Die Kapitalmärkte gehen atemlos ins neue Jahr
Ohne richtig Atem holen zu können, geht es für die Kapitalmarktbeobachter im neuen Jahr Schlag auf Schlag.
Nachdem kurz vor Silvester klar geworden ist, dass Griechenland am 25. Januar eine neue Regierung wird wählen müssen, lancierte die Bundesregierung über den "Spiegel" die Einschätzung, ein EU-Austritt von Hellas sei verkraftbar. Hegt damit Berlin die Absicht, Druck auf das in Umfragen führende Linksbündnis Syriza auszuüben, das im Falle eines Wahlsiegs ein Ende der Sparpolitik Athens angekündigt hatte? Oder will die Bundesregierung damit gar der AfD im Inland den Wind aus den Segeln nehmen? Vielleicht kann man beide Fragen mit Ja beantworten.
Offiziell heißt es von der Bundesregierung dazu, sie lote derzeit mit den Euro-Partnern die Möglichkeiten aus, wie Athen nach einem Regierungswechsel seinen Reformkurs fortsetzen kann, um das Land im Falle eines Wahlsiegs von Syriza im Euro zu halten. Wenn nun die Griechen Ende des Monats erneut zur Wahl gerufen werden, ist trotz des Vorsprungs des Linksbündnisses in Meinungsumfragen aber zu befürchten, dass es wieder keine klaren Verhältnisse geben wird. Vielmehr dürfte Syriza in eine Koalition gezwungen werden, so dass es am Ende weder zu einem Währungsschnitt noch zu einem Euro-Austritt kommen könnte. Vielmehr ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds weiter versuchen wird, die Löcher im griechischen Haushalt zu stopfen, was im Grunde ja nichts anderes wäre als eine Fortsetzung der Insolvenzverschleppung.
Natürlich wäre ein Euro-Ausstieg Griechenlands, genannt "Grexit", nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Das hatte sich am Montag, nachdem die Planspiele der Bundesregierung kolportiert worden waren, gezeigt. Der DAX brach prompt um 3% ein, der Euro markierte am gestrigen Mittwoch mit 1,183 US-Dollar sogar ein neues Neun-Jahres-Tief. Auf Sinkflug gingen auch griechische Staatsanleihen, die allesamt auf neue Zwölf-Monats-Tiefs abgesackt sind. Dies wird beispielhaft an einem Papier (WKN: A1ZGWQ) deutlich, das bis 4/2019 läuft, im Oktober vergangenen Jahres bei 99,133% emittiert wurde und nun auf einem Niveau von rund 75,65% notiert. Der Umstand aber, dass parallel dazu die Kurse von Staatsanleihen anderer Länder wie Italien und Spanien zulegen konnten, deutet darauf hin, dass im Gegensatz zu früher aktuell kein Flächenbrand in Südeuropa zu drohen scheint. Hier werfen offenbar die erwarteten Anleihekäufe der EZB ihre Schatten voraus. Auch die bisherigen Reformbemühungen der betroffenen Länder dürften sich bezahlt machen.
Die Schlagzahl, mit der der Kapitalmarkt gleich von Jahresbeginn an auf Trab gehalten wird, ist auch einer Reihe bereits feststehender Termine geschuldet - so wie der des Eurogipfels im Februar, auf dem es wieder eine Diskussion über eine EU-Vertragsänderung geben wird. Dann folgt schon der März, in dem die EU-Kommission ihr Urteil über die Defizitsünder Frankreich und Italien fällen wird. Und im selben Monat laufen nach einem Jahr die ersten Russlandsanktionen aus, wobei es in der EU Tendenzen gibt, diese nicht zu verlängern. Hierzu hat sich zum Beispiel Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande entsprechend geäußert. Er will ein Ende der Sanktionen. Auch der ehemalige EU-Kommissions-Präsident Romano Prodi mahnt an, dass Italien bei den Exporten nach Russland einen signifikanten Einbruch von 50 Prozent erleben werde. Und vor Weihnachten hatte sogar unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals eine mögliche Lockerung der EU-Sanktionen angedeutet. Sollte sich die EU gegen eine Verlängerung der Maßnahmen entscheiden, dürfte nicht zuletzt ihr der Groll Washingtons gewiss sein.
