Droht eine neue Euro-Krise?
Das Regierungsprogramm der italienischen Parteien Lega und 5-Sterne hat den Anleihenmarkt durchgewirbelt. Droht eine neue Euro-Krise?
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Eine Kolumne von Holger Steffen. Der Anlageexperte ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 118,3% verzeichnet hat (Stand 04.06.18, 7.15 Uhr).
Am europäischen Anleihenmarkt war es in den letzten Jahren relativ ruhig. Zur Jahreswende 2017/18 wurde das Thema einer steigenden Inflation und einer möglichen Zinswende der EZB eine Zeit lang gespielt, der Renditeanstieg 10-jähriger Staatsanleihen war aber relativ gering. Zumindest wenn man diesen mit den aktuellen Sprüngen vergleicht. Während Anfang des Jahres aber das allgemeine Zinsniveau im Steigflug war, zeigen sich nun je nach Bonität drastische Differenzen. Das verdeutlicht ein gestiegenes Gefahrenpotenzial.
EZB als großer Player
Die Eurokrise 2011/12 ging mit hohen Renditen für die Staatsanleihen von Ländern einher, die als Wackelkandidaten im Währungsverbund galten. Die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Eurozone rief schließlich die EZB auf den Plan, die 2015 ein großes Anleihenkaufprogramm mit einem monatlichen Volumen von 60 Mrd. Euro startete. Damit erzielte die Zentralbank im Anschluss den gewünschten Effekt: Das Zinsniveau am langen Ende konnte generell deutlich gedrückt werden, und die Zinsaufschläge (Fachjargon: Spreads) für das Bonitätsrisiko schwächerer Länder (wie Italien, Spanien oder Portugal) in Relation zu als recht sicher eingestuften Bundesanleihen reduzierte sich deutlich.
Trendwende
Diese Phase endete erst in diesem Mai abrupt. Auslöser waren die Pläne der Parteien Lega und 5-Sterne in Italien, die als Sieger aus der Parlamentswahl hervorgegangen waren und die Haushaltsdisziplin zu den Akten legen wollten. Die Resonanz an den Märkten war bemerkenswert: Der Spread von zehnjährigen italienischen Staatsanleihen zu Bundesanleihen erhöhte sich binnen eines Monats von 1,2 auf in der Spitze 3,2 % - ein Erdrutsch. Andere Länder wie Portugal wurden mitgerissen, während Frankreich eher als stabiles Ankerland galt. Die Marktentwicklung bringt die EZB in Not. Das Anleihenkaufprogramm wurde Anfang dieses Jahres bereits auf 30 Mrd. Euro pro Monat halbiert, die Fortführung ab September steht noch auf dem Prüfstand. Der jüngste Inflationsanstieg in der Eurozone auf 1,9 %, die sich damit dem EZB-Ziel von 2 % deutlich genähert hat, sorgt für zusätzlichen Druck.
Fazit zu Anleihen: EZB wieder Feuerwehr?
Schon wieder scheint die EZB als Feuerwehr gefragt. Da die derzeit führenden Parteien in Italien aber die Haushaltsdisziplin stark aufweichen wollen, kann die Zentralbank eigentlich nicht helfen. Hier deutet sich großes Konfliktpotenzial an, das die Märkte mittelfristig weiter beschäftigen dürfte.
Der Autor dieser Kolumne, Holger Steffen, ist Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index
Über Holger Steffen
Holger Steffen ist einer der erfahrensten Nebenwerte-Experten. Mit dem von ihm mitverantworteten Musterdepot des Anlegerbriefs erzielte er seit Start im Jahr 1999 eine Rendite von 2.100 Prozent, das entspricht einer durchschnittlichen Rendite von 18,1 Prozent pro Jahr (Stand: 31.12.2017).
Der gelernte Diplom-Kaufmann hat als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Finanzwirtschaft der RWTH Aachen gearbeitet. Seit mehr als 15 Jahren ist Steffen in der Finanzbranche aktiv, sein Schwerpunkt liegt in der Unternehmens- und Kapitalmarktanalyse. Der Analyst hat bereits zahlreiche Studien zu deutschen Nebenwerten verfasst und sich als Buchautor betätigt. Der Anlageexperte ist zudem Berater für den Value-Stars-Deutschland-Index, der seit Auflage im Dezember 2013 einen Kurszuwachs von 118,3% verzeichnet hat (Stand 04.06.18, 7.15 Uhr).
Hinweis zu möglichen Interessenkonflikten (§34b WpHG):
Der Autor hält über eine Gesellschaft Geschäftsanteile an der Anlegerbrief Research GmbH, die ein entgeltliches Beratungsmandat für den Value-Stars-Deutschland-Index hat. Darüber hinaus können hinsichtlich der in dieser Finanzanalyse genannten Aktien grundsätzlich folgende Interessenkonflikte vorliegen (zutreffendes gefettet):
- Der Autor oder ein Mitautor halten direkt oder indirekt folgende in diesem Artikel analysierte Aktien: - (keine)
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