Anleihe auf SV Werder Bremen: Viele Fragezeichen wegen Corona-Beschränkungen
Mittelstandsanleihe des Monats: Regelmäßig untersucht die Redaktion von €uro am Sonntag in Kooperation mit URA Research Mittelstands-Anleihen. Diesmal gilt der Anleihe von SV Werder Bremen unsere Aufmerksamkeit.
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Geschäft: Der SV Werder Bremen (kurz: SV Werder) ist im Mai 2021 in die 2. Bundesliga abgestiegen, nach gerade noch erfolgreichen Relegationsspielen im Vorjahr. Im Geschäftsjahr 2021 (Ende am 30.6.) wurden die Prognosen (128 Millionen Umsatz und ein leicht positiver Jahresüberschuss) verfehlt: Erlaubte Zuschauerzahlen und Transfererlöse lagen unter dem Plan. Der Umsatz sank um zwölf auf 109 Millionen Euro (nach 154 Millionen im Vor-Corona-Jahr 2019). Rückläufig war vor allem der Spielbetrieb (16 Heimspiele ohne Zuschauer, nach fünf im Vorjahr), aber auch das Sponsoring.
Der Verlust nach Steuern verbesserte sich von 24 auf sieben Millionen Euro, vor allem wegen niedrigerer Spielbetriebskosten und Personalkosten (mit 62 Prozent vom Umsatz noch sehr hoch) sowie Einmalerträgen aus Rückstellungen und Immobilienverkäufen. Das negative Eigenkapital verschlechterte sich von 13 auf 20 Millionen Euro. Die Differenz zwischen dem Marktwert der Spieler laut "transfermarkt.de" und deren Buchwert laut Bilanz betrug 27 Millionen Euro (ein Hinweis auf mögliche stille Reserven, die allerdings im Krisenfall nur schwer realisierbar sind).
Für das Geschäftsjahr 2022 wird ein positiver Jahresüberschuss prognostiziert: Eine deutliche Reduzierung der Personalkosten soll den spürbaren Umsatzrückgang aufgrund des Abstiegs (TV-Erlöse) überkompensieren. Dieses Ziel ist jedoch schwer zu erreichen, da aktuell entgegen den Annahmen seit dem zweiten Spieltag der Rückrunde zumindest in Bremen keine Zuschauer mehr erlaubt sind.
Zinszahlung: Die Zinsdeckung war wegen des negativen Gewinns vor Zinsen und Steuern (Ebit) und des sehr niedrigen Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Jahr 2021 und 2020 naturgemäß ungenügend, in den drei Jahren vor Corona dagegen ausgezeichnet (damals kaum Zinsaufwand).
Die sechs jährlichen Anleihezinszahlungen von jeweils 1,14 Millionen Euro wären dann aus dem Cashflow finanzierbar, wenn künftig wieder mindestens so viele Zuschauer zugelassen würden wie in den Heimspielen der Hinrunde (im Schnitt 55 Prozent Auslastung). Solange die Zuschauer jedoch fehlen, müssen die Zinsen aus der vorhandenen Liquidität (23 Millionen Euro zum 30.6.2021, generiert durch einen 20-Millionen-KfW-Kredit) kommen.
Tilgung: Das Investorenvertrauen ist überraschend hoch: Der Anleihekurs notiert bisher durchweg über 108 Prozent. Die Kennzahl "Nettofinanzschulden zu Ebitda" war im Jahr 2021 ausreichend, 2020 ungenügend und vor Corona ausgezeichnet.
Der Free Cashflow (Mittelzufluss laufendes Geschäft inklusive Zinsergebnis minus Investitionssaldo) war in den letzten fünf Jahren durchweg negativ: 2021 und 2020 wegen der Jahresverluste, zuvor wegen zahlreicher Spielerkäufe.
Fazit: Das Testat im Geschäftsbericht 2021 vom 29.09.2021 enthält wie im Vorjahr die Bemekung "Wesentliche Unsicherheit im Zusammenhang mit der Fortführung der Unternehmenstätigkeit" für den Fall weiterer Corona-Einschränkungen, die seit zwei Spieltagen tatsächlich eingetreten sind. Solange sich dies nicht ändert, müssen die Zinszahlungen aus der Liquidität erfolgen.
Bei der Refinanzierung im Jahr 2026 dürfte eine neue Anleihe wahrscheinlich sein, sofern das aktuelle Investorenvertrauen weiter anhält, unterstützt durch einen erhofften schnellen Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga.
Einschätzung der Redaktion: Halten.
ISIN: DE000A3H3KP5
URA Research verwendet bei seiner Anleiheanalyse eine standardisierte Methode, die sich ausschließlich an den Interessen der Investoren orientiert. Zu den Kunden zählen Vermögensverwalter und Family Offices.
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Bildquellen: Carsten Heidmann/SV Werder Bremen , travellight / Shutterstock.com