Kryptowährungs-Experten: Stablecoins könnten von dem Silvergate-Aus profitieren
Anfang März hat die kryptofreundliche US-Bank Silvergate von Problemen berichtet und die Vorlage ihres Jahresabschlusses verschoben. Rund eine Woche später gab sie bekannt, dass der Betrieb vollständig eingestellt wird. In der Kryptowelt sorgte dies für ein Beben, da Silvergate von vielen Akteuren genutzt wurde, um US-Dollar an Kryptobörsen zu transferieren. Laut den Krypto-Experten von Kaiko könnten nun zunehmend Stablecoins die entstandene Lücke füllen.
Werte in diesem Artikel
• Durch Aus von Silvergate fällt wichtige Zahlungsschiene in der Kryptoindustrie weg
• Stablecoins könnten zunehmend Brücke zwischen Fiat-Währung und Kryptos darstellen
• Chance auch für europäische Finanzdienstleister?
Die Silvergate Bank galt als größte kryptofreundliche Bank in den USA. Laut "BeInCrypto" stammten zuletzt rund 90 Prozent ihrer Einlagen aus der Kryptoindustrie, denn Silvergate stellte als eines von nur sehr wenigen Instituten eine wichtige Schnittstelle für die Kryptowelt bereit. Um Bitcoin und andere Kryptowährungen zu kaufen und zu handeln, müssen Anleger notgedrungen an einem Punkt mit dem traditionellen Bankensystem interagieren, um Fiat-Währungen einzuzahlen. Viele institutionelle Anleger und Digital-Asset-Firmen nutzten dafür die Plattform "Silvergate Exchange Network" (SEN), ein Instant-Payment-Netzwerk, mit dem Börsen, Investoren und Market Maker ohne Zeitverzögerung und rund um die Uhr große Summen in US-Dollar bewegen konnten. SEN diente somit als wichtige Anlaufstelle, um US-Dollar an Kryptobörsen zu transferieren oder Überweisungen zwischen Kryptofirmen zu tätigen. Ende 2022 zählte Silvergate laut "MarketWatch" 894 institutionelle Investoren und 94 Kryptobörsen zu seinen Kunden, darunter auch Binance.US und Coinbase. Im Gesamtjahr 2022 wurden laut der Nachrichtenseite 563 Milliarden US-Dollar über SEN abgewickelt.
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Als Silvergate Anfang März jedoch bekannt gab, dass die Silvergate Bank bald "weniger als gut kapitalisiert" sein könnte, eine Fortführung des Geschäfts fraglich sei und die Vorlage des Jahresabschlusses verschob, wurde kurz darauf auch die SEN-Plattform abgeschaltet. Rund eine Woche später teilte die Kryptobank mit, dass sie ihren Betrieb komplett einstellt und eine geordnete Abwicklung einleitet.
Viele große Partner hatten laut dem Digital-Asset-Datenanbieter Kaiko schon bei den ersten Hinweisen auf Probleme bei der Kryptobank die Zahlungsabwicklung über Silvergate gestoppt. Da mit Silvergate und vor allem SEN nun eine der "wenigen Fiat-Zahlungsschienen in der Kryptoindustrie" weggefallen sei, könne die Liquidität des Sektors darunter leiden, schreiben die Krypto-Experten von Kaiko auf ihrer Website. "Insbesondere wird es schwieriger, Fiat-Kapital schnell über Börsen einzusetzen, da die Signature Bank jetzt eine der einzigen Bankalternativen ist", heißt es dort weiter - jedoch wurde auch diese inzwischen von der US-Finanzaufsicht geschlossen. Das Aus von Silvergate - und nun auch der Signature Bank - könnte nun allerdings auch eine ohnehin schon bestehende Entwicklung beschleunigen und Stablecoins stärker ins Rampenlicht rücken.
Bedeutung von Stablecoins beim Krypto-Trading dürfte weiter zunehmen
"Mit dem Tod von SEN werden Stablecoins unter Händlern wahrscheinlich noch allgegenwärtiger werden", glauben die Experten des Krypto-Datenanbieters. Denn Stablecoins seien schon jetzt ein weiterer weitverbreiteter Einstieg in die Kryptowelt und könnten diese Rolle in Zukunft noch stärker einnehmen. "Anstatt Ihre Dollars bei einer Börse einzuzahlen, hinterlegen Sie sie bei einem Stablecoin-Emittenten, erhalten Stablecoins und überweisen diese dann an eine Börse", skizziert Kaiko einen alternativen Weg in das Kryptouniversum, der nun beliebter werden könnte.
Schon jetzt sei laut dem Datenanbieter ein abnehmender Gebrauch des US-Dollars in der Kryptowelt zu sehen - zugunsten von Stablecoins. So sei etwa weltweit "die Zahl der neuen Fiat-Handelspaare, die an den Börsen gelistet sind, mit dem Aufstieg der Stablecoins gesunken", schreibt Kaiko. Eine Analyse habe ergeben, dass beispielsweise die Zahl der neuen Dollar-Handelspaare an den Börsen von 400 im Jahr 2021 auf 326 im Jahr 2022 zurückgegangen sei. Außerdem habe der Marktanteil des US-Dollars im Bitcoin-Trading seit dem FTX-Zusammenbruch zugunsten des weltgrößten Stablecoins Tether (USDT) sowie des Stablecoins USD Coin (USDC) und des Euro abgenommen. Der Marktanteil des Paares Bitcoin-Tether habe kürzlich beim Handelsvolumen im Vergleich zum Bitcoin-Dollar-Paar sogar bei 92 Prozent gelegen und damit ein Allzeithoch markiert.
Doch auch Stablecoins sind nicht völlig ohne Risiken. So warnt "MarketWatch" davor, dass die Herausgeber von Stablecoins unzuverlässig sein könnten, da sie möglicherweise kaum oder gar nicht reguliert werden. Und auch Kaiko sieht eine große Schwierigkeit, falls Stablecoins ihre Rolle im Kryptouniversum weiter ausbauen sollten. "Das Problem ist jedoch, dass Stablecoin-Emittenten immer noch Zugang zu einer Kryptobank benötigen, sodass sich das Risiko jetzt weiter konzentriert", schreibt der Datenspezialist. Denn mit dem Wegfall von Silvergate stehen noch weniger Bank-Partner für Kryptounternehmen zur Verfügung als zuvor.
Springen europäische Institute in die Bresche?
"Vorerst bleiben der Dollar und die an den Dollar gebundenen Stablecoins die Grundlage der Krypto-Ökonomie, aber wachsende Komplikationen mit USD-Zahlungsschienen könnten diesen Trend umkehren", warnt Kaiko außerdem. Profitieren könnten davon europäische Banken, denn an diese könnten sich Kryptofirmen in Zukunft womöglich verstärkt wenden. Mit "einem zunehmend unfreundlichen US-Regulierungs- und Bankenumfeld könnte sich eine Gelegenheit auf den europäischen Märkten ergeben", so die Krypto-Experten. Bereits jetzt sei bei den neuen Euro-Handelspaaren - anders als bei den neuen Dollar-Paaren - ein Aufwärtstrend zu sehen. So sei ihre Anzahl zuletzt deutlich gestiegen: von 96 im Jahr 2021 auf 165 im Jahr 2022.
Redaktion finanzen.net
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