Krypto-Kolumne Gerd Weger

Bitcoin: Alternativlos

02.04.20 14:36 Uhr

Bitcoin: Alternativlos | finanzen.net

Der Bitcoin kann sich nicht mit dem drohenden Inflationsvirus infizieren. Unser Geld schon. Bald könnte diese Sichtweise im Mainstream ankommen. Der Bitcoin ist bei Währungen alternativlos.

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Alternativlos hätte gute Chancen auf das Unwort des Jahres, wäre es das nicht bereits 2010 gewesen. Das Wort, das Bundeskanzlerin Angela Merkel 2010 im Zusammenhang mit den Griechenland-Hilfen verwendete, wird nun teilweise in der Coronakrise wiederbelebt. Dabei geht es zunächst um den Schutz der Menschen. Es kommt nun aber verstärkt zu Diskussionen, wie dieser gewährleistet werden könnte, ohne die Wirtschaft zu lange abzuwürgen. Je nach Dauer von Corona-Krise und Shutdown werden die Wirtschaft und im Gefolge auch die Börsenkurse beschädigt. Vergleicht man die derzeitige Krise mit denen der vergangenen 20 Jahre, so könnten die Aktienkurse im negativen Fall durchaus noch 30 bis 50 Prozent einbrechen. Andererseits hat man vergangene Woche gesehen, dass die Preise sehr schnell in die andere Richtung drehen können.

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Der Bitcoin als Krisenschutz

Der Bitcoin sollte eigentlich von diesen Szenarien nicht negativ betroffen sein. Sein Pech ist derzeit, dass er kurzfristig von der Flucht der Anleger aus allen Risiko-Assets betroffen ist. Das Gold brach bei der Finanzkrise 2008 auch erst einmal ein, bevor es dann einen parabolischen Aufstieg erlebte. Auch der Bitcoin könnte zunächst noch weiter von der Entwicklung an den Aktienbörsen negativ tangiert werden, obwohl es bereits erste Anzeichen einer Abkoppelung gegeben hatte. Bereits auf mittlere Sicht profitiert der Bitcoin aber von der aufkommenden weltweiten Diskussion über die Geldwertstabilität. Mit Riesenbeträgen versuchen die Regierungen, die Einkommensausfälle der Bevölkerung zu kompensieren und die Unternehmen überlebensfähig zu halten. Die Inflationsgefahr wird umso größer, je länger der wirtschaftliche Stillstand anhalten wird. Denn den aus dem Hut gezauberten Beträgen stehen vielfach keine produktiven Leistungen gegenüber. Das sollte man nicht aus den Augen verlieren, auch wenn die Maßnahmen derzeit alternativlos erscheinen oder zumindest so dargestellt werden.

Anleger müssen sich auf die Folgen der Geldschwemme einstellen, denn die Ersparnisse verlieren sukzessive an Wert. Auch traditionelle Anleger sollten sich deshalb mit dem Bitcoin als Anlagemöglichkeit vertraut machen. Bei der Finanzkrise 2008 existierte der Bitcoin noch nicht. Schon länger sehen Analysten die Möglichkeit eines perfekten Sturms für den Bitcoin aufgrund der weltweiten Schuldenproblematik. Leider erhöht sich nun die Wahrscheinlichkeit dafür durch die jüngsten Entwicklungen enorm. Artikel, wie Anleger ihr Geld retten können, haben in den Medien Konjunktur. Dies dürfte sich noch verstärken. Auch der Bitcoin wird nun bereits in den Mainstream-Medien als Alternative vorgestellt. In der letzten Ausgabe der "Welt am Sonntag" wurden sechs Anlagealternativen in Zeiten der Geldschwemme genannt: Neben drei Aktien- und einem Immobilienprodukt auch Xetra-Gold und ein Bitcoin-Zertifikat von Vontobel. Damit wird der Bitcoin nun auch traditionellen Anlegern als Produkt für die Krisen-Zeit nahegebracht. Das Bitcoin-Zertifikat ist für alle Anleger mit einem Wertpapierdepot zwar problemlos zu kaufen. Es hat aber einen Nachteil: Es profitiert nicht von der Steuerfreiheit, wenn der Anleger nach mehr als einem Jahr verkauft. Vielmehr wird wie bei allen Finanzprodukten die Abgeltungssteuer fällig. Deswegen sollte der Anleger den Bitcoin direkt erwerben und nicht ein Derivat darauf. Dazu muss er kein Konto an einer ausländischen Kryptobörse eröffnen. Vielmehr gibt es seit dem vergangenen Jahr auch Alternativen in Deutschland. So kann er über die BISON App und die BSDEX den Bitcoin direkt erwerben. Hinter beiden steht die Stuttgarter Börse. Auch über das Berliner Unternehmen Bitwala ist das möglich. Dieses bietet ein Bankkonto mit integriertem Bitcoin-Handel an.

