Jim Cramer als Kontraindikator: Neuer ETF will gegen US-Börsenkenner wetten - mit guten Erfolgsaussichten
CNBC-Moderator Jim Cramer kann eine beeindruckende Karriere im Finanzbereich vorweisen. Nach Stationen bei der Investmentbank Goldman Sachs und als Manager seines eigenen Hedgefonds, gibt er nun den Zuschauern seiner Sendung "Mad Money" regelmäßig Anlagetipps, die auch international Beachtung finden. Allerdings ist seine Bilanz dabei nicht gerade makellos - was sich nun ein ETF zunutze machen will.
Werte in diesem Artikel
• US-Moderator Jim Cramer gibt im TV und bei Twitter regelmäßig Investmenttipps
• In sozialen Netzwerken wird Cramer schon länger als Kontraindikator gehandelt
• Tuttle Capital Management reichte Antrag für Inverse Cramer ETF bei SEC ein
"Meine Mission ist einfach: Ihnen Geld zu verschaffen. Ich bin hier, um für gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Investoren zu sorgen. Irgendwo gibt es immer einen Bullenmarkt und ich verspreche Ihnen, ihn zu finden", sagt Jim Cramer im Intro zu seiner CNBC-Sendung "Mad Money", in der er regelmäßig Anlageempfehlungen gibt. Doch auch, wenn seine Mission - laut seinen Worten - einfach klingen mag, ist sie es offenbar nicht. Denn Investoren, die seinen Tipps gefolgt sind, haben in mehr als einem Fall kräftig danebengegriffen. Erst im Oktober 2022 entschuldigte sich Cramer beispielsweise auf "CNBC" mit belegter Stimme dafür, die Aktie der Facebook-Mutter Meta vor der Bilanzvorlage zum Kauf empfohlen zu haben. Denn die Quartalszahlen fielen viel schlechter aus als erwartet, die Meta-Aktie brach in der Folge um rund 25 Prozent ein. Anleger, die Cramers Ratschlag befolgt hatten, verloren somit eine Menge Geld. "Ich habe hier einen Fehler gemacht. Ich habe mich geirrt [...] und ich entschuldige mich dafür", so Cramer anschließend bei "CNBC". Doch seine Kritiker weisen darauf hin, dass dies bei weitem nicht die einzige Fehleinschätzung des Börsenmoderators war.
Cramer Empfehlungen ziehen Spott in sozialen Netzwerken auf sich
Auf Twitter und Reddit haben es sich verschiedene Nutzer zur Aufgabe gemacht, die Anlageempfehlungen von Jim Cramer zu verfolgen und zu beweisen, dass er in den meisten Fällen falsch liegt. So gibt es etwa seit mehr als einem Jahr den Twitter-Account @CramerTracker, der laut eigener Beschreibung "die Aktienempfehlungen von Jim Cramer [verfolgt], damit Sie das Gegenteil tun können". Dafür nutzt der Account unter anderem Tweets von Cramer und kommentiert diese ironisch - oder zeigt einige Zeit nach einer Empfehlung von Cramer auf, wie sehr dieser sich geirrt hat. So etwa bei der Disney-Aktie, die Cramer im November 2022 bei einem Stand von rund 98 US-Dollar zum Kauf empfahl. Dieses Niveau sei nichts im Vergleich zu den Höhen, in die das Papier noch steigen werde, so der CNBC-Moderator. Zwar ging es für die Disney-Aktie dann in den kommenden Tagen tatsächlich noch etwas höher auf mehr als 106 US-Dollar - danach folgte allerdings die Ernüchterung: Es ging deutlich abwärts. Auch aktuell ist eine Disney-Aktie nur 96,32 US-Dollar wert und liegt somit immer noch rund zwei Prozent unter dem vom Cramer empfohlenen Einstiegskurs (Stand: Schlusskurs vom 11. Januar 2023).
Incredible pic.twitter.com/qr1bumxQrf
- Inverse Cramer ETF (Not Jim Cramer) (@CramerTracker) December 20, 2022
Auch für den S&P 500 prognostizierte Cramer im November 2022 eine Dezember-Rally. Aus dieser ist jedoch nichts geworden, wie der Twitter-Account süffisant aufzeigt. Tatsächlich hat der breite US-Index im letzten Monat des Börsenjahres 2022 rund 5,9 Prozent an Wert verloren. Entsprechend fallen auch die Wünsche von @CramerTracker für seine Follower zum neuen Jahr wenig überraschend aus: "Ein frohes neues Jahr euch allen, ich hoffe, Jim ist für eure Portfolios 2023 bearish eingestellt!"
