Kampf mit dem Zinstief

Portfolio in Gefahr: Die unterschätzte Zinsfalle

22.02.15 03:00 Uhr

Portfolio in Gefahr: Die unterschätzte Zinsfalle | finanzen.net

Staats- und Unternehmensanleihen, aber auch Bankeinlagen, Aktien, Immobilien und Lebensversicherungen sind von der anhaltenden Zinsschwäche oder sogar Negativzinsen betroffen.

von Eckhard Sauren, Gastautor von Euro am Sonntag

Jahrzehnte war klar, welche Kapitalanlagen relativ stabile und sichere Erträge erwarten ließen. Lebensversicherungen, Tagesgeld- und Festgeldkonten, Immobilien und Anleihen ­sowie defensive oder vermögensverwaltende Fonds waren die Basis im Portfolio vieler ­Anleger. Die Zeiten dieser Klarheit gehen zu Ende. Durch den nachhaltigen Zinsrückgang über mehr als drei Jahrzehnte und das erreichte Niedrigzinsniveau ist nichts mehr wie es war. Mittlerweile sind sogar negative Zinsen Realität und die meisten Investoren sind bereits direkt oder indirekt über Produkte, in die sie investiert haben, davon betroffen.

Wir bei der Sauren-Gruppe beschäftigen uns nicht nur intensiv mit den Fondsmanagern, die unserer Meinung nach den meisten Erfolg versprechen, sondern insbesondere auch mit den Marktrahmenbedingungen, unter denen diese Fondsmanager agieren. So hat unser Research-Team jetzt eine Analyse der Perspektiven aller bedeutenden Anlagebereiche im Niedrigzinsumfeld erstellt. Hierbei wurde deutlich, dass nicht nur der Bereich der Anleihen von der Zinsfalle betroffen ist, sondern nahezu jede Anlageklasse.

Sind Tages- oder Festgelder
bei einer Bank wirklich sicher?

In dem soeben erschienenen Buch "Die Zinsfalle" werden neben dem Bereich der Staats- und Unternehmensanleihen auch die Bereiche Bankeinlagen, Aktien, Immobilien und Lebensversicherungen behandelt. So wird die Frage aufgeworfen, ob Tages- und Festgelder wirklich dauerhaft sicher sind. Nur wenigen Anlegern ist bewusst, dass eine Anlage bei einer Bank letztlich gleichbedeutend damit ist, dieser Bank Geld zu leihen. Auch wird die Frage gestellt, welche Auswirkungen die deutlich rückläufigen Kapitalanlagerenditen auf Lebensversicherungen haben und ob diese ihre Garantien in einem länger anhaltenden Niedrigzinsumfeld erfüllen können.

Im Folgenden erfolgt die Fokussierung auf den Bereich der Anleihen. Die Rentenmärkte und damit auch die Mehrheit der konservativen Strategien und defensiven Fonds haben in den letzten drei Jahrzehnten Rückenwind durch die Zinsentwicklung gehabt. Anleger laufen somit Gefahr, in diesem Bereich, der bis dato der Hort der Stabilität im Depot war, in die Zinsfalle zu geraten.

An den Rentenmärkten kennen die meisten heute aktiven Marktteilnehmer lediglich langfristig fallende Kapitalmarktzinsen. Nehmen wir als Beispiel deutsche Staatsanleihen: Seit dem Hochpunkt bei 11,2 Prozent im August 1981 ist die Umlaufrendite in Deutschland über mehr als drei Jahrzehnte bis auf 0,24 Prozent per 2. Februar 2015 zurückgegangen. Die durchschnittliche Umlaufrendite beläuft sich für die vergangenen 50 Jahre auf 6,1 Prozent. Somit liegt die aktuelle Umlaufrendite rund 5,8 Prozentpunkte unterhalb des historischen Durchschnitts.

Die vorherrschende Tendenz fallender Kapitalmarktzinsen hat in der Vergangenheit allgemein zu starken Wertzuwächsen bei Anleihen hoher Bonität beziehungsweise festverzinslichen Wertpapieren geführt. So verbuchte der REX Performance-Index seit der Rückrechnung auf Januar 1967 einen annualisierten Ertrag in Höhe von 6,7 Prozent wovon 6,0 Prozentpunkte auf Zinszahlungen und 0,7 Prozentpunkte auf Kursgewinne ­entfallen.