Im Mai folgt dann die Unterhauswahl in Großbritannien, nach der feststehen wird, ob Premierminister David Cameron weiterregieren und den Briten für 2017 ein Referendum über einen EU-Austritt anbieten kann. Weitere Wahlen in der EU stehen im Oktober (Portugal) und im Dezember (Spanien) an.
Das eine turbulente Jahr ist also kaum vorbei, schon hat ein neues begonnen, das verspricht, nicht weniger spannend zu werden.
US-Dollar-Bonds erklimmen neue Zwölf-Monats-Hochs
Obwohl der Euro auf seinem rekordtiefen Niveau von rund 1,18 US-Dollar den Einstieg in US-Titel immer teurer macht, sind sowohl US-Staatsanleihen als auch auf Dollar lautende Corporate Bonds weiter gefragt. So notieren US-Anleihen trotz der Erwartung auf eine baldige Zinswende in den USA und in Anbetracht des steigenden US-Dollar-Kurses vielfach auf neuen Zwölf-Monats-Hochs.
Wie am Beispiel eines Titels, der bis 1/2020 läuft (A1HFN3) und der ein neues Jahreshoch von ca. 99,54% aufweist, rentieren die gefragten US-Treasuries im fünfjährigen Bereich derzeit mit ca. 1,47%. Im langfristigen Bereich mit Laufzeiten von rund 20 Jahren ergibt sich eine aktuelle Rendite von ca. 2,25% - etwa bei einer US-Staatsanleihe, die 2/2036 fällig wird (A0GM7Y). Der Kurs ist hier auf ein neues Zwölf-Monats-Hoch von ca. 138,16% gesprungen.
Bei Corporate Bonds stand in dieser Woche unter anderem eine Anleihe von Microsoft (A1A1TC) auf den Wunschzetteln der Anleger. Das Papier, das 10/2020 zurückgezahlt wird, wirft bei einem Kursniveau von derzeit rund 105,60% und einer halbjährlichen Zinszahlung eine Rendite von ca. 1,95% ab. Gefragt war auch ein Corporate Bond von General Electric (A1GKXE) mit Fälligkeit 1/2021, der sich bei einem Kursniveau von 112,70% ebenfalls auf Jahreshoch bewegt. Dies kommt einer Rendite von rund 2,32% gleich. Ähnlich verhält es sich mit einem kündbaren Titel von Apple (A1HKKX), der bis 5/2023 läuft und mit ca. 98,80% auf seinem Zwölf-Monats-Hoch notiert. Auch ein Bond von JP Morgan Chase (JPM4A1) mit Laufzeit 2/2024 und rund 3,14% Rendite hat mit 106,00% neue Höhen erklommen.
Zauberlehrling Draghi wird die Geister, die er rief, so schnell nicht mehr los
So wie Goethes Zauberlehrling hat auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, mit seiner Geldpolitik Geister heraufbeschworen, die er nicht mehr so schnell losbekommt. Entsprechend steigt mit der zunehmend sinkenden Inflationsrate inzwischen die Wahrscheinlichkeit, dass im Zuge der anstehenden geldpolitischen Entscheidungen bereits am 22. Januar der Ankauf von Staatsanleihen beschlossen wird.
Die Spielregeln sind zwar immer noch nicht bekannt, aber der Druck der Märkte wächst von Tag zu Tag. Sicherlich ist auch der Termin - drei Tage vor der Griechenlandwahl - für ein solches Ansinnen "suboptimal", aber auch dieser Umstand wird für den italienischen Zauberlehrling kein Problem darstellen. Aus den bisherigen Andeutungen der Notenbanker lässt sich auf ein Ankaufvolumen für diese Assetklasse von mindestens 400 Mrd. € schließen. Legt man den Eigenkapitalschlüssel der EZB zugrunde, so würde das alleine für Deutschland einen Ankauf von mindestens 100 Mrd. € bedeuten. Bei solchen Beträgen lohnt sich der Blick hinter die Kulissen, denn das Volumen aller ausstehenden Anleihen des Bundes beläuft sich aktuell auf ca. 1,1 Bill. € und wird größtenteils von Notenbanken im Rahmen der Fremdwährungsreserve gehalten. Somit würde eine große Nachfrage auf ein vergleichsweise kleines verfügbares Angebot treffen und die Kurse deutscher Staatsanleihen noch weiter nach oben treiben. Aus Gründen der Gleichbehandlung kann man zwar einzelne Länder bei solchen Ankaufprogrammen nicht ausklammern. Aber die niedrigen Refinanzierungskosten in Deutschland würden die Sinnhaftigkeit einer solchen Aktion in Frage stellen - zumal europaweit die niedrigen Zinsen von vielen Politikern den Druck nehmen, sich für grundlegende Reformen einzusetzen. Dies ist und war so nie gewollt.
