Prof. Otte-Kolumne Max Otte

Schöne neue Welt ohne Bargeld - eine Horrorvision wird langsam Realität

23.02.15 09:43 Uhr

Schöne neue Welt ohne Bargeld - eine Horrorvision wird langsam Realität | finanzen.net

Im letzten Jahr hielt der bekannte amerikanische Ökonom Kenneth Rogoff am ifo Institut in München einen Vortrag, in dem er auch die Abschaffung des Bargeldes vorschlug und die Vorteile einer bargeldlosen Wirtschaft anpries.

Bargeld, so Rogoff, würde die Kriminalität begünstigen. Ohne Bargeld könne man Kriminalität wesentlich besser bekämpfen. Auch Negativzinsen könnten besser durchgesetzt werden. "Papiergeld ist das entscheidende Hindernis, die Zinsen weiter zu senken", so der bekannte Krisenökonom.

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In Skandinavien ist der bargeldlose Zahlungsverkehr weitaus verbreiteter als in Deutschland. Das Gründungsmitglied der Gruppe ABBA, Björn Ulaveus, rief nach einem Selbstversuch ohne Bargeld die Schweden dazu auf, ebenfalls auf Bargeld zu verzichten. Pikantes Detail - das ABBA-Museum in Stockholm akzeptiert nur noch Kartenzahlungen. Und der Hauptsponsor des ABBA-Museums heißt Mastercard.

Was so als schöne neue bequeme Welt ohne Kriminalität daherkommt, erweist sich bei näherem Hinsehen als Schreckensvision der totalen Überwachung. Ohne Bargeld sind wir restlos manipulierbar und steuerbar. Stellen Sie sich vor, Sie hätten sich politisch unbeliebt gemacht: kein Problem, Ihr Konto wird gesperrt. Oder man sperrt Ihnen nur einige wenige Ausgaben. Alkoholikern könnte man an der Kasse einfach den Kauf von Alkohol verbieten. Das klingt gut, aber genauso könnten Sie jedem anderen an jeder Stelle den Kauf jeder beliebigen Ware verbieten.

Die bargeldlose Welt macht es auch viel einfacher, Steuern und Zwangsabgaben zu erheben. Die Bürger können sich dann gar nicht mehr gegen die Selbstbedienung der Politikerkaste wehren. Eine neue Steuer wird eingeführt und im selben Moment auch schon einkassiert.

Es geht aber noch weiter: wenn Bargeld als legales Zahlungsmittel abgeschafft oder in Randzonen verdrängt wurde, ist die Preistransparenz weitgehend Makulatur. Jeder Großkonzern oder jede Gruppe von Konzernen kann sich dann für die eigenen Waren eigene Maßeinheiten oder Bezeichnungen zulegen.

Es wird dann sehr schwer, Preise zwischen den verschiedenen Waren, sagen wir Kaffee von Nestlé, Jacobs und Unilever, zu vergleichen, weil es keinen echten Markt zwischen diesen Waren mehr gibt. Da man auch schwer von einer Konzernwelt in die andere wechseln kann, ohne erworbene Vorteile oder Rabatte aufzugeben, fehlt die Vergleichbarkeit bald völlig. Mehr und mehr werden dann die Menschen "Eigentum" einer oder mehrerer Konzerngruppen, wie es sich jetzt bei den Bonuskarten schon abzeichnet.

Das auch weitergehende Schreckensvisionen bald zur Wirklichkeit werden könnten, ist nicht ganz unrealistisch. Volkszeitungen wie die BILD berichten bereits - und das überwiegend positiv über menschliche Chip-Implantate. In Holland haben sich vor einigen Monaten bereits Menschen experimentell Bezahlchips mit der NFC (near fiel communications) -Strategy implantieren lassen. Noch ist es nicht so weit: immer wieder kursierten in den letzten Monaten Gerüchte, dass Obama oder auch die EU für ihre jeweiligen Hoheitsgebiete den persönlichen Chip verpflichtend machen wollen. Soweit ist es nicht, und es gibt derzeit keine bekannten Pläne in dieser Richtung. Aber denkbar ist es, wenn es auch für jeden normal denkenden Bürger eine Horrorvision sein sollte.

Lassen wir es nicht soweit kommen!

Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.