Zinsen

Sparen - Die richtige Strategie für die Zinswende

21.03.10 15:00 Uhr

Europas Notenbanker werden die Zinsen erhöhen – und damit auf vielen ­Sparkonten für Bewegung sorgen. Mit der richtigen Strategie brauchen Sparer davor keine Angst zu haben

von Euro-Redakteur Matthias Fischer

Die Chancen stehen gut für Bundesbank-Chef Axel Weber. Der 53-Jährige möchte nächstes Jahr Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) werden, als Nachfolger von Jean-Claude Trichet, 67. Sein schärfster Widersacher: Mario Draghi, 62, Präsident der italienischen Notenbank. Aber weil sich die EU-Finanzminister bereits auf den Portugiesen Vítor Constâncio, 66, als EZB-Vizepräsident geeinigt haben, munkeln Beobachter, der Chefposten gehe nun an Nordeuropa und damit an einen geldpolitischen Falken.

Bei der US-Notenbank dagegen wird es keinen Wechsel geben: Ben Bernanke ist gerade als Chef bestätigt worden. Frisch bestärkt hat der 56-Jährige gleich mal den Diskontsatz von zuvor 0,5 Prozent auf 0,75 Prozent angehoben.

Zum Diskontsatz leihen sich Banken kurzzeitig Geld bei der Fed. Dieser kleine Dreh an der Zinsschraube entwickelt keine starke ökonomische Kraft, aber sein symbolischer Wert ist groß: „Ein vorsichtiges Signal, dass die Flutung der Kapitalmärkte mit billigem Geld beendet wird“, deutet Wolfgang Gerke, Chef des Bayerischen Finanzzentrums (BFZ). Den wirklich entscheidenden Leitzins aber hat die Fed bei 0,25 Prozent belassen. Und Bernanke hat auch klargemacht, es vorerst dabei belassen zu wollen. Allerdings – in dieser Erwartung sind sich die meisten Ökonomen einig – wird er ihn spätestens 2011 heraufsetzen. Und die EZB sollte folgen.

Die Gründe für steigende Leitzinsen sind diesseits und jenseits des Atlantiks die Gleichen: Dauerhaft niedrige Zinsen können die Inflation anschieben. Steigende Preise aber mögen die Zentralbanker überhaupt nicht. Und niemand weniger als Axel Weber, der sich strikt gegen die kürzlich vom Internationalen Währungsfonds vorgeschlagenen höheren Inflationsziele ausgesprochen hat. Zudem will billiges Geld angelegt werden. Das sorgt für Spekulationsblasen.

Das Thema der Diskussion ist also nicht mehr, ob die Europäische Zentralbank die Leitzinsen anheben wird, sondern: wann. Und in dieser Diskussion geht es eher um Monate als um Jahre. Hier allerdings ist der Dissens gewaltig: Ökonomen streiten sich, ob die EZB den Leitzins vielleicht schon in diesem Sommer anhebt – oder erst im Sommer 2011. Für Sparer macht das einen gewaltigen Unterschied. So bieten etwa Festgeldanlagen mit einem Jahr Laufzeit rund 2,5 Prozent Zinsen – mit Tagesgeld lassen sich um die 1,5 Prozent rausholen. Angenommen, die Leitzinsen werden erst in einem Jahr angehoben und ein Sparer legt für diesen Zeitraum 30 000 Euro an. Beim Tagesgeld mit einem Zins von 1,5 Prozent kassiert er 450 Euro Zinsen, beim Festgeld mit einem Jahr Laufzeit 750 Euro.

Die Notenbanken heben die Zinsen meist in behutsamen Viertelprozent-schritten an. So rechnet etwa der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, damit, dass erst im Jahr 2012 die Zinserhöhungen der EZB abgeschlossen sein werden. „Der Exit ist dann fertig, wenn die EZB bei einem Leitzins von 3,0 bis 3,5 Prozent angekommen ist.“ Aktuell liegt der Satz noch bei einem Prozent.

Mayer tippt, dass Trichet Ende dieses Sommers erstmals an der Zinsschraube dreht. Allerdings geben die Geschäftsbanken die höheren Zinsen meist nur langsam weiter. Entsprechend dürfte es für Sparer aktuell die beste Strategie sein, sich kurzfristig zu binden – etwa für einen Zeitraum zwischen sechs und maximal zwölf Monaten. Das sichert gegenüber dem Tagesgeld höhere Zinsen. Andererseits verfügt der Anleger wieder über sein Geld, wenn der Zinszyklus dreht.

Grundsätzlich hat er dabei zwei Möglichkeiten: Festgeld oder kurz laufende Anleihen. Bei ausgesprochen sicheren Kurzläufern von Emittenten mit dem Best-­Rating AAA gibt es aber in diesem Zeitraum nur wenig zu holen: So bietet etwa die bis April 2011 laufende Staatsanleihe der Bundesrepublik Deutschland aktuell bei einem Zinskupon von 3,5 Prozent nur eine Rendite von 0,6 Prozent.

Bei erhöhtem Risiko können Sparer deutlich mehr abgreifen. Attraktiv ist etwa die bis zum 20. März 2011 laufende griechische Staatsanleihe. Zwar haben die Hellenen mit massiven Finanzproblemen zu kämpfen und gelten als finanzielle Schwächlinge innerhalb der Eurozone. Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass dem Land innerhalb eines Jahres die Staatsfinanzen so aus dem Ruder laufen, dass es seine Schulden nicht mehr bedienen kann – und die europäischen Partner tatenlos dabei zusehen.