In der jüngeren Vergangenheit führte der verstärkte Zinsrückgang dazu, dass der Ertrag einer Investition in deutsche Staatsanleihen zu einem immer höheren Anteil durch Kursgewinne bestimmt wurde. So stieg der REX-Performance-Index im Jahr 2014 um 7,1 Prozent an, wovon 5,7 Prozentpunkte auf Kursgewinne entfielen. Auch im bisherigen Jahr dominieren Kursgewinne den Ertrag.

Ohne eine Prognose zur zukünftigen Zinsentwicklung treffen zu müssen, wird bei Analyse der derzeitigen Ausgangsbasis an den Rentenmärkten deutlich, dass sich die Vergangenheitsentwicklung nicht für die Zukunft fortschreiben lässt. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld sind sowohl die laufende Verzinsung als auch das Potenzial zukünftiger Kurssteigerungen durch einen weiteren Rückgang des Kapitalmarktzinsniveaus im historischen Vergleich begrenzt. Insgesamt bieten deutsche Staatsanleihen somit kein ­attraktives Rendite-Risiko-Profil mehr.

In dem Buch "Die Zinsfalle" werden Möglichkeiten zur Steigerung der Rendite wie vor allem das Ausweichen auf Unternehmensanleihen behandelt. Die Darstellung der historischen Entwicklung und eine Würdigung der damit verbundenen Risiken zeigt jedoch auf, dass auch hier kein attraktives Rendite-Risiko-Profil mehr vorhanden ist.

Indexorientierte Rentenfonds, konservative Mischfonds sowie viele vermögensverwaltende Strategien haben in der Vergangenheit hauptsächlich von der Marktentwicklung mit hohen Zinskupons und Kursgewinnen profitiert und keinen aktiven Mehrwert für Anleger gebracht. Investoren sollten die Attraktivität einer Anlage grundsätzlich nicht auf Basis der in der Vergangenheit erzielten Renditen beurteilen, sondern die aktuellen Marktrahmenbedingungen und das Potenzial für die Zukunft hinterfragen.

Im aktuellen Niedrigzinsumfeld stellt eine sinnvolle Portfoliopositionierung eine besondere Herausforderung dar. Ein Anleger sollte sich die Frage stellen, wie er ein Portfolio neu aufbauen würde. In vielen Fällen wird er dabei feststellen, dass das bestehende Portfolio in Positionen investiert ist, welche er unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht ­erneut kaufen würde.

Neue Strategien für neue
Rahmenbedingungen

Für die aktuelle Situation gibt es kein historisches Vorbild, sie erfordert neue Strategien, die bisher aber in den wenigsten Portfolios umgesetzt wurden. Gerade im aktuellen Niedrigzinsumfeld stellen flexible Rentenfonds sowie vor allem Absolute-Return-Strategien eine attraktive Alternative dar. Dabei kommt der fundierten Auswahl erfahrener Experten eine besondere Bedeutung zu. Dabei tragen sorgfältig ausgewählte und von erfahrenen Alpha-Managern verwaltete Absolute-Return-Strategien durch ihren besonderen Charakter und ihre marktunabhängige Orientierung zur Diversifikation und Stabilität des Gesamtportfolios bei und stellen damit einen wichtigen Bestandteil für fast jedes Portfolio dar. Ein Portfolio vielversprechender, von erfahrenen Fondsmanagern verwalteter Absolute-Return-Fonds bietet daher vielen Investoren eine interessante Alternative im Niedrigzinsumfeld.

Kurzvita

Eckhard Sauren,
Fondsmanager

Sauren gründete im Jahr 1991 die Sauren Finanzdienstleistungen und spezialisierte sich auf die unabhängige Analyse von Fondsmanagern und deren Produkte. Zudem verantwortet er als Fondsmanager die Dachfonds der Sauren-Gruppe. Im Jahr 2011 wurde Eckhard Sauren vom Wirtschaftsmagazin €uro als einer der "Köpfe des Jahrzehnts" ausgewählt.
Die Sauren-Gruppe ist ein bankenunabhängiger Spezialanbieter für Fondsanalyse. Als Asset Manager übernimmt ­Sauren für institutionelle Anleger die Verwaltung von Spezial­fonds, Private Label Fonds und ­Managed Accounts.

Jetzt neu erschienen: Eckhard Sauren:
Die Zinsfalle, Finanzbuch Verlag, 256 S., 19,99 Euro, ISBN: 978-3-89879-898-3

Bildquellen: travellight / Shutterstock.com, Philippe Ramakers/Sauren Fonds-Se