IKB Kolumne Dr. Klaus Bauknecht

Entwicklung der US-Konjunktur lässt Fed wenig Spielraum, beflügelt aber die Phantasie hinsichtlich des EUR/USD-Wechselkurses

22.05.15 09:51 Uhr

Entwicklung der US-Konjunktur lässt Fed wenig Spielraum, beflügelt aber die Phantasie hinsichtlich des EUR/USD-Wechselkurses | finanzen.net

Die US-Konjunktur scheint aus ihrer aktuellen konjunkturellen Schwäche nur schwer herauszufinden.

Nachdem die Wirtschaft im ersten Quartal kaum gewachsen ist (0,1 % zum Vorquartal), zeigen die Konjunkturindikatoren auch weiterhin keine deutliche Belebung. Zwar mag die US-Wirtschaft im zweiten Quartal ein höheres Wachstum als im ersten generieren (die Erwartungen liegen bei rund 0,7 %), doch die Hoffnung auf eine deutliche Korrektur scheint sich nicht zu bestätigen. Es überrascht nicht, dass sich die schwache Konjunktur zunehmend auf den US-Arbeitsmarkt auswirkt und in den Wachstumsprognosen bemerkbar macht. Deshalb wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Fed in 2015 die Zinsen anheben wird, auch wenn ein erster Zinsanstieg im September nicht unmöglich ist. Allerdings deuten die Konjunkturdaten eher darauf, dass die Fed frühestens im nächsten Jahr an der Zinsschraube drehen wird und diese auch nur sehr moderat anheben wird. Die wenig überzeugende US-Konjunktur hat zusammen mit der relativ guten Konjunktur und den Wachstumszahlen der Euro-Zone zu einer Wende bzw. Korrektur in der Abwertung des EUR/USD-Wechselkurses geführt.

Mit der Erwartung eines soliden US-Wachstums und dem Start des EZB-Aufkaufprogramms schien eine einseitige Abwertung des Euro sehr wahrscheinlich zu sein. Nun haben sich die Rahmenbedingungen erneut geändert. Doch wie langfristig ist die aktuelle Entwicklung? Auch wenn sich die US-Indikatoren in den folgende Monaten stabilisieren sollten, hat die Fed bei ihrer Zinsentscheidung grundsätzlich keine Eile. Auf der anderen Seite scheinen mit ansteigender Inflationsrate in der Euro-Zone die deutschen Langfristzinsen ihren Tiefststand erreicht zu haben. Beides deutet darauf hin, dass mit keinem signifikanten Abwertungsrisiko des EUR/USD-Wechselkurses zu rechnen ist. Doch der Prognosephantasie sind fast keine Grenzen gesetzt. Denn in der Euro-Zone gehen die Meinungen über Dauer und Erfolg des Aufkaufprogramms auseinander. Und in den USA lässt sich die Fed zu keinen konkreten Aussagen hinreißen , vor allem nicht aufgrund der aktuellen Konjunkturdaten.

Die jüngsten Entwicklungen haben erneut gezeigt, dass bei der aktuellen Notenbankpolitik das Wechselrisiko nicht zu unterschätzen ist. Und eine eintrübende US-Wirtschaft weitet das Spektrum möglicher Entwicklung deutlich aus. Die Fed könnte die Zinsen in 2016 anheben, was eher für eine Abwertung des Euro spricht. Sie könnte allerdings bei anhaltender konjunktureller Stagnation auch ein erneutes Aufkaufprogramm starten, was den Handlungsdruck auf die EZB deutlich erhöhen würde, wegen der dann zu erwartenden Aufwertung des Euro. Dieses Szenario mag aktuell noch eher unwahrscheinlich sein. Doch eine Eintrübung der US-Konjunktur würde der Fed wenige Handlungsalternativen lassen. Und da andere Volkswirtschaften wie die Länder der Euro-Zone, Japan oder Großbritannien ebenfalls eine 0 %-Zinspolitik sowie ein eher überschaubares Wachstum zeigen, würde dies erneut zu-Bilanzausweitungen der Notenbanken führen. Denn keine Notenbank wäre bei solchen konjunkturellen Entwicklungen bereit, eine Aufwertung ihrer Währung zu ignorieren. Doch noch ist dies eher Spekulation, auch wenn eines relativ deutlich wird: Die US-Politik der außerordentlichen Geldmengenausweitung der letzten Jahre hat in den USA den gewünschten Erfolg bis dato nur teilweise gebracht. Die US-Wirtschaft hat sich relativ schnell aus der Finanzkrise verabschiedet. Doch nachhaltiges Wachstum ist weiterhin nicht erkennbar. Dafür ist die aktuelle Haltung der US-Geldpolitik der beste Beweis. Und auch das Aufkaufprogram der Eurozone bzw. die Abwertung des Euro wir keine nachhaltige Erholung sicherstellen, sondern eher kurzfristige Wachstumsimpulse generieren. Diese mögen allerdings aufgrund von Arbeitslosenquote und Höhe der Kreditvergabe in der Euro-Zone bitter nötig sein. Deshalb erwartet die IKB weiterhin eine moderate Erholung bei Konjunktur und Inflationsrate in der Euro-Zone, was die Grundlage für tendenziell steigende Langfristzinsen darstellen sollte. Einen EUR/USD-Wechselkurs auf oder unter Parität erachtet die IKB weiterhin als unwahrscheinlich, auch wenn ein besseres zweites Quartal in den USA den Euro kurzfristig erneut unter Druck setzten könnte.

Seit 90 Jahren ist die IKB eng mit dem deutschen Mittelstand verbunden. Gegründet 1924, begleitet die Bank mittelständische Unternehmen in Deutschland und Europa mit Krediten, Risikomanagement sowie Kapitalmarkt- und Beratungsdienstleistungen. Das Geschäftsmodell des Unternehmens basiert auf langjährigen und stabilen Kundenbeziehungen sowie einem ausgeprägten Verständnis für Mittelstandsthemen.

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