Zwar drohen die Ratingagenturen damit, das Land weiter herabzustufen. „Die Bonitätsnote Griechenlands könnte über mehrere Monate um mehrere Stufen gesenkt werden, wenn die Regierung hinter ihren Sparzielen zurückbleibt“, droht etwa Pierre Cailleteau von der Ratingagentur Moody’s, die Griechenland derzeit noch ein gutes A2 zugesteht. Und auch bei Standard & Poor’s könnte das aktuelle BBB+ bald verloren gehen. Aber keine der Agenturen sieht das Land nahe an der Pleite. Immerhin: Für das erhöhte Risiko streichen Sparer üppige 5,4 Prozent Rendite ein.

Grund: Wegen der Unsicherheit haben die Märkte griechische Staatsbonds gnadenlos abgestraft – und sind dabei über das Ziel hinausgeschossen. Das zeigt etwa der Vergleich mit einer bis Januar 2011 laufenden türkischen Staatsanleihe. Die Bonität der Türkei wird von S & P mit BB drei Stufen schlechter bewertet als der griechische Nachbar. Zudem sind die Türken weder Mitglied der Europäischen Union noch der Eurozone – und dennoch bietet der Bond nur eine Rendite von 2,3 Prozent.

Auch die bis zum 18. März 2011 laufende Anleihe der britischen Großbank Lloyds offeriert mit 3,4 Prozent eine attraktive Rendite. Zwar hat das Institut stark unter der Finanzkrise gelitten, der britische Staat hat seinen Anteil an der Bank sukzessive auf knapp 77 Prozent ausgebaut. Genau diese hohe Staatsbeteiligung dürfte dafür sorgen, dass bei den Lloyds-Anleihen nichts anbrennen wird.

Lesen Sie, welche Alternativen es zu fest verzinslichen Anleihen gibt

Für Festgeld gibt es bei Laufzeiten zwischen sechs und zwölf Monaten aktuell zwischen 2,0 und 2,5 Prozent. Nicht alle Anbieter von Tages- und Festgeldkonten unterliegen der deutschen Einlagensicherung: So beackern zahlreiche Institute von den Niederlanden aus den deutschen Markt und bieten attraktive Konditionen. Die staatliche niederländische Sicherung schützt Einlagen bis zu 100 000 Euro (in Deutschland liegt die Grenze derzeit bei 50 000 Euro). Die Bonität der Niederlande liegt auf Augenhöhe mit der Finanzstärke Deutschlands. Damit wären Sparer bei einer etwaigen Pleite eines solchen Instituts gut geschützt. Allerdings sollten sie bedenken, dass sie im Fall der Fälle ihre Ansprüche in den Niederlanden anmelden müssen. Das kostet Zeit und fordert einen hohen bürokratischen Aufwand.

Es gibt auch ausländische Institute, deren Tochtergesellschaften ihren Sitz in Deutschland haben und so der staatlichen deutschen Einlagensicherung unterliegen. Wie etwa die beiden türkischen Institute Isbank und Oyak Anker Bank, die beide zudem Mitglieder im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken sind. Allerdings fahren beide Institute ihre Zinskonditionen zurück: So bietet etwa die Isbank derzeit für sechs Monate noch 1,8 Prozent und für zwölf Monate 2,1 Prozent – Anfang Februar 2010 waren es noch 2,1 Prozent beziehungsweise 2,3 Prozent gewesen. Damit liegen sie im Trend: Fast alle Tages- und Festgeldanbieter drosseln ihre Zinsen.

Sparer, die ihr Geld trotz bevorstehender Zinswende längerfristig anlegen wollen, sollten kein Zinsrisiko eingehen. Am besten vermeiden sie es bei Anleihen mit variablem Zinskupon (Floater). Bei diesen Papieren steigt der Zinskupon, wenn das allgemeine Zinsniveau zulegt. Wer dabei ganz auf Nummer sicher gehen will, beschränkt sich auf Emittenten mit allerbester Bonität. Der bis zum Januar 2015 laufende Bond der Europäischen Investitionsbank (EIB) etwa bietet einen Zinskupon, der sich aus dem Referenzzinssatz Euribor für drei Monate plus einem Aufschlag von 0,2 Prozentpunkten zusammensetzt. Aktuell bietet das Papier einen Zinskupon von 0,89 Prozent, die Rendite liegt bei 0,7 Prozent.

Riskanter ist der Floater der US-­Investmentbank Merrill Lynch, deren Bonität S & P mit A ebenso gut einschätzt wie die der Deutschen Bank. Der bis Januar 2014 laufende Bond bietet einen Zins, der sich ebenfalls aus dem Drei-Monats-Euribor plus einem Aufschlag von 0,26 Prozentpunkten zusammensetzt. Beim aktuellen Kurs von 92,75 Prozent hat das Papier eine Rendite von 2,98 Prozent.

Allerdings ändert sich die Rendite bei diesen Floatern wegen ihres variablen Zinskupons innerhalb ihrer Laufzeit. Wahrscheinlich wird sie zulegen – spätestens dann, wenn Axel Weber zum ersten Mal die Leitzinsen in Euroland anheben wird.