Im Bereich der Währungen ist der Bitcoin mit seinem eingebauten Inflationsschutz alternativlos. Diese Stärke wird er längerfristig ausspielen. Das mit Abstand beste Investment des vergangenen Jahrzehnts könnte diesen Titel auch im gerade begonnenen neuen Jahrzehnt erneut erringen. Anleger sollten diese langfristigen Perspektiven im Auge behalten und nicht bei kurzfristigen Rücksetzern von der Strategie abweichen. Im Gegensatz zum S&P 500 bewegt sich der Bitcoin weiter über der 200-Wochenlinie, was als wichtiger Indikator für einen anhaltenden Aufwärtstrend gilt. Die Gefahr besteht durchaus, dass er noch darunter taucht und so scheinbar den langfristigen Aufwärtstrend bricht. Deswegen gibt es bei den Kryptoanlegern ähnlich wie an den Aktienmärkten die Diskussion, ob man nicht alles verkaufen sollte, um es später wieder billiger zurückzukaufen. Bei Aktien könnte diese Strategie mehr Sinn machen als beim Bitcoin. Denn dieser hat in der Vergangenheit schon oft sehr abrupte Richtungswechsel gezeigt. Das Entscheidende ist aber, dass er von der Krise eigentlich gar nicht negativ betroffen sein dürfte. Vielmehr sollte diese seinen Wert deutlich stärken. Dagegen ist bei Aktien in nächster Zeit eigentlich kein positiver Newsflow denkbar. Deswegen sollte es nur eine Frage der Zeit sein, wann der Bitcoin aus seiner Sippenhaft als Risiko-Asset entlassen wird. Bereits in ein oder zwei Jahren könnte man bei einem Vergleich der Renditen der verschiedenen Anlageklassen in Bezug auf den Bitcoin konstatieren: Konkurrenzlos.

Kurzfristige Betrachtungen

Kurzfristige Prognosen sind in der derzeitigen Lage noch schwieriger als sonst. Trotzdem zum Abschluss noch ein kurzer Blick auf den Bitcoin-Jahreschart unten. Zuletzt hat der Bitcoin mehrmals Ansätze für eine Abkoppelung von den Aktienmärkten gezeigt, es aber noch nicht geschafft. Bei der sich zuspitzenden Lage in den USA könnte es durchaus zu neuen Panikattacken an der Wall Street kommen, auch wenn die Aktienkurse heute im Plus liegen. Bleibt ein neuerlicher Aktieneinbruch aus, könnte der Bitcoin nun den Widerstand bei 7.000 Dollar brechen nach zweimaligem Anlauf in den vergangenen zwei Wochen. Dies könnte dann zu einem schnellen Run nach oben führen. Bei einem neuerlichen Einbruch der Aktienbörsen würde er zwar auch negativ betroffen, dürfte nun aber resistenter sein. Bald wird es noch zusätzlich spannend, denn bereits in wenigen Wochen steht im Mai das lang erwartete Bitcoin-Halving an. Wegen des Chaos der vergangenen Wochen könnten sich die Auswirkungen des Events kurzfristig zwar in Grenzen halten. Spätestens ab dem zweiten Halbjahr könnte der Preis aber in einen kräftigen Aufwärtstrend schwenken.

Gerd Weger schreibt seit 35 Jahren für verschiedene Publikationen Artikel zu Aktien und Derivaten. Dabei ging es meist um spekulative Anlagen in Wachstumsaktien und Optionsscheinen. Seit zwei Jahren liegt der Fokus auf dem Markt für Kryptowährungen. Seit April 2018 führt er ein Krypto-Musterdepot bei coin-stars.de und schreibt dazu regelmäßig einen Artikel in „€uro am Sonntag“. Das Musterdepot hat sowohl den Bitcoin wie auch alle Kryptoindizes weit outperformt. Am 1. Juni 2019 ist ein Realdepot auf verschiedene Kryptowährungen gestartet. Dieses wird auf der BISON App geführt. Das Musterdepot wird publizistisch begleitet im Magazin „Börse Online“ und auf boerse-online.de.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: coin-stars