Euro am Sonntag-Spezial

Türkei: Eine harte Nuss

22.03.17 17:30 Uhr

Türkei: Eine harte Nuss | finanzen.net

Die angespannte politische Lage hat den wirtschaftlichen Boom stark gedämpft. Nur risikobereite Anleger greifen dort jetzt zu.

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von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Die wütenden Angriffe gegen Deutschland und die Niederlande von Recep Tayyip Erdogan beherrschen derzeit die Schlagzeilen. In den Hintergrund der Debatte rückt dabei die ökonomische Lage in der Türkei. Jahrelang boomte dort die Wirtschaft. Der Aufschwung hat sich aber abgeschwächt. Grund sind die politischen Turbulenzen und die prekäre Sicherheitslage durch den Krieg gegen die Kurden sowie die häufigen Terror­anschläge.

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Das lässt ausländische Investoren zurückhaltend werden. Deren Investitionen gingen 2016 um fast ein Drittel zurück. Im selben Verhältnis reduzierte sich die Touristenzahl. Da die Reisebranche einer der wichtigsten Sektoren in der Türkei ist, trifft das die Wirtschaft hart.

Das BIP dürfte 2017 wohl nur um 2,7 Prozent zulegen. Für die Türkei ist das ein geringes Plus. Jahrelang war die Wirtschaft viel stärker gewachsen. Die Arbeitslosigkeit ist derweil kräftig gestiegen, die Quote liegt bei gut zwölf Prozent. Abgesehen von der darbenden Reiseindustrie ist dafür Erdogan selbst verantwortlich: Hunderttausende verloren ihre Arbeit in Behörden, Medien, Schulen und Universitäten, weil sie ihm politisch nicht genehm sind. Die höhere Arbeitslosigkeit drückt, neben der auf acht Prozent gekletterten Inflation, die Konsumlaune.

Noch viele positive Faktoren

Es gibt aber auch erfreuliche Daten. Die Leistungsbilanz ist dank des jüngst gefallen Ölpreises nur in Maßen negativ. Das Haushaltsdefizit ist gering. Zudem nähert sich das Land politisch wieder Russland und Israel an, wodurch die fehlenden Touristen aus Deutschland zum Teil kompensiert werden können. Auch in den Top-Sektoren Textil, Fahrzeugbau und Agrarwirtschaft läuft es prächtig. Vor allem in den USA verkaufen die Türken wegen günstiger Wechselkursrelationen viel Kleidung.

Das dürften neben der globalen Hausse die Gründe dafür sein, dass der Istanbuler Leitindex BIST 30 seit Dezember um 22 Prozent zugelegt hat. Die Benchmark ist zwar mit einem 2017er-KGV von 9,1 noch leicht unter dem langjährigen Schnitt bewertet, dennoch sollten Anleger angesichts der unsicheren ökonomischen und politischen Situation nach der Klettertour besser die Finger davon lassen.

Die Türkische Lira ist dagegen in den letzten zwölf Monaten kräftig gefallen. Unklar ist, ob die Talsohle erreicht ist. Entscheidend dürfte sein, ob Erdo­gan das Verfassungsreferendum Mitte April gewinnt. Siegt er, dürften Anleger das als Ende der Unsicherheit interpretieren, was die Lira stärken sollte. Verliert er, ist nach Ansicht vieler Beobachter zu erwarten, dass das Referendum wiederholt wird. Die Verlängerung der Unsicherheitsphase könnte der Lira weiter zusetzen.

Vorsichtige Investoren sollten daher abwarten. Mutige können mit dem Türkische-Lira-Zinszertifikat der Commerzbank (ISIN: DE 000 CB1 TRY 6) mit geringen Beträgen einsteigen. Das Papier offeriert 10,4 Prozent Zins per annum, der bei einem Verlust der Lira zum Euro als Puffer wirkt. Steigt die Lira, profitieren Käufer zweifach: durch Devisen­gewinn und Zins. Die Gebühr beträgt 0,5 Prozent im Jahr.

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