Euro am Sonntag-Strategie

Gut verdienen, ruhig schlafen: Mit welchen Aktien das klappt

26.08.18 01:00 Uhr

Gut verdienen, ruhig schlafen: Mit welchen Aktien das klappt | finanzen.net

Mehr Rendite mit weniger Risiko: Das funktioniert tatsächlich. Warum die sogenannte Low-Beta-Strategie erfolgreich ist und wie Anleger sie umsetzen.

Werte in diesem Artikel

von Sven Parplies, Euro am Sonntag

Auch in der Konzernzentrale in Hamburg wird geschwitzt. 36 Grad erreicht das Thermometer an jenem Tag, an dem Beiersdorf seine Halbjahresergebnisse präsentiert. Die Nachfrage nach Sonnencreme, Deos und Shampoo sei in Nordeuropa dank des Wetters deutlich gestiegen, berichtet Konzernchef Stefan Heidenreich. Weil das Geschäft auch sonst gut läuft, hebt Beiersdorf die Umsatzprognose an. Das Gewinnziel bleibt zum Verdruss einiger Finanzanalysten auf dem alten Niveau. Zur Jahresmitte sei man traditionell vorsichtig, beschwichtigt Heidenreich.



Beiersdorf ist das etwas andere DAX-Unternehmen: Die Hanseaten pflegen die Atmosphäre eines Mittelständlers. Großaktionär Maxingvest, hinter dem die Unternehmerfamilie Herz steht, schirmt den Kosmetikkonzern vor den rauen Sitten der Finanzmärkte ab. Beiersdorf ist ein Langweiler im besten Sinne: ein Unternehmen ohne Skandale und Selbstdarsteller mit einem starken wirtschaftlichen Fundament. Umsatz und Gewinnspanne wachsen seit Jahren unspektakulär, aber beständig. Mit vier Milliarden Euro Nettoliquidität ist das Finanzpolster außergewöhnlich komfortabel.

An der Börse zählt Beiersdorf zu den heimlichen Helden. Seit Beginn des Jahrtausends hat die Aktie inklusive Dividende im Schnitt pro Jahr sieben Prozent Rendite gebracht, beim DAX waren es knapp fünf Prozent. Beiersdorf ist zudem besonders dann stark, wenn der Markt schwach ist. Fünf Mal hat der DAX seit Beginn des Millenniums einen Jahresverlust verbucht. Im Schnitt verlor der Index dabei 25 Prozent an Wert. Beiersdorf kam in diesen Krisenphasen auf einen Wertzuwachs von durchschnittlich elf Prozent. Aktionäre haben mit dem Nivea-Konzern also eine überdurchschnittliche Rendite erzielt - und sich etliche Sorgenfalten erspart.


Beiersdorf ist eine klassische Low- Beta-Aktie. Darunter verstehen Börsianer Wertpapiere, deren Kurs nicht so stark schwankt wie der Index. Oft handelt es sich um Unternehmen aus de­fensiven Branchen: Kosmetikartikel oder Nahrungsmittel werden immer gebraucht, egal wie gut oder schlecht die Wirtschaft läuft. Auch Energieversorger, Immobilienfirmen oder Telekomkonzerne verbuchen recht zuverlässige Einnahmen. Selbst Unternehmen aus dem Technologiesektor haben im Zeitalter der Digitalisierung inzwischen den Charakter von Versorgern.

Tücken des Zyklus

In anderen Branchen sind die Wirtschaftszyklen stärker zu spüren: Beim Autokauf beispielsweise werden sich Firmen und Privatpersonen in unsicheren Zeiten eher zurückhalten. Das führt dazu, dass Umsatz und Gewinn dieser Unternehmen und damit auch deren Aktienkurse stärker schwanken.



In der Theorie müssten Investoren für das höhere Risiko der zyklischen Branchen mit einer entsprechend hohen Rendite belohnt werden. Die Praxis sieht allerdings oft anders aus. Das zeigt ein Blick auf den amerikanischen Aktienmarkt: Eine Spezialversion des S & P 500 konzentriert sich auf jene Indexmitglieder mit der niedrigsten Volatilität. Seit der Jahrtausendwende haben diese Aktien den breiten US-Markt geschlagen. Über die Jahre ist ein klares Muster zu erkennen: In der Krisendekade zwischen Jahrtausendwende und Finanzkrise hat sich der Spezialindex deutlich besser gehalten als der S & P 500. In dem folgenden Bullenmarkt legten auch die Kurse der Aktien mit niedriger Volatilität zu, wenn auch nicht so stark wie der Gesamtmarkt.

