Viele Kunden gehen jetzt mehr ins Risiko"
Der Anlagestratege Ulrich von Auer der JP Morgan Privatbank über die Politik der Notenbanken und wie er verschiedene Assetklassen gewichtet.
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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag
Als Verantwortlicher für die Vermögensaufteilung bei der JP Morgan Privatbank verfolgt Ulrich von Auer die Politik der Zentralbanken mit Argusaugen. Denn ein Kurswechsel der Währungshüter kann die internationalen Geldströme heute in ungeahntem Ausmaß beeinflussen. Das angedeutete Ende der ultralockeren Geldpolitik durch die US-Notenbank etwa löste im Mai einen gewaltigen Abfluss von amerikanischem Kapital aus den Schwellenländern aus. Von Auer vermutet, dass die Notenbank mit dieser extremen Reaktion nicht gerechnet hat.
€uro am Sonntag: Herr von Auer, wird die US-Notenbank künftig stärker Rücksicht auf die Schwellenländer nehmen?
Ulrich von Auer: Davon ist auszugehen, auch wenn sie offiziell nicht den Anschein erwecken wird. Der Dollarwirtschaftsraum ist zu groß und die globale Rolle des Greenback als Reservewährung für viele Länder zu wichtig, um die Auswirkungen der US-Geldpolitik auf die aufstrebenden Volkswirtschaften bei Entscheidungen der Fed künftig auszublenden.
Wird der Ausstieg der ultralockeren Geldpolitik für die Nachfolgerin
von Fed-Chef Bernanke, Janet Yellen, also schwieriger?
Ja, denn je länger die Fed mit der Entscheidung wartet, umso mehr wird der Prozess erschwert.
Inwiefern?
Bei der langfristigen Prognose bis 2016 erwartet die US-Notenbank eine Rückkehr zum Trendwachstum, aber zugleich einen Leitzins von nur zwei Prozent. Die Fed selbst hat den Geldmarktzins für normale Zeiten bisher aber bei vier Prozent gesehen. Die Kalkulation ist einfach: zwei Prozent Inflationsausgleich plus zwei Prozent Realzinsen. Diese offensichtliche Differenz erklärte die Fed nebulös mit Spätfolgen der Finanzkrise. Aus unserer Sicht könnte das ein Gummiparagraf mit Rücksicht auf die Schwellenländer sein.
Was hat sich aus Sicht der
Investoren an der Einschätzung
der Schwellenländer geändert?
Es wird stärker differenziert. Der Abzug der Investorengelder hat Länder, die ihr Leistungsbilanzdefizit kurzfristig refinanzieren, also permanent Anschlussfinanzierungen suchen, besonders stark getroffen. Dazu gehören die Türkei, Südafrika, Indien und Indonesien und mit Abstrichen auch Brasilien. Wenn das Kapital aus den Schwellenländern wieder abfließt, sind diese Länder besonders exponiert.
Wer zeichnet für diese Kapitalabflüsse verantwortlich?
Das Geld fließt überwiegend aus den börsengehandelten Indexfonds, den sogenannten ETFs, ab. Aktiv verwaltete Portfolios blieben von Abflüssen, relativ gesehen, verschont.
Hat dieser Kapitalabzug aus den Schwellenländern die Risikobereitschaft ihrer Kunden verringert?
In der Regel nicht. Viele Kunden werten solche technischen Reaktionen am Markt vielmehr als Kaufgelegenheit. Sie sind jetzt bereit, mehr Risiko aufzubauen.
Wie hat sich die Verteilung der Anlageklassen in den Portfolios verändert?
Wir haben die Aktienquote bei europäischen Papieren 2013 in unserem ausgewogenen Portfolio signifikant erhöht und auch in Japan etwas zugekauft. In einem durchschnittlichen Portfolio machen Europa jetzt etwa 13 bis 15 Prozent und Anteilscheine von US-Firmen etwa ein Fünftel der Anlagesumme aus. Papiere von Unternehmen aus Schwellenländern kommen auf circa fünf Prozent. Die verbleibenden fast 60 Prozent teilen sich auf circa 30 Prozent Anleihen, 25 Prozent Hedgefonds und fünf Prozent Rohstoffinvestments auf.
Was hat sich in der Zusammensetzung der Anleihen verändert?
Klassische Staatsanleihen haben wir zurückgefahren und setzen dafür vermehrt auf hochverzinsliche Unternehmens- und Wandelanleihen. Zudem machen sogenannte Absolute-Return-Strategien, also Fonds von Anlagemanagern, deren Investmententscheidungen ein hoher Freiheitsgrad zugrunde liegt, inzwischen ein Viertel bis ein Drittel der Rentenanlagen aus.
Warum setzen Sie jetzt stärker auf Europa?
Insbesondere die Erfolge der EZB sprechen dafür, Europa stärker als bisher zu gewichten. Die Notenbank hat es geschafft, private Investoren zu überzeugen, wieder Kapital in Spanien und Italien anzulegen. Die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen dieser Länder liegen deshalb deutlich unter dem historischen Krisenzinsniveau von sieben bis acht Prozent. Das Thema möglicher Staatspleiten ist an den Finanzmärkten aus unserer Sicht vom Tisch. Zudem wurden die Märkte mit ausreichend Liquidität geflutet, sodass auch die Gefahr einer systemischen Bankenkrise geringer geworden ist. Ein deutliches Zeichen für diese stabilisierenden Veränderungen ist, dass angelsächsische Anleger, die Europa zwischenzeitlich sehr kritisch sahen, zurückkehren.
Investor-Info
Musterportfolio
Mix mit Aktiendominanz
Die Grafik zeigt die aktuelle Aufteilung der Anlageklassen im ausgewogenen Musterportfolio der JP Morgan Privatbank für europäische Kunden. Bei dieser Vermögensaufteilung sind Private-Equity- und Immobilienanlagen mitberücksichtigt.
Schroder ISF Global Dyn. Bal.
Flexibler Multi-Asset-Fonds
Nicht nur vermögende Privatbankkunden haben die Möglichkeit, ihr Geld auf die unterschiedlichsten Anlageklassen aufzuteilen und diese flexibel managen zu lassen. Auf eine ähnlich breite Diversifizierung setzt auch der Schroder ISF Global Dynamic Balanced, der von €uro am Sonntag im September die Top-FondsNote 1 bekommen hat. Fondsmanager Gregor Hirt investiert in mehr als zehn verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Rohstoffe, Infrastruktur oder Anleihen. Mindestens 40 Prozent des Portfolios müssen jederzeit in defensiven Anlagen stecken. Diese Quote kann Hirt auf bis zu 100 Prozent erhöhen, um Turbulenzen an den Märkten abzufedern. Aktien dürfen höchstens 50 Prozent im Fonds ausmachen. Neben der thesaurierenden Tranche (siehe unten) bietet die Fondsgesellschaft auch eine Anlageklasse an, die eine feste Ausschüttung von drei Prozent pro Jahr bietet (ISIN: LU 077 641 475 6).