Euro am Sonntag

Griechenland: Neues Jahr, gleiches Spiel

28.01.16 09:30 Uhr

Griechenland: Neues Jahr, gleiches Spiel | finanzen.net

Die Gläubiger haben jetzt begonnen, die Reformen im Land zu prüfen. Nur bei Erfolg soll es bei den Schulden Erleichterungen geben. Das Ringen um Hellas geht weiter.

von Alexander Sturm, Euro am Sonntag

Im Schatten von Börsencrash und Flüchtlingskrise geht im neuen Jahr das Ringen um einen alten Krisenfall weiter: Griechenlands Regierung tritt in neue Verhandlungen um Hilfen für das überschuldete Land ein - und sie dürften einmal mehr lange dauern.



Diese Woche beginnen die Gläubiger mit der Überprüfung der griechischen Reformfortschritte. Nur wenn die Erfolge von Regierungschef Alexis Tsipras die Euroländer überzeugen, wollen sie über Schuldenerleichterungen sprechen. Im Sommer hatte sich Athen nach zähen Verhandlungen mit den Gläubigern auf ein drittes Hilfspaket von 86 Milliarden Euro über drei Jahre geeinigt. Dafür versprach Tsipras Reformen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte sich nicht an Hilfen beteiligt, er will erst Erfolge bei den Reformen sehen.

Eigentlich hätte deren Prüfung bereits im Herbst beendet sein sollen, doch Griechenland hielt den Zeitplan nicht ein. Der IWF bleibt daher hart: Chefin Christine Lagarde sagte jüngst, die Bedingungen für eine Beteiligung seien "nicht gegeben". Das bringt die Bundesregierung in Bedrängnis. Sie hatte einst erklärt, nur zu helfen, wenn es auch der IWF tut. Doch wegen der Verzögerungen sind schon neue Milliarden der Euroländer ohne IWF geflossen.


Bei der Kontrolle der Reformen bis Februar geht es darum, Lücken in Griechenlands Aufgabenliste zu schließen. "Zwar gab es Fortschritte, etwa bei der teuren Frühverrentung", sagt François Gobron. Er ist Fondsmanager bei der Versicherung Generali und stark in Hellas-Aktien engagiert (siehe Investor-Info). "Knackpunkte bei den Verhandlungen werden aber höhere Einkommensteuern für Reiche, die Besteuerung der Landwirte und weitere Einschnitte im Rentensystem sein."

Streit um die Renten

Gerade um die Pensionen gibt es Streit: Griechenland hat eines der teuersten Rentensysteme Europas. Hier soll es 1,8 Milliarden Euro - ein Prozent der Wirtschaftsleistung - sparen. 1,1 Milliarden sind erreicht, doch nach elf Rentenkürzungen tut sich Athen schwer, weitere 700 Millionen aufzubringen.

Lagarde pocht jedoch darauf. Sie erwartet Verhandlungen bis ins zweite Quartal. Griechenland wiederum will Schuldenerleichterungen. 2017 dürfte die Verschuldung - gemessen an der Wirtschaftskraft - 200 Prozent erreichen. Deutschland lehnt einen Schuldenschnitt ab, ist aber bereit, über längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen für Kredite zu verhandeln.


Helfen könnte den Gläubigern, dass Tsipras zu Hause unter Druck gerät. Die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia hat mit Kyriakos Mitsotakis einen neuen Chef, der als Reformer gilt. Griechische Medien sehen in ihm einen starken Gegenspieler zu Tsipras.

Derweil kommen aus Griechenland etwas bessere Wirtschaftsdaten. Im Dezember stiegen erstmals seit Jahren die Verbraucherpreise, und die Wirtschaft sei 2015 kaum noch geschrumpft, meldet das griechische Institut IOBE. Die Regierung erwartet 2016 gar 1,5 Prozent Wachstum. Die Kapitalkontrollen im Sommer hätten Griechenland weniger geschadet als gedacht, hieß es aus Athen. Geholfen habe auch der starke Tourismus. Griechische Exportfirmen sieht Investor Gobron optimistisch: "Sie profitieren von starken Lohnkürzungen. Das senkt ihre Kosten und macht Produkte wettbewerbsfähiger."

Doch die EU bleibt skeptisch. Sie glaubt, dass die Wirtschaft 2016 um 1,3 Prozent schrumpft, und hält frühestens im zweiten Halbjahr Wachstum für möglich. Bis dahin stehen Tsipras zähe Gespräche bevor.

Investor-Info

Generali European Recovery
Wetten auf die Erholung

Auch wenn griechische Aktien günstig scheinen, sollte man reine Hellas-Fonds meiden. Zu ungewiss ist die Zukunft des Landes. Investoren, die auf die Erholung in Südeuropa setzen wollen, wählen besser diesen breiter aufgestellten Fonds. In ihm machen Hellas-Aktien 16 Prozent aus, den Löwenanteil aber stellen spanische, italienische und portugiesische Titel. Das begrenzt die Gefahr ein wenig. Trotzdem nur für Risikobereite!

Aktien Südeuropa UI
Südeuropa im Bündel

Auch der Aktien-Südeuropa Fonds setzt auf die Wende an der Europeripherie, fährt aber konservativer. Er investiert viel mehr in französische Werte, darunter in den Pharmakonzern Sanofi und den Flugzeugkonzern Airbus. In griechischen und portugiesischen Aktien ist er hingegen kaum engagiert. Dafür machen Titel aus Spanien und Italien fast die Hälfte des Portfolios aus. Große Positionen sind etwa der spanische Baukonzern Ferroval sowie der Brillenhersteller Luxottica und der Telekommunikationriese El Towers aus Italien.

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