Psychologische Fallen

Weniger Volatilität, weniger Rendite. Eine Erklärung für das Phänomen liefert die Börsenpsychologie: Investoren überschätzen oft das Potenzial der zyklischen Branchen, weil sie sich von kurzfristigen Erfolgen blenden lassen und zu hohe Preise für diese Papiere bezahlen. Professionelle Investoren machen sogar systematische Fehler: Für einen Fondsmanager geht es darum, seinen Vergleichsindex zu schlagen - das gelingt in einem Bullenmarkt am ehesten mit stärker schwankenden Titeln. Das alles führt dazu, dass die vermeintlichen Langweiler übersehen oder bewusst ­ignoriert werden. Und das, obwohl diese Unternehmen ihre Gewinne in vielen Fällen zuverlässig steigern und die Nerven der Investoren schonen.

Die Schwankungsbreite eines Wertpapiers lässt sich anhand mehrerer Kennziffern messen: Populär ist Beta. Dieser Wert misst die Ausschläge einer Aktie in Relation zu einem Index, beispielsweise dem DAX. Bei einem Beta größer als 1 ist ein Wertpapier hektischer als dieser Maßstab, bei einem Wert kleiner als 1 dagegen ruhiger.

Eine Alternative ist die Risikokenn­ziffer VaR, die anhand einer komplizierten Formel die Verlustwahrscheinlichkeit eines Wertpapiers beziffert. Beide Kennziffern sind für alle wichtigen Unternehmen jede Woche im Kursteil von €uro am Sonntag zu finden.

Im DAX bewegt sich neben Beiersdorf auch Vonovia auffallend ruhig. Der Immobilienkonzern aus Bochum besitzt und verwaltet rund 355.000 Wohnungen in Deutschland. Wie jeder Vermieter kassiert das Unternehmen regel­mäßig Geld. Im vergangenen Jahr verbuchte Vonovia knapp 1,7 Milliarden Euro an Mieteinnahmen. Das macht das Geschäft für Anleger berechenbar.

Relative Ruhe strahlt auch die Aktie der Deutschen Telekom aus. Der ehemalige Staatskonzern wächst besonders stark über seine amerikanische Mobilfunktochter. Im Kerngeschäft bieten die Rheinländer Telefon, Mobilfunk oder auch Fernsehempfang an. Das sind Leistungen, auf die Kunden ungern verzichten - unabhängig von der Wirtschaftslage oder auch dem Wetter.

Investor-Info

DAX-Favoriten
Low Beta mit Dividende

Seit März 2009 steigen die Aktienkurse ohne größere Krisen. Noch gibt es keine akuten Alarmsignale, die Rally läuft nach historischen Maßstäben aber bereits sehr lang. Aktien mit einem niedrigen Beta bieten weiter Kurspotenzial, aber auch relative Sicherheit, falls es an den Märkten stürmisch werden sollte. Im DAX weisen unter anderem Beiersdorf, Vonovia und Deutsche Telekom Beta-Werte kleiner als 1 auf. Bei den beiden Letzteren gibt es zusätzlich eine hohe Dividendenrendite.

SPDR S & P 500 Low Volatility
Das ruhige Amerika

Wer die besonderen Risiken einzelner Aktien scheut, kann Strategien auch mit ETFs umsetzen. Der Spezialindex SPDR S & P 500 Low ­Volatility wählt aus den Werten des amerikanischen S & P 500 jene 100 aus, deren Kurse über einen Zeitraum von 252 Handelstagen nicht so stark ausgeschlagen haben. Am höchsten gewichtet waren zuletzt Versorger und Finanzwerte. Anleger können über einen ETF von State Street investieren.

ishares MSCI World Min. Vol.
Globale Ruhepole

Weltweit in Aktien mit niedriger Volatilität investieren können Anleger mit einem ETF des Anbieters iShares auf den MSCI World Minimum Volatility. Für diesen Index werden aus dem globalen Aktienmarkt 340 Einzelwerte ausgewählt. Am stärksten gewichtet waren zuletzt die Branchen Gesundheit, IT und nichtzyklische Konsumgüter.




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Bildquellen: Dima Sobko / Shutterstock.com, VisualVest

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10.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) BuyGoldman Sachs Group Inc.
09.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
06.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
DatumRatingAnalyst
16.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) BuyGoldman Sachs Group Inc.
10.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) OverweightJP Morgan Chase & Co.
10.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) BuyGoldman Sachs Group Inc.
09.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
06.12.2024Vonovia SE (ex Deutsche Annington) BuyJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
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05.05.2023Vonovia SE (ex Deutsche Annington) HoldDeutsche Bank AG
27.04.2023Vonovia SE (ex Deutsche Annington) HoldDeutsche Bank AG
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