Sollte es soweit kommen, so könnte dies allerdings auch der Anfang vom Ende sein. Denn aufgrund der Währungsentwicklung, der aufgelaufenen Kursgewinne und der insbesondere für Deutschland entstandenen Haftungsrisiken könnten sich Investoren dazu entschließen, Gewinne mitzunehmen und sich anderen Märkten zuzuwenden. Schon jetzt spekulieren viele Marktteilnehmer auf eine Zinserhöhung in den USA und England. Diese erscheint allerdings für die USA, wegen der aktuellen Wechselkursentwicklung und der damit verbundenen Verteuerung der Exporte sowie der finanzpolitischen Risiken im Zusammenhang mit "Fracking", noch lange nicht beschlossen zu sein.
Raiffeisen Bank in Wien bekommt Russland-Sanktionen zu spüren
Ihre ganz besonderen Gründe für ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland dürfte auch die Raiffeisen Bank International haben. Das in Osteuropa stark engagierte österreichische Institut muss Wertberichtigungen vornehmen, nachdem ihre russische Tochter ZAO, die bisher eine wichtige Ertragsbringerin war, deutlich weniger Gewinne einfährt.
Die ZAO Raiffeisenbank gilt als eine der größten ausländischen Banken in Russland. Durch den Rubel-Verfall schrumpft allerdings deren Eigenkapital. Hinzu kommt die Gefahr, dass durch die stockende Wirtschaftsentwicklung die Anzahl der faulen Kredite zunehmen wird. Noch aber sieht der Vorstand keinen Anlass, das Eigenkapital aufzustocken.
Auch in Polen geraten Genossenschaftsbanken ins Wanken. Allerdings ist dort der Fall anders gelagert als in Wien. Und zwar soll rund jede zweite der 55 polnischen Genossenschaftsbanken vor der Pleite stehen. Es ist davon auszugehen, dass das Gros der polnischen Genossenschaftsbanken entweder umstrukturiert oder an die Geschäftsbanken veräußert werden muss. Weil sich die Branche außerhalb der öffentlichen Aufsicht befunden hat, müssen nun "Aufräumarbeiten" erledigt werden, heißt es bei der polnischen Regulierungsbehörde.
Zwei Institute, die bereits in Konkurs gegangenen sind, haben schon 25% des polnischen Banken-Garantiefonds aufgebraucht. In der sechstgrößten Volkswirtschaft der EU hofft man nun darauf, dass die gemeinsame Einlagensicherung der EU bald kommt.
Arbeitsmarkt innerhalb der EU klafft auseinander
Der Euroraum geht mit einer unverändert hohen Arbeitslosigkeit ins neue Jahr. So lag die Quote der Menschen ohne Job im November 2014 in der EU bei 11,5%. Das entspricht 18,4 Mio. Männern und Frauen. Beunruhigend ist die weiterhin hohe Arbeitslosigkeit von 23,6% unter Jugendlichen. Am dramatischsten ist die Situation in Spanien und Griechenland, wo jeweils ca. die Hälfte der Jugendlichen ohne Job ist.
Mit 5,0% weist Deutschland nach Österreich (4,9%) die beste Quote aus. Diese Werte von der EU-Statistikbehörde Eurostat weichen aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden allerdings von den Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) ab, die die Arbeitslosigkeit für Deutschland mit 6,4% (Dezember 2014) angibt. Dies ist die niedrigste Dezember-Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung. Zuvor war der Beschäftigtenstand in Deutschland im November um 1,0% auf den Rekordwert von 43,1 Mio. Menschen gestiegen. Immer mehr Unternehmen suchen laut BA ganz unabhängig von ihrer aktuellen Auftragslage vorsorglich nach qualifizierten Kräften.
