EUR/USD: Fällt der Euro auf einen Kurs von 1,00 USD?

Die Devisenexperten kommen in letzter Zeit gar nicht hinterher damit, ihre Prognosen für EUR/USD abzusenken.
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Die Analysten von Goldman Sachs kürzten ihre Vorhersage einfach mal um 20 Prozent und sagen nun bis 2017 einen Wechselkurs von 1,00 USD voraus, sprich die Parität zwischen Euro und US-Dollar. Und George Saravelos, der Devisenstratege der Deutschen Bank, die immerhin der zweitgrößte Devisenhändler der Welt ist, erwartet sogar einen Kursrückgang auf 0,95 USD. Das würde einer Euro-Abwertung von mehr als 25 Prozent entsprechen. Und Saravelos prägte gleich noch einen neuen Begriff: "Euroglut", sprich Euroschwemme.

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Die für den starken Abwertungsdruck sorgende Euroschwemme begründet er so: Die EZB flutet den Markt mit Liquidität und erhebt sogar Strafzinsen auf die Einlagen der Banken. Eigentlich will sie damit Kredittätigkeit und Konjunktur ankurbeln. Da es aber in Europa wegen der strukturellen Verkrustungen kaum lukrative Investitionsmöglichkeiten gibt, gelingt das nicht und die Banken investieren die überschüssige Liquidität dort, wo es höhere Zinsen gibt, im Ausland. Durch diese "Kapitalflucht" wird die Welt mit Euros überschwemmt. Die Folgen sind vielfältig: Zum einen treibt dies weiter die Kurse an den Aktien- und Anleihemärkten - mit dem Risiko einer Blasenbildung. Zum anderen führt es zum besagten Absturz des Euros. Diese Wirkungszusammenhänge sind meines Erachtens nicht von der Hand zu weisen. Ob der Euro aber wirklich so tief fällt, ist fraglich, denn die These einer dauerhaften Stagnation in der Eurozone steht auf wackeligen Beinen, zumal die Abwertung selbst ein starker Konjunkturmotor wäre, der auch die Binnennachfrage ankurbeln würde.
Der Terminmarkt sieht das bisher anders
Ganz so abwegig, wie die Vorhersage eines EUR/USD-Wechselkurses von 1,00 USD oder darunter klingt, ist sie nicht: Ein Blick auf den Langfristchart zeigt, dass EUR/USD-Kurs 2001/2002 sogar noch deutlich tiefer notierte. Bemerkenswert ist aber, dass am Terminmarkt für 2016 derzeit nur ein kaum veränderter Kurs von 1,27 USD eingepreist ist, bis 2018 wird sogar wieder ein Anstieg erwartet. Die Prognosen der Experten werden also zur Kenntnis genommen, aber bislang ignoriert.
Fazit
Kommt es so, wie von Saravelos prognostiziert, dann wird er mit seiner Vorhersage der "Euroglut" zum Helden. Kommt es anders, dann wird seine Analyse irgendwann vergessen. Das Ganze ist ein schönes Beispiel dafür, wie das Finanzgeschäft funktioniert, denn gehört wird der, der am lautesten trommelt. Wie viel solche langfristigen Prognosen wert sind, sehen Sie ja schon daran, wie schnell sie geändert werden. Für den Handel mit Devisen sollten Sie eher auf mittelfristige Einschätzungen setzen.
Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.