Japanischer Yen: Stärke hält nicht ewig
Japans Wirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten deutlich erholt.
Das BIP ist im dritten Quartal um 1,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Das war nicht nur deutlich stärker als erwartet, es war auch zum zweiten Mal in Folge das kräftigste Wachstum aller G7-Staaten. Dennoch reagierte die Börse in Tokio darauf nicht positiv, sondern zeigte zuletzt eine deutliche Underperformance gegenüber den meisten anderen Aktienmärkten. Ein Grund dafür ist die Aufwertung des Yens gegenüber dem US-Dollar, die allerdings mehr auf die Schwäche des Greenbacks als auf die Stärke des Yens zurückzuführen ist.
Strukturprobleme lasten auf dem Yen
Doch es gibt auch Zweifel an der Nachhaltigkeit der Konjunkturdynamik. Zwar profitiert Japan vom starken Wachstum im übrigen Asien, aber der Aufschwung ist auch als Gegenbewegung nach dem ungewöhnlich starken Einbruch der Industrieproduktion im Winterhalbjahr 2008/2009 zu sehen. Das Wachstumstempo dürfte sich daher wieder verlangsamen, nicht zuletzt weil Japan weiterhin mit denselben Strukturproblemen zu kämpfen hat wie schon seit Jahren. Dazu zählen die höchste Staatsverschuldung aller Industrieländer, die der Politik Ketten anlegt, die Deflation und die Schwäche der Konsumnachfrage. Aufgrund der chronischen Deflation dürfte die Bank of Japan länger als die Notenbanken in den USA und in Europa an der Nullzinspolitik festhalten – auch wenn das Problem dadurch nicht zu lösen ist.
Kurzfristig bleibt der Aufwertungsdruck
Für den Yen dürfte dies langfristig wachsenden Abwertungsdruck bedeuten. Kurzfristig erhält der Yen allerdings weiterhin Auftrieb, vor allem wenn es zu einer Korrektur an den weltweiten Aktienmärkten kommen sollte, denn dann werden japanische Investoren Anlagegelder in die Heimat zurückholen. USD/JPY könnte sogar das langjährige Tief bei 87,30 JPY ins Visier nehmen. Auch EUR/JPY befindet sich auf dem Weg zur Marke von 130,00 JPY oder sogar zur unteren Begrenzung der seit Mai 2009 bestehenden Trading-Range im Bereich von 127,50 JPY.
Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.