Damit herrschen auf den Arbeitsmärkten in Ländern wie Deutschland oder Österreich völlig andere Ausgangslagen für 2015 als etwa in Spanien oder Griechenland.
Danone macht den Auftakt
Auch in diesem Jahr lassen es die Finanzchefs ruhig angehen und treten mit ihren Refinanzierungsplänen nur vereinzelt in Erscheinung.
Den Anfang bei den bekannten Unternehmen machte der französische Lebensmittel- und Getränkehersteller Danone SA, der insgesamt 1,3 Mrd. € mittels zweier Anleihen am Kapitalmarkt aufnahm. Die erste Tranche im Volumen von 550 Mio. € (FR0012432904) wird variabel verzinst (3 Monats-Euribor + 33) und ist am 14.01.2020 endfällig. Die zweite Tranche (FR0012432912) ist mit einem Kupon von 1,125% ausgestattet und wird am 14.01.2025 zurückgezahlt. Die Mindeststückelung beläuft sich allerdings bei beiden Gattungen auf nominal 100.000,-- €.
Schon in den nächsten Tagen ist davon auszugehen, dass auch andere Unternehmen das aktuell sehr niedrige Zinsniveau zur Liquiditätsbeschaffung nutzen werden.
Quo vadis, Zins?
Wir schreiben mittlerweile das Jahr 2015 und auch in diesem Jahr stellt man sich die Frage: Quo vadis, Zins? Trotz des neuen Jahres bleiben die alten Probleme erhalten und somit ist es nicht verwunderlich, dass auch beim Euro-Bund-Future alles beim Alten bleibt. Das beherrschende Thema an den Märkten ist und wird auch in den nächsten Tagen "Grexit" sein. Daher sind Bond-Anleger weiterhin auf der Suche nach Sicherheit, die jeder Investor nach seinen Bedürfnissen definieren muss. Die als sicherer Hafen geltenden Bundesanleihen standen im Mittelpunkt des Interesses und daher hatte das Sorgenbarometer keinerlei Mühe, eine neue Höchstmarke bei 157,26% zu erklimmen, was einem neuen Rekordtief von 0,42% als Rendite für zehnjährige Bundesanleihen entspricht.
Fast täglich neue Höchststände machen es auch der Charttechnik nicht einfach, verlässliche Leitplanken vorzugeben. Somit bleibt die neue Bestmarke bei 157,26% vorerst das neue Maß aller Dinge und die erste nennenswerte Unterstützung verläuft bei 156,25% bzw. um die psychologisch wichtige Marke von 156%.
Alle Jahre wieder kommt …
Das Kinderlied "Alle Jahre wieder" ist auch im neuen Jahr allgegenwärtig, doch handelt es aktuell nicht mehr vom Christuskind! Das Thema ist bis zum Ende dieses Jahres abgehakt. Vielmehr lautet der Text in Euroland: "Alle Jahre wieder kommt das Sorgenkind".
Die für Ende Januar in Griechenland angesetzten Neuwahlen schüren bei den meisten Marktteilnehmern die Angst, dass sich die Euro-Krise wieder verstärken könnte. Und zusätzlich wurden Aussagen von EZB-Chef Mario Draghi so interpretiert, dass die EZB schon bald mit dem Ankauf von Staatsanleihen beginnen könnte, was gleich zu Beginn des noch jungen Jahres einer signifikanten Weichenstellung entspräche.
Die genannten Themen sind hauptverantwortlich für die deutliche Reduzierung des Euro-Außenwertes in den vergangenen Wochen. Pendelte die Gemeinschaftswährung am 18.12.2014 noch um die Marke von 1,238 USD, stießen wir in dieser Woche bis in Gefilde von 1,18 USD vor, in denen wir uns aktuell noch bewegen.
Im Vergleich mit dem russischen Rubel kam die Gemeinschaftswährung nach seinem Allzeithoch wieder etwas "auf die Erde nieder". Sein Tief erreichte der Euro an den Weihnachtsfeiertagen bei 62,9921 RUB, doch die drohende Rating-Herabstufung Russlands konnte die gemeinsame europäische Währung nutzen. Zur Stunde bewegt sie sich im Bereich von 73,40 RUB.
Bisher fragten Privatanleger im neuen Jahr insbesondere Fremdwährungsanleihen auf US-Dollar sowie auf russische Rubel nach.
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