EZB will bald über Staatsanleihenkäufe entscheiden
Die EZB wird nach Aussage ihres Vizepräsidenten Vitor Constancio im ersten Quartal 2015 darüber entscheiden, ob sie Staatsanleihen ankaufen wird.
Bei einer Konferenz in London sagte Constancio, die EZB werde genau beobachten, ob die Vergrößerung ihrer Bilanzsumme auf das Volumen von Anfang 2012 wie erwartet voranschreite. Wörtlich fügte er hinzu: "Im ersten Quartal des nächsten Jahres werden wir genauer beurteilen können, ob das der Fall ist. Falls nicht, müssen wir den Ankauf anderer Wertpapiere in Erwägung ziehen, auch den von Staatsanleihen am Sekundärmarkt."
Der EZB-Rat hat bereits den Ankauf von Covered Bonds und Kreditverbriefungen sowie die Vergabe sehr langfristiger Kredite an Banken beschlossen. Damit will er die Kreditvergabe an Unternehmen ankurbeln und letztendlich die Inflation anschieben. Ob der dabei zu erwartende Effekt der Bilanzvergrößerung eher ein Nebenprodukt oder aber ein eigenes Ziel sein sollte, darüber gehen die Meinungen in dem Gremium auseinander.
Das ist deshalb wichtig, weil die meisten Experten bezweifeln, dass die EZB die Bilanzgröße von Anfang 2012 mit den schon beschlossenen Maßnahmen erreichen kann. Dazu müsste sie rund 1 Billion Euro ins Finanzsystem pressen. Und das, so wird vielfach argumentiert, ist nur mit dem Ankauf von Staatsanleihen zu schaffen, denn von den anderen Papieren seien nicht genug da.
Auch im Hinblick auf die angekündigten sehr langfristigen Refinanzierungsgeschäfte für Banken sind Beobachter überwiegend skeptisch. Sie gehen davon aus, dass die Nachfrage der Banken nach neuen Krediten aus verschiedenen Gründen nicht besonders groß sein wird.
Entsprechend mehrdeutig fiel der Beschluss des EZB-Rats zur Bilanzgröße Anfang November aus. Im geldpolitischen Statement von Präsident Mario Draghi hieß es, der Rat "erwarte", dass die beschlossenen Maßnahmen ausreichen würden, das angestrebte Bilanzziel zu erreichen. Nach Lesart einiger Ratsmitglieder, darunter Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, bedeutete das lediglich eine passive Erwartung. Nach Lesart anderer Ratsmitglieder jedoch hat sich die EZB damit ein aktiv zu verfolgendes Bilanzziel gegeben.
Dieser Ansicht ist auch Vizepräsident Constancio, der das jetzt in aller Deutlichkeit ausspricht. Nach seiner Aussage würden die Staatsanleihenkäufe entsprechend dem Kapitalschlüssel der EZB stattfinden. Knapp 28 Prozent der anzukaufenden Staatsanleihen wären demnach deutsche Bundesanleihen, deren Renditen ohnehin schon sehr niedrig sind.
Der Kauf von Staatsanleihen durch die EZB ist im Euroraum sehr umstritten, weil der Zentralbank die Finanzierung von Staaten verboten ist. Allerdings ist ihr nur der Erwerb von Staatsanleihen direkt beim Emittenten explizit verboten. Bundesbank-Präsident Weidmann hat sich aber auch mehrfach gegen Staatsanleihenkäufe am Sekundärmarkt ausgesprochen. Neben ihm sind zudem einige andere EZB-Ratsmitglieder dagegen, dieses geldpolitische Instrument bereits jetzt einzusetzen. Einen Kommentar zu den Aussagen von Constancio lehnte die Bundesbank ab.
DJG/hab/apo Dow Jones NewswiresWeitere News
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