Baader Bond Markets-Kolumne Klaus Stopp

Italien-Krise lässt Bond-Anleger auf Nummer Sicher gehen

10.11.11 14:05 Uhr

Italien-Krise lässt Bond-Anleger auf Nummer Sicher gehen | finanzen.net

Sicherheit ist Trumpf. Auch wenn’s dafür kaum mehr eine Rendite gibt, flüchtet das Gros der Anleger ...

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... in den sicheren Hafen der Bundesanleihen. Nachdem der Druck auf den europäischen Wackelkandidaten Italien massiv zugenommen hat, ist die Nachfrage nach Anleihen der Bundesrepublik Deutschland stark gestiegen. Entsprechend ging die Umlaufrendite um satte 5% auf 1,51% zurück, der Bund-Future bewegt sich mit knapp 139% auf rekordverdächtigem Niveau. Gesucht waren vor diesem Hintergrund diese Woche unter anderem die bis 10/2014 laufende Bundesobligation Serie 155 (WKN 114 155), die gerade noch eine Rendite von ca. 0,49% aufweist. Ebenfalls auf den Kauflisten stand eine Bundesanleihe mit Laufzeit 5/2016 (WKN 113529), die mit 0,70% rentiert. Damit bieten die Bundestitel längst nicht mal mehr den Inflationsausgleich. Den Bundesfinanzminister dagegen freut’s, kann sich doch der Staat derzeit fast zum Nulltarif refinanzieren.

Um dennoch eine bessere Ernte einzufahren, sind Anleger selektiv auf Renditejagd zu beobachten. Corporate Bonds von Emittenten, die zwar nicht das beste Rating aufweisen, aber dennoch eine ordentliche Reputation haben, finden daher immer wieder ihre Käufer. Dies trifft etwa auf einen Bond von Dürr zu (WKN A1EWGX), der bei einer Laufzeit bis 9/2015 derzeit eine Rendite von ca. 3,71% bringt. Dasselbe gilt für eine bis 9/2035 laufende nachrangige Anleihe von General Electric (WKN A0GFB8), die mit ca. 5,90% rentiert. Ebenso gesucht war ein kündbarer Bond von Hornbach (WKN A0C4RP), der 11/2014 fällig wird.

Weiterhin gesucht sind Titel in der Alternativwährung norwegische Kronen. Im besonderen Interesse der Anleger stand diese Woche eine norwegische Staatsanleihe mit Laufzeit 5/2017 und einem Kupon von 4,25%, die mit ca. 1,86% rentiert (WKN A0GS9C).

Rom kann die Finanzmärkte auf Dauer nicht täuschen

Europa kommt nicht zur Ruhe. Hegten viele Marktbeobachter nach dem EU-Gipfel vor 14 Tagen noch die Hoffnung, dass nun ein tragfähiges Konzept gefunden worden sei, so ist diese einer großen Ernüchterung gewichen. Ringen doch die Regierungen in Athen und Rom um ihre Handlungsfähigkeit. Sich der Hoffnung hinzugeben, dass nach einem Rückzug Berlusconis wieder „eitel Sonnenschein“ herrsche, wäre falsch. In Italien konnte die Regierung die Bürger sehr lange täuschen, aber bei den Finanzmärkten hat dies so nicht funktioniert. Die Finanzmärkte setzten und setzen Italien unter Druck und nicht das Volk. Dieses schließt sich dieser Bewegung nun an und die Bürger/-innen hoffen auf bessere Zeiten.

Die große Frage wird allerdings sein, wann sich Italien an den Finanzmärkten wieder zu erträglichen Konditionen wird refinanzieren können. Die für den heutigen Donnerstag geplante Emission 10-jähriger Staatsanleihen hat das italienische Finanzministerium abgesagt. Die Begründung der Italiener, man brauche im Moment kein Geld, hat den Börsianern lediglich ein müdes Lächeln abgerungen. Ob man hierbei auf die Unterstützung der neuen EZB unter Mario Draghi hoffen kann, ist ungewiss. Eines ist allerdings sicher, ein Stilwechsel wurde bereits am letzten Donnerstag sichtbar. Die für die meisten Akteure überraschende Zinssenkung der EZB ist nicht vollumfänglich zu verstehen. Will Draghi etwa eine Zweigstelle der amerikanischen Notenbank leiten? Der Einfluss der Enkel von Tietmeyer, Pöhl und Schlesinger ist geschwunden, und die Stabilitätspolitik der EZB hat nur noch wenig gemeinsam mit der Geldpolitik der Deutschen Bundesbank. Auch der massive Ankauf italienischer und spanischer Staatsanleihen passt ins Bild und kann die Leiden Italiens nicht nachhaltig mildern. Andere Staaten hatten bei solchen Renditeniveaus bereits die Waffen gestreckt und sich den Märkten ergeben. Aktuell versuchen Vertreter der europäischen Notenbank die Staatsregierungen zu überzeugen, dass nur noch mittels Euro-Bonds Schlimmeres verhindert werden kann. Not macht erfinderisch, aber Not frisst auch Hirn.

