Branche im Umbruch: Cannabis-ETFs profitieren von Gesetzesänderungen
Das Geschäft mit Cannabis-ETFs boomt. Aufgrund von Gesetzeslockerungen können Cannabisunternehmen ihr Geschäft ankurbeln, was sich auch auf den Handel mit den Fonds auswirkt, die diese Firmen abbilden. Ein Experte warnt nun aber vor Risiken für Privatanleger.
Werte in diesem Artikel
• Gerichtsentscheidung begünstigt CBD-Produkte
• Zu hohe Konzentration in Cannabis-ETFs
• Landesspezifische Abweichungen erschweren Handel
Die Nachfrage nach Cannabis-Aktien steigt. Nicht nur sind Einzelwerte von Branchengrößen wie Canopy Growth und Aphria gefragt, auch das Geschäft um Fonds, die Hersteller und Produzenten von Cannabis abbilden, ist beliebter denn je, wie die Financial Times berichtet. Zahlreiche Gesetzeslockerungen und -entwürfe könnten der Branche zugutekommen - und damit auch den ETF-Markt antreiben.
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Europäischer Gerichtshof urteilt: CBD ist kein Suchtstoff
So entschied der Europäische Gerichtshof etwa im November 2020, dass Cannabidiol nicht als Droge zu werten sei. Das Mittel, das vor allem über seine Kurzform CBD vermarktet wird und neben Liquids für E-Zigaretten mittlerweile auch einigen Lebensmitteln zugesetzt wird, ist ein Extrakt aus der Cannabispflanze, dem medizinische Wirkungen zugeschrieben werden. "Die Bestimmungen über den freien Warenverkehr innerhalb der Union (Art. 34 und 36 AEUV) sind [...] anwendbar, denn das im Ausgangsverfahren in Rede stehende CBD kann nicht als "Suchtstoff" angesehen werden", schreibt das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Union dazu. "Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass sich Personen, die Suchtstoffe vermarkten, nicht auf die Anwendung der Verkehrsfreiheiten berufen können, da eine solche Vermarktung, mit Ausnahme eines streng überwachten Handels, der der Verwendung für medizinische und wissenschaftliche Zwecke dient, in allen Mitgliedstaaten verboten ist." Zuvor hatte ein französisches Gericht zwei Unternehmer zu Freiheits- und Geldstrafen verurteilt, weil sie in Frankreich CBD-Liquids für E-Zigaretten verkauft hatten, die aus Tschechien importiert wurden.
Gesetzesentwurf könnte Cannabisbranche zugutekommen
Nur einen Monat später entfernte die Suchtstoffkommission der USA medizinisches Cannabis von einer Liste gefährlicher Drogen, nachdem die Weltgesundheitsorganisation eine Neubewertung empfahl, so die Financial Times weiter. Im März kündigte der US-Bundesstaat New York dann an, Marihuana neben dem medizinischen Gebrauch auch für den Freizeitgebrauch zuzulassen. So sollen erwachsene New Yorker bis zu 85 Gramm Cannabis besitzen dürfen, wie die ZEIT berichtet.
Mit dem im April verabschiedeten "US Secure and Fair Enforcement Banking Act" können Cannabis-Unternehmen in den USA nun auf weitere Unterstützung hoffen. Der Gesetzesentwurf soll es Banken leichter machen, legale Cannabisunternehmen in den USA finanziell zu unterstützen. Sollte das Gesetz in Kraft treten, könnte die Branche maßgeblich ausgebaut werden. Dabei sei nicht die Frage ob Lockerungen umgesetzt werden, sondern wann, glaubt Dylan Kennett von der Londoner Anwaltskanzlei DLA Piper. "Letztendlich ist die eigentliche Frage, ob eine bundesweite Legalisierung in den USA unter dieser Regierung stattfindet", zitiert die Financial Times den Senior-Partner des Unternehmens.
Probleme mit Cannabis-ETFs: Zu viel Kapital auf zu wenige Firmen
Die Folgen der Gesetzeslockerungen scheinen am Kapitalmarkt ersichtlich zu werden: Senior-Fondsanalyst Kenneth Lamont von Morningstar erkennt eine steigende Nachfrage nach Fonds, die Cannabis-Unternehmen abbilden. "Die Leute nutzen diese Produkte im Grunde, um auf die regulatorischen Entscheidungen der Regierung zu setzen", zitiert die Zeitung den Experten. Zu einer problematischen Entwicklung könnte allerdings führen, dass immer mehr Geld in die ETFs gesteckt wird, sich das Kapital aber auf zu wenige Firmen erstreckt. "Die Liquidität, die die ETF-Struktur verspricht, bedeutet, dass Anlagen aus einer Laune heraus herausgezogen werden können", so Lamont. "Sollte einer dieser ETFs große Abflüsse erleiden, könnte er Schwierigkeiten haben, Käufer für große Bestände an kleinen Unternehmen zu finden." Um dieser Konzentration entgegenzuwirken, stockte etwa der HANetf Medical Cannabis and Wellness ETF die Anzahl seiner enthaltenen Unternehmen kürzlich von 19 auf 34 auf. Erst seit Januar 2020 wird der Fonds gehandelt, zum Start waren sogar nur 16 Werte enthalten, wie die Financial Times schreibt.
Landesspezifische Abweichungen verkomplizieren gesetzliche Lage
Seit Februar 2020 ist auch der Rize Medical Cannabis and Life Sciences Ucits ETF im Handel verfügbar. Der Cannabis-Fonds von Rize ETF kann neben der London Stock Exchange auch im XETRA-Handel sowie an der Schweizer SIX erstanden werden. "Es war nicht das einfachste Produkt zu konstruieren", erklärt Rahul Bhushan, einer der vier Mitgründer der Unternehmens, gegenüber der Financial Times. So ist es in einigen Ländern nur erlaubt, in Cannabis-Unternehmen zu investieren, wenn ihr Geschäft in ihrem Heimatland legal ist. In Großbritannien unterscheidet sich die Gesetzgebung aber, wie das Blatt berichtet. So müssen die Geschäftsaktivitäten ausländischer Cannabishersteller auch in Großbritannien erlaubt sein, damit britische Anleger in diese investieren können. Bereits vier Jahre bevor der Cannabis-ETF von Rize lanciert wurde, arbeiteten Bhushan und sein Team bereits an der Vorbereitung des Fonds. So habe sich der Mitgründer bereits früh von den möglichen Erträgen der Branche überzeugt gezeigt, die mit dem Öffnen der Unternehmen für Anleger erreicht werden können.
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Experte rät von Einstieg ab - zunächst
Dennoch seien die Risiken, die mit dem ETF-Handel einhergehen, nicht zu unterschätzen. So entfernte HANetf etwa alle Anteile von Namaste Technologies, nachdem bekannt wurde, dass der E-Commerce-Anbieter für Cannabisunternehmen zu 49 Prozent in ein Unternehmen investiert ist, das cannabishaltige Schokoriegel und Getränkemischungen herstellt. Da diese Geschäftspraktiken in einigen Ländern gegen das Gesetz verstoßen, wäre auch der Handel mit dem ETF dort illegal gewesen.
Aufgrund der Regulations- und Liquiditätsrisiken empfiehlt Lamont Privatanlegern derzeit keinen Einstieg in Cannabis-ETFs - auch wenn diese sicherlich als Zielgruppe der Anlageprodukte gelten. "Der potenzielle Markt ist global gesehen eindeutig enorm", fasst er zusammen. "Aus Sicht von Privatanlegern muss man aber betonen, dass es sich um eine riskante Investition handelt."
Redaktion finanzen.net
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