Devisen-Trader-Kolumne Detlef Rettinger

Furcht vor Interventionen stützt den Euro

24.05.10 09:15 Uhr

Furcht vor Interventionen stützt den Euro | finanzen.net

Der Euro stürzte in den letzten Wochen ab. Gegenüber dem US-Dollar fiel die europäische Währung auf den tiefsten Stand seit vier Jahren.

Auch gegenüber den meisten anderen wichtigen Währungen verlor der Euro stark an Wert: Der Wechselkurs Euro/Japanischer Yen markierte das tiefste Niveau seit Ende 2001 und Euro/Schweizer Franken stoppte seinen Fall erst bei 1,4000 CHF. Das scheint derzeit die Kursschwelle zu sein, die die Schweizerische Nationalbank (SNB) verteidigen will. Gegenüber dem Pfund konnte sich der Euro weitgehend behaupten, vor allem weil auch nach der Wahl in Großbritannien bislang nicht klar ist, wie die neue Regierung das hohe Defizit von etwa 14 Prozent in Relation zum BIP abbauen will.

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Emerging-Marktes-Währungen relativ stabil

Die meisten Währungen aus den Emerging Markets konnten sich dagegen trotz der allgemeinen Zunahme der Risikoaversion an den Märkten relativ gut behaupten. Offenbar hat in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden: Länder wie China, Indien, Brasilien und andere verfügen über solide Staatsfinanzen und sind von der Schuldenkrise in den Industrieländern kaum betroffen. Ihre Währungen gelten daher inzwischen als stabil, während die „großen Vier“ US-Dollar, Euro, Yen und Pfund schwer angeschlagen sind. Allerdings wurden die osteuropäischen Währungen teilweise mit in den Abwärtsstrudel gerissen: Forint, Zloty und Tschechische Krone verloren sogar gegenüber dem Euro an Wert. Grund dafür sind die enge wirtschaftliche und finanzielle Verflechtung Osteuropas mit der EU sowie die eigenen Finanzprobleme in der Region.

Eurozone bricht nicht auseinander

Trotz aller Probleme dürfte sich die Eurokrise allmählich beruhigen, denn die Pleite eines Staates aus der Eurozone oder ein Auseinanderbrechen der Währungsunion wird es nicht geben - zumindest nicht in nächster Zeit. Doch die Strukturprobleme werden bleiben und die Märkte weiterhin belasten. Manche Experten wie Christopher Wood, der bekannte Chefanalyst von CLSA, rechnen daher damit, dass EUR/USD früher oder später die Parität, also den Stand von 1:1 erreicht. Das ist aus unserer Sicht unwahrscheinlich. Allerdings neigen Wechselkurse zum Überschießen, wenn sich einmal ein Trend gebildet hat. Sehr wahrscheinlich wird der Verkaufsdruck auf den Euro anhalten, auch wenn es kurzfristig am Devisenmarkt immer wieder heftige Gegenbewegungen geben könnte - möglicherweise ausgelöst durch Interventionen der Notenbanken.

Angst vor „Short-Squeeze“ bringt Gegenbewegung

Vor Pfingsten genügten bereits Gerüchte, die Notenbanken der USA, der Eurozone und Japans könnten gemeinsam intervenieren, um dem Euro einen kräftigen Schub nach oben zu geben. Der Grund: Die Akteure am Markt haben Angst, zum Opfer eines so genannten "Short Squeeze" zu werden. Der Markt ist derzeit so einseitig gegen den Euro positioniert, dass ein starker Anstieg des Euros eine Kette von Glattstellungen dieser Short-Positionen auslösen könnte. Da es kaum noch jemanden gibt, der nicht short in Euro ist, würde sich dem auch niemand entgegenstellen. Der daraus folgende "Short Squeeze" hätte einen unkontrollierbaren Kurssprung nach oben zur Folge. Doch diese Furcht wird wieder verschwinden und nach den Feiertagen dürfte sich der Verkaufsdruck beim Euro fortsetzen, denn die Probleme bleiben.

Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.