EZB kauft monatlich Anleihen für 60 Milliarden Euro
Die Europäische Zentralbank hat sich für Anleihenkäufe im Volumen von mindestens 1,14 Billionen Euro entschieden. Der DAX stieg auf ein neues Allzeithoch, der Euro fiel tief. Weitere Reaktionen.
Die Europäische Zentralbank, kurz EZB, verschärft ihren Kampf gegen ein drohendes Abrutschen der Wirtschaft im Euroland. Der EZB-Rat beschloss am Donnerstag in Frankfurt neue Krisenmaßnahmen, wie die Notenbank mitteilte. Detailliert hat die EZB vor, jeden Monat 60 Milliarden Euro ab März 2015 bis mindestens September 2016 in Staatsanleihen mit Investment-Grade zu investieren, so EZB-Chef Mario Draghi in der turnusmäßig anberaumten Pressekonferenz zum EZB-Entscheid. Das Volumen liegt damit bei mindestens 1,14 Billionen Euro. Das ist etwas mehr als zuletzt von Experten erwartet wurde. Für eine solche Anti-Krisen-Maßnahme - im Fachjargon quantitative Lockerung oder "QE" genannt - druckt die EZB frisches Zentralbankgeld und kauft damit Wertpapiere. Seit Monaten hatten Draghi und weitere führende Notenbanker die Märkte auf einen solchen Schritt vorbereitet. Die Entscheidungen sollen laut Draghi die Inflation positiv beeinflussen. Die Ankäufe sollen so lange fortgeführt werden, bis sich die Inflation "in die richtige Richtung entwickelt", so der EZB-Chef weiter. Ziel sei die Schaffung großer Liquidität im Euroraum. In Reaktion auf den Anleihen-Entscheid stieg der DAX kurzzeitig auf ein neues Allzeithoch von 10.399,67 Zähler und pendelte anschließend um die Nullinie. Im weiteren Verlauf sprang der DAX zu neuen Höchstständen: die Marke von 10.454,05 Indexpunkten wurde neu gesetzt. Zum Handelsende blieb ein Aufschlag von 1,32 Prozent auf 10.432,62 Zähler. Der Euro fiel daneben auf bis zu 1,1404 Dollar - ein Elfjahrestief - zurück.
Wirkung von QE ist umstritten
Das frische Geld kommt im Idealfall über die Banken, denen Anleihen abgekauft würden, in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an. Das soll Konsum und Investitionen anschieben und so die maue Konjunktur in Schwung bringen. Funktioniert das wie erwartet, würde das auch die zuletzt extrem niedrige Inflation im Euroraum wieder in Richtung des EZB-Ziel von knapp unter 2,0 Prozent befördern. Damit würden Sorgen vor einem gefährlichen Preisverfall auf breiter Front - also einer Deflation - vorerst beendet. Allerdings ist die Wirkung von Anleihenkäufen unter Volkswirten und Notenbankern umstritten, etwa weil die Zinsen bereits sehr niedrig sind. "Die Impulse eines weiteren Zinsrückganges auf die Investitionen werden daher gering ausfallen", urteilt etwa die Deutsche Kreditwirtschaft. Eine Antwort auf die Frage, ob es einen "Plan B" für ein Scheitern der Anleihenkäufe gibt, blieb Draghi schuldig.
Reaktionen auf den Anleihen-Entscheid
In einem ersten Statement hält der Bankenverband die geplanten Anleihekäufe der EZB für überzogen. Die EZB dramatisiere die Preis- und Wirtschaftsentwicklung im Euro-Raum unnötig. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hält die Anleihekäufe der Europäische Zentralbank für falsch. Die EZB habe ohne Not ihren letzten Trumpf ausgespielt. Harte Krtiki kam auch von Seiten des Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW): "Die EZB untergräbt damit die Anreize für eine nachhaltige Haushaltsdisziplin und Schuldenpolitik", erklärte IfW-Präsident Dennis Snower. Ein Lob gab es hingegen vom Internationalen Währungsfonds, kurz IWF: Das Programm werde helfen, "die Kreditkosten in der Eurozone zu senken, die Inflationserwartung zu erhöhen und das Risiko einer in die Länge gezogenen Phase niedriger Inflation zu reduzieren", so IWF-Chefin Christine Lagarde. Allerdings müsse die lockere Geldpolitik auch durch wirtschaftspolitische Entscheidungen unterstützt werden, mahnte sie weiter. Dazu gehörten Strukturreformen und die Ankurbelung der Nachfrage.
Redaktion finanzen.net / dpa-AFX
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