Happy New Year to all, I hope Jim is bearish on your portfolios in 2023!
- Inverse Cramer ETF (Not Jim Cramer) (@CramerTracker) December 31, 2022
Doch während die Follower von Twitter-Accounts wie diesem noch jeden Trade selbst nachvollziehen müssen, wenn sie gegen die Empfehlungen von Jim Cramer wetten wollen, geht eine Investmentgesellschaft nun noch einen Schritt weiter: Denn Tuttle Capital Management hat im Oktober 2022 bei der US-Börsenaufsicht SEC einen Antrag für einen Inverse Cramer ETF (SJIM) eingereicht.
Neuer ETF will konträr zum Börsenkenner investieren
Bei dem ETF handelt es sich - trotz des Namens - allerdings eher um einen aktiv gemanagten Fonds. Dieser solle "unter normalen Umständen [...] mindestens 80 Prozent der Anlagen des Fonds in die Umkehrung der von Cramer genannten Wertpapiere" investieren, wie es in dem bei der SEC eingereichten Dokument heißt. "Der Berater des Fonds überwacht Cramers Aktienauswahl und allgemeine Marktempfehlungen während des gesamten Handelstages, wie öffentlich auf Twitter oder seinen auf CNBC ausgestrahlten Fernsehprogrammen bekanntgegeben, und verkauft diese Empfehlungen leer oder geht Derivatgeschäfte wie Futures, Optionen oder Swaps ein, die eine negative Korrelation gegenüber diesen Empfehlungen erzielen. Der Fonds geht long in Aktien oder ETFs, die Sektoren repräsentieren, denen Cramer negativ gegenübersteht", heißt es weiter. Insgesamt soll das Portfolio des Inverse Cramer ETF aus 20 bis 25 gleichgewichteten Positionen bestehen. Marktkapitalisierung und Heimatbörse sollen dabei keine Rolle spielen.
Der Inverse Cramer ETF, bei dem die Zulassung bislang offenbar noch aussteht, wäre nicht das erste Finanzprodukt von Tuttle Capital, dass sich explizit gegen ein bekanntes Gesicht aus der Investmentwelt positioniert. Bereits Ende 2021 brachte die Investmentgesellschaft mit dem Tuttle Capital Short Innovation ETF (SARK) ein Produkt auf den Markt, dass die Positionen des ARK Innovation ETF von Cathie Wood shortet. Diese hatte mit ihrer Strategie vor allem 2020 und Anfang 2021 erstaunliche Erfolge erzielt, die ihr sogar einen Vergleich mit Warren Buffett einbrachten. Im Verlauf des Jahres 2021 wendete sich das Blatt jedoch und die Strategie der Investorin ging nicht mehr so richtig auf - umso besser lief jedoch der Tuttle Capital Short Innovation ETF. Während der ETF von Cathie Woods Investmentgesellschaft ARK Invest im Jahr 2022 rund 67 Prozent an Wert verlor, legte der Tuttle Capital ETF um rund 47 Prozent zu.
Ob der Investmentgesellschaft mit dem Inverse Cramer ETF ein ähnlicher Erfolg gelingt, muss sich freilich erst noch zeigen. Die Vorzeichen stehen jedoch nicht schlecht. Laut "The White Coat Investor" gibt es auf der Index-Berechnungsplattform Index One bereits seit längerem einen hypothetischen Inverse Cramer ETF, basierend auf den Tweets des bereits genannten Twitter-Accounts @CramerTracker. Dieser konnte in den letzten zwölf Monaten mit einem Performanceplus von 28,78 Prozent aufwarten (Stand: Schlusskurse vom 11. Januar 2023). Dem Inverse Cramer ETF von Tuttle Capital Management sind also durchaus gute Chancen zuzurechnen - sofern die Erfolgsquote von Jim Cramer weiterhin eher schwach bleibt. Sollte der Börsenmoderator jedoch 2023 mit seinen Investmenttipps plötzlich eine bessere Trefferquote erzielen, hat Tuttle Capital allerdings auch schon ein Produkt in der Hinterhand: Gemeinsam mit dem Antrag für den Inverse Cramer ETF reichte die Investmentgesellschaft bei der SEC nämlich auch einen Antrag für einen Long Cramer ETF (LJIM) ein, der den Empfehlungen von Jim Cramer folgen soll.
Redaktion finanzen.net
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