Nach Terra-Absturz: BaFin-Chef sieht Finanzmarktstabilität durch Krypto-Risiken zukünftig in Gefahr
Im Rahmen der vierten Tech-Konferenz der deutschen Finanzmarkaufsichtsbehörde BaFin warnt der Vorsitzende Mark Branson vor zunehmenden Gefahren für die allgemeine Finanzmarktstabilität durch Krypto-Turbulenzen. Zwar habe sich der Terra-Absturz Mitte Mai kaum auf die Finanzbranche ausgewirkt - das könnte sich bei künftigen Krypto-Abstürzen aber ändern.
Werte in diesem Artikel
• Folgen des Terra-Einbruchs bleiben noch weitgehend auf den Krypto-Bereich beschränkt
• Verflechtung zwischen traditioneller Finanzbranche und Krypto-Sektor nehmen zu
• Branson: Langfristig könnte enorme Krypto-Volatilität der Finanzmarktstabilität schaden
Bei der diesjährigen Tech-Konferenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) steht das Thema FinTech auf der Agenda. In diesem Rahmen äußern sich die Marktexperten auch zur derzeitigen Lage am Kryptomarkt. Sie weisen auf wachsende Risiken durch Bitcoin, Ethereum & Co. hin.
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Terra-Absturz versetzte die Krypto-Welt in Schockstarre
Der Einbruch des Stablecoins Terra (UST) sendete in den letzten Tagen weite Schockwellen durch den Krypto-Sektor. Innerhalb weniger Stunden verlor der eigentlich als stabil geltende UST massiv an Wert. Derzeit liegt der "Stablecoin", der eigentlich eine Parität zum US-Dollar anstrebt, bei nur noch 0,0674 US-Dollar (Stand: 23.05.2022). Der Terra-Coin LUNA - eine verknüpfte Kryptowährung, die die Stabilität des algorithmischen Stablecoins UST garantieren sollte - ist inzwischen sogar praktisch wertlos geworden. Insgesamt wurden durch diesen doppelten Crash beinahe 50 Milliarden US-Dollar verbrannt. Viele Medien bezeichneten den Terra-Absturz als den bislang größten Krypto-Crash der Geschichte, der gesamte Krypto-Markt wurde in Mitleidenschaft gezogen. Laut BaFin-Chef Mark Branson könnte dieses Debakel allerdings kein Einzelfall bleiben.
BaFin-Chef: Wachsende Risiken für Finanzmarkstabilität durch Krypto-Turbulenzen
Der jüngste Einbruch von Kryptowerten stehe "beispielhaft für die Chancen und Risiken in der digitalisierten Finanzwelt", zitiert die "Börsenzeitung" den BaFin-Chef zum Auftakt der Konferenz. Der Brite Mark Branson, der zwischen 2014 und 2021 Vorsitzender der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht war, übernahm im August 2021 den Posten des BaFin-Vorsitzenden von Felix Hufeld.
Hinsichtlich der Eingliederung von Kryptowährungen in den allgemeinen Finanzmarktes unterscheidet der BaFin-Präsident zwischen drei Kategorien, wie das "Handelsblatt" Branson zitiert. Erstens bestehe die Frage, ob der Einfluss "stabilitätsrelevant" sei. "Stand heute" sei dies "eher nicht" der Fall. Zweitens gelte es zu bewerten, was die Krypto-Branche für die Entwicklung der Finanzkriminalität bedeute - hierbei gebe es heutzutage "viel zu viele Lücken". Drittens sei der Anleger- und Verbraucherschutz von essentieller Bedeutung. Hier gebe es vermehrt Anlass zur Sorge, wenn auf sozialen Medien Kryptowerte "oft nicht uneigennützig" beworben würden. Dies habe die Behörde in den vergangen Tagen, die im Zeichen des Terra-Crashs standen, vermehrt beschäftigt.
Verzahnung des Bankensystems und des Kryptosektors nimmt zu
Bislang haben sich Befürchtungen über Auswirkungen der jüngsten Krypto-Turbulenzen auf die traditionelle Finanzbranche jedoch nicht bestätigt. Branson sagte in Berlin zu einer potenziellen Vermischung der bislang voneinander getrennten Bereiche: "Derzeit sehen wir das nicht, aber künftig könnte es auch in diese Richtung gehen, wenn die Verflechtungen mit dem traditionellen Finanzsystem noch enger werden", so der Finanzmarktaufseher. "Heute sind diese Systeme noch ziemlich klar voneinander getrennt, aber das könnte sich ändern." Tatsächlich gibt es immer mehr alteingesessene Großbanken, die sich im Krypto-Bereich engagieren. Jüngst beantragte die Commerzbank bei der BaFin eine Krypto-Verwahrlizenz. Zudem gab die US-Investmentbank Goldman Sachs kürzlich die ersten mit Bitcoin besicherten Kredite aus.
"Neutrale" Haltung der BaFin gegenüber Kryptowährungen
Die BaFin, versichert Branson, stehe neuen Technologien in der Finanzbranche "absolut aufgeschlossen, aber gleichzeitig neutral" gegenüber. Man wolle sowohl die Chancen als auch die Risiken bei weiteren Entscheidungen abwägen. Der Behördenchef betont, dass "die Technologie an sich vielversprechend ist." Doch das reiche nicht aus: "Hoffentlich kommen wir einmal weg von vielversprechend zu effektiv und skalierbar", ergänzt er. "Meines Erachtens sind wir da noch nicht", zitiert das "Handelsblatt" den Briten. Die BaFin nimmt also eine vorsichtige Lauerstellung ein und verfolgt gespannt die weiteren Entwicklungen auf dem Krypto-Markt. Der dramatische Terra-Abverkauf, der für viele Tausende Anleger einen Totalverlust bedeutete, dürfte dabei keine gute Werbung für die Cyberwährungen aus Perspektive der BaFin gewesen sein. Daher betont Branson denn auch eine oft genannte Einsicht: "Kryptowährungen bergen erhebliche Risiken."
Die Möglichkeiten der BaFin, die negativen Auswüchse der Spekulationen rund um Bitcoin & Co. einzudämmen, seien indes stark eingeschränkt, meint Carolina Melches, Expertin für die Digitalisierung der Finanzmärkte bei der Bürgerbewegung "Finanzwende". Wie viele andere Finanzmarktaufsichten rund um den Globus habe auch die BaFin Mühe, "regulatorisch mit der Vielzahl an Fintechs, Start-ups und digitalen Vermögenswerten Schritt zu halten", zitiert das "Handelsblatt" Melches. Immerhin: Seit 2020 müssen Unternehmen, die Kryptowährungen für Dritte verwahren, verwalten und sichern wollen, bei der BaFin eine Krypto-Verwahrlizenz beantragen.
Redaktion finanzen.net
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