Brasilien: Dilmas Dilemma
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Inflation und Arbeitslosigkeit treiben die Bevölkerung gegen Präsidentin Dilma Rousseff auf die Straße. Das Land befindet sich in einer Rezession. Investoren sollten vorsichtig sein.
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von Astrid Zehbe, Euro am Sonntag
Es wird wieder protestiert: Vergangene Woche gingen Zehntausende Menschen in Brasiliens Städten auf die Straße, um gegen die Politik von Präsidentin Dilma Rousseff zu demonstrieren. Inflation, Korruption und steigende Arbeitslosigkeit haben dafür gesorgt, dass die Zustimmungsrate für die Staatschefin nur noch bei rund acht Prozent liegt - erst vor zehn Monaten war Rousseff mit 51,6 Prozent wiedergewählt worden.
Vor allem die seit Jahren rasant steigenden Preise bekommen viele Brasilianer zu spüren. Im Juli lag die Inflationsrate nach offiziellen Angaben bei knapp zehn Prozent, inoffizielle Schätzungen gehen von weit höheren Werten aus. Ursache ist neben Steuererhöhungen und steigenden Strompreisen vor allem der schwache Real. Die Landeswährung hat in den vergangenen zwölf Monaten gegenüber dem Dollar rund die Hälfte des Werts eingebüßt - trotz wiederholter Zinserhöhungen. Das verteuert Importgüter für Konsumenten sowie die Industrie.
Ein Ende der Schwäche des Real ist derzeit nicht in Sicht. Die Währung hängt stark von den globalen Rohstoffmärkten ab, da das Land seine Wirtschaft größtenteils auf Ausfuhren von Bodenschätzen und Agrarprodukten ausgerichtet hat - diese machen über die Hälfte des gesamten Exportvolumens aus. Mit dem Preisverfall bei vielen Rohstoffen und dem zuletzt geringeren Bedarf aus China sinkt die Nachfrage nach dem Real.
Kein Wunder also, dass das Unternehmer- und Verbrauchervertrauen auf den tiefsten Stand seit 2008 gefallen ist. Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Am Montag veröffentlichten Analysten der Brasilianischen Notenbank ihre Prognosen zum Wirtschaftswachstum 2016. Waren sie noch vor einigen Wochen davon ausgegangen, dass das Land seine Rezession im kommenden Jahr überwinden werde, rechnen die Ökonomen nun mit einem weiteren Einbruch der Wirtschaftsleistung um 0,15 Prozent. Bereits 2015 schrumpft das Bruttoinlandsprodukt voraussichtlich um rund zwei Prozent - so stark wie seit 25 Jahren nicht mehr.
Kapitalabflüsse wegen Fed
Ungemach droht zudem aus den USA: Während Ökonomen damit rechnen, dass die Phase steigender Zinsen in Brasilien vorerst vorbei sein dürfte, um Investitionen nicht völlig abzuwürgen, könnte ein Ende der extrem lockeren Geldpolitik der US-Notenbank Fed dem südamerikanischen Land zu schaffen machen - insbesondere der Börse.Mit steigenden Zinsen auf Dollar-Investments verlieren andere Währungen wie der Real an Attraktivität. Es drohen Kapitalabflüsse in Milliardenhöhe und damit Kurseinbrüche an der Börse. Allein seit Mai dieses Jahres hat der brasilianische Aktienindex Bovespa rund 20 Prozent seines Werts verloren, auf Zwölfmonatssicht waren es 25 Prozent. Trotz des niedrigen Kursniveaus sollten Anleger sich mit Investments vorerst zurückhalten und angesichts der vielen Risiken lieber auf Alternativen zurückgreifen.
Investor-Info
Allianz Brazil Equity
Mit Vorsicht zu genießen
Verlust ist Verlust - da tröstet es wenig, dass sich der Allianz Brazil Equity im Vergleich zu anderen Brasilien-Fonds vergleichsweise gut geschlagen hat: mit einem Minus von "nur" 16 Prozent seit Jahresbeginn. Das Fondsmanagement setzt vor allem auf Finanztitel, Basiskonsumgüter und Industriewerte. Dennoch sind reine Brasilien-Investments derzeit nur was für mutige Anleger zur Beimischung.
ISI Latin America Equities
Breiter gestreute Alternative
Wer auf Brasilien setzen will, jedoch ein breiter gestreutes Portfolio bevorzugt, für den empfiehlt sich als Beimischung der ISI Latin America Equities. 43 Prozent sind in brasilianische, 42 Prozent in mexikanische Aktien investiert. Der Rest des Vermögens verteilt sich auf andere lateinamerikanische Wertpapiere. Vor allem die Mexiko-Investments stabilisieren das Portfolio etwas, da die Wirtschaft von der guten Konjunktur in den USA profitiert. Dennoch gilt auch hier: nur für risikofreudige Anleger. Das niedrige Kursniveau könnte ein guter Einstiegszeitpunkt sein.Weitere News
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