Von wegen Zinswende
Die Renditen von Schuldtiteln Deutschlands und der USA sind zuletzt kräftig gesunken. Die Notierungen der Papiere sind im Gegenzug gestiegen - die Gefahr von KursRückschlägen wächst.
von Thomas Strohm, Euro am Sonntag
Nur noch rund 1,30 Prozent für Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit gab es zum Wochenschluss. Entsprechend kräftig kletterten die Kurse deutscher Staatstitel, wie auch am gestiegenen Bund Future zu sehen ist. Die Ukraine-Krise lässt Investoren Zuflucht in sicheren Häfen suchen, zu denen vor allem auch die Staatstitel Deutschlands und der USA zählen. Hinzu kommt die beschwichtigende Rhetorik der US-Notenbank: Deren Chefin Janet Yellen betont immer wieder, die Fed werde nur sehr langsam aus der ultraexpansiven Geldpolitik mit Niedrigstzinsen aussteigen.
Am Donnerstag (15. Mai) kamen obendrein zwar gute Konjunkturnachrichten aus Deutschland, aber schlechte aus anderen Euroländern und den USA. "Die Investoren kannten nur noch ein Ziel: sichere Häfen", sagt DZ-Bank-Analyst Hendrik Lodde. Viele Staatsanleihen aus der Europeripherie verloren an Boden. Ihre Kurse waren in den vergangenen Monaten ebenfalls deutlich gestiegen, die Renditen gesunken.
Die Kurse von Bundesanleihen treibt zudem die Erwartung an die EZB, dass sie im Juni die Geldpolitik weiter lockert. Die Märkte rechneten längst mit mehr als nur einer einfachen Zinssenkung, sagt Lodde. Sie erwarten, dass die Notenbanker zu unkonventionellen Maßnahmen wie Anleihekäufen greifen. Ob die EZB die sehr hochgesteckten Erwartungen erfüllen kann, sei zweifelhaft, so Lodde: "Die Luft wird dünner, Rückschläge werden wahrscheinlicher."
Das Risiko sieht auch LBBW-Analyst Elmar Völker: Die Marktteilnehmer könnten sich angesichts einer mittelfristig zu erwartenden, von den USA ausgehenden Zinswende in allzu großer Sorglosigkeit wiegen. "Je länger diese Phase andauert, desto größer wird die Gefahr, dass es ähnlich wie im Sommer 2013 zu einer abrupten Anpassungsreaktion der Renditen nach oben kommt."