Die Allzweckwaffe EFSF steht am Scheideweg

Die Zeit drängt, denn Italien steht am Abgrund, und es ist weiterhin keine Lösung bei der Hebelung in Sicht. Die Allzweckwaffe zur Eurorettung, der EFSF, scheint selbst zum Problemfall zu werden. Die potenziellen Heilsbringer Russland, Japan und China zeigen kein Interesse, sich finanziell einzubringen. Die geplante EFSF-Emission musste sogar kurzfristig um eine Woche auf letzten Montag verschoben werden. Die Nachfrage für die 10-jährige Anleihe (A1G0AD / 2022) übertraf aber auch dann nur knapp das angepeilte Volumen i.H.v. 3 Mrd. €. Dass niemand die Anleihe kaufen wollte, war auch darauf zurückzuführen, dass mit dem Euro-Rettungsfonds eine „Eier legende Wollmilchsau“ geschaffen werden soll. Nun ist das Konstrukt für viele Investoren zu kompliziert und damit uninteressant geworden. Sie wollen sich lieber über direkte Investitionen in europäische Unternehmen an der Rettung beteiligen.

Die eine EFSF-Variante, die Gelder des Euro-Rettungsfonds zur Besicherung von Anleihen zu verwenden, wäre sicherlich noch in diesem Jahr umzusetzen. Die andere Variante der direkten finanziellen Beteiligung anderer Staaten an der Rettung von Euroländern mittels Sondertöpfen beim IWF wäre frühestens im Februar zu realisieren. Das aber wäre zu spät. So fällt der EZB wieder eine Sonderrolle zu. Diese muss bei der Überbrückung helfen und somit Zeit schinden.

USA müssen beim Haushalt Farbe bekennen

In den USA blicken alle Politiker auf den 23. November. Bis dahin muss das Sondergremium aus sechs Demokraten und Republikanern seinen Sparplan vorlegen, der die Budgetdefizite von 2012 bis 2022 um mindestens 1,2 Billionen US-Dollar mindert. Sollte dies nicht gelingen, werden automatisch Haushaltskürzungen gemäß des Notkompromisses vom August 2011 veranlasst. Im bereits beginnenden Vorwahlkampf wären beide Seiten sicherlich nicht begeistert über die daraus resultierenden Kürzungen. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Amerikaner mit Tipps für eine „erfolgreiche Haushaltssanierung“ zurückhalten und mehr vor der eigenen Haustüre kehren. Amerika hat zwar den Vorteil, dass man Herr über die einzig wahre Weltleitwährung ist, aber das muss nicht immer so bleiben. Die Krise um die Euroländer spielt den USA momentan in die Karten.

Amerika wäre aber nicht Amerika, wenn es nur eine Baustelle hätte. Zurzeit droht ein erneuter militärischer Konflikt, denn Israel fühlt sich vom Iran bedroht. Finanziell wäre ein solcher militärischer Schlag sicherlich nicht förderlich, aber in der Vergangenheit hat dieses Mittel immer wieder die Nation vereint und von nationalen Problemen abgelenkt. Da im Rahmen des Sparvorschlags auch die Reduzierung des Verteidigungsetats angedacht wurde, wäre eher eine weitere Aufstockung nötig. Dazu müssten Gelder von anderen Budgets abgezweigt werden oder aber der gesamte Plan ad acta gelegt werden.

Unternehmen hamstern Liquidität

So manches deutsche Unternehmen macht sich derzeit daran, seine Kassen auf Vorrat zu füllen. Um für eine mögliche Kreditklemme gewappnet zu sein, sind sie dabei, ihre Liquiditätspositionen zu erhöhen. So hält der Pharmakonzern Bayer laut „Börsen-Zeitung“ derzeit eine Liquiditätsposition von 3,8 Mrd. Euro, was gut dem Fünffachen dessen entspricht, was in „Nichtkrisenzeiten“ an Kasse gehalten werde. Die Unternehmen helfen sich also selbst, weshalb zu erwarten ist, dass auch in Zukunft die Pipeline für Neuemissionen von Corporate Bonds immer wieder gefüllt werden dürfte. Dafür spricht auch die ängstliche Haltung der Banken, die sich an dem hohen Volumen von fast 300 Mrd. Euro ablesen lässt, das die Institute bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angelegt haben, anstatt es als Kredite auszugeben. Auch wenn 2011 die Neuemissionen mit einem prognostizierten Jahresvolumen von rund 150 Mrd. Euro hinter dem Niveau des Vorjahres (165 Mrd. Euro) zurückbleiben wird, bewegt sich das Volumen doch auf einem sehr hohen Niveau.

Trend verstärkend werden die verschärften Eigenkapitalrichtlinien des Reformpakets Basel III sein, das ab 2013 stufenweise eingeführt werden soll. So zeigte eine vor Kurzem veröffentlichte Studie des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, dass Bankkredite an Klein- und Mittelbetriebe aufgrund von Basel III knapper und teurer werden. Sprich: Es droht eine neue Kreditklemme.

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Der Autor dieses Artikels ist Klaus Stopp, Leiter der Skontroführung Renten bei der Baader Bank AG. www.Baadermarkets.de

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