Draghi will bei Anleihekauf wohl Sorgen Deutschlands ausräumen
Wenige Tage vor der mit Spannung erwarteten Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) läuft die Suche nach einem Kompromiss für die umstrittene neue Geldschwemme auf Hochtouren.
Darauf deuten mehrere Presseberichte hin. In der Tendenz scheint es darauf hinaus zu laufen, den Kritikern milliardenschwerer Anleihekäufe zumindest etwas entgegen zu kommen. Während um das "Wie" noch gerungen wird, gilt unter Experten eine andere Frage längst als entschieden: an diesem Donnerstag dürfte die Notenbank im Kampf gegen Wachstums- und Inflationsschwäche in den Massenankauf von Staatsanleihen einsteigen.
Diskussionen gibt es aber um die Details: Im Kern geht es darum, Bedenkenträgern wie Bundesbankchef Jens Weidmann etwas den Wind aus den Segeln zu nehmen. So berichteten das Magazin "Der Spiegel" und die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) am Wochenende, dass die nationalen Notenbanken nur Staatsanleihen ihres eigenen Landes kaufen sollen. Die Risikohaftung soll damit an den Landesgrenzen Halt machen. Das übliche Verfahren, wonach Verluste (und Gewinne) auf die Zentralbanken nach ihrem Anteil am EZB-Kapital aufgeteilt werden, würde somit nicht gelten.
Darüber hinaus wird offensichtlich überlegt, dass jede Notenbank nur einen Teil der ausstehenden Staatsschulden ihres Heimatlandes kaufen darf. Der "Spiegel" nennt Obergrenzen von 20 bis 25 Prozent. Damit soll wohl verhindert werden, dass einzelne Zentralbanken zu stark ins Risiko gehen oder zu dominant auf dem jeweiligen Markt für Staatsanleihen auftreten.
Die Idee, dass die Anleihekäufe auf die jeweiligen Länder nach ihrem Schuldenstand aufgeteilt werden, scheint dagegen vom Tisch zu sein. Das berichtete das "Handelsblatt" am Montag. Von dieser Aufteilung hätten vor allem Staaten mit hoher Verschuldung wie Italien profitiert. Vielmehr sollen sich die Käufe dem Blatt zufolge nach dem Länderanteil am Kapital der EZB richten. Das spräche dafür, dass vor allem deutsche Bundesanleihen gekauft würden, gefolgt von französischen und italienischen Papieren.
Nach wie vor ungewiss ist die Frage, wie groß die Geldschwemme überhaupt ausfällt. Unter Beobachtern kursiert eine Summe von etwa 500 Milliarden Euro. Dieses Volumen dürfte auf Medienberichte zurückgehen, wonach die EZB-Mitarbeiter den geldpolitischen Entscheidungsträgern eine solche Summe vorgeschlagen haben. Das Handelsblatt berichtete jedoch mit Bezug auf "Finanzkreise" von bis zu 700 Milliarden Euro.
Ebenso unklar ist, welche Papiere gekauft werden sollen. Unstrittig ist unter Fachleuten allenfalls, dass Staatsanleihen dazu gehören dürften. Denn staatliche Schuldverschreibungen sind vom Umfang her die größte Anlageklasse in Europa. Ohne Staatsanleihekäufe erscheint es nahezu unmöglich, dass die Notenbank das Ziel, ihre Bilanz um etwa eine Billion Euro auszuweiten, erreichen kann.
Neben Staatspapieren seien im Grunde alle Wertpapiere denkbar, die im EZB-Refinanzierungsgeschäft mit den Banken als Sicherheiten zulässig seien, heißt es in einer Studie der Commerzbank. Dazu könnten auch Anleihen staatlicher oder staatsnaher Organisationen gehören. Im Fachjargon werden diese Papiere "SSA"-Anleihen genannt (Sub-Sovereign-, Supra- und Agency-Anleihen). Beispiele wären Schuldverschreibungen der Europäischen Investitionsbank (EIB) oder der deutschen Förderbank KfW.
Ob die EZB überhaupt viele Details preisgeben wird, gilt unter Notenbankexperten aus mehreren Gründen als fraglich. Als ein Grund wird die wenige Tage später stattfindende Parlamentswahl in Griechenland und die entsprechend hohe politische Unsicherheit genannt. Zudem werde sich die Notenbank wohl einen hohen Grad an Flexibilität erhalten wollen, schreiben Christoph Rieger und Michael Schubert von der Commerzbank in einer Studie. Auch könnte es ein weiteres Zugeständnis an die Bedenkenträger sein, zunächst keine Summe für die Anleihekäufe zu nennen.
Unterdessen wirbt EZB-Chef Mario Draghi auch in der deutschen Politik um Zustimmung. Mehrere Zeitungen berichteten, der Italiener habe Mitte vergangener Woche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble über seine Pläne gesprochen. Das Handelsblatt will aus Regierungskreisen erfahren haben, dass Merkel zugesichert habe, das Kaufprogramm öffentlich nicht zu kommentieren. Damit dürfte es bei der "traditionellen Rollenverteilung" bleiben", schreibt das Blatt: "Merkel schweigt, Schäuble schimpft."/bgf/fr
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