Anleihen: Der Vorbote des Scheiterns?
Die von den Zentralbanken erhoffte Aufhellung der Wachstumsperspektiven müsste zu steigenden Langfristzinsen führen. Das ist aber nicht der Fall.
Eine Kolumne von Holger Steffen. Der Nebenwerte-Spezialist und Chefredakteur vom Anlegerbrief erwirtschaftet mit seinem Musterdepot seit 1999 eine Rendite von im Schnitt 16,8% pro Jahr.
Neben Gold gelten auch Anleihen aus Indus¬trieländern mit hoher Bonität als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten. Das erklärt zu einem Teil den Kursanstieg, den die Rentenpapiere in Deutschland und den USA in den letzten Wochen vollzogen haben, seit der lange Zeit schwelende Konflikt mit Nordkorea an Schärfe gewonnen hat. Eventuell haben die Anleger aber auch etwas Größeres im Blick - nämlich das Scheitern der Notenbankpolitik.
FED in schwieriger Mission
Aktuell fragen die Anleger wieder verstärkt Anleihen als sicheren Hafen nach. Doch das überlagert die Tatsache, dass der Trend schon länger gedreht ist - zumindest in den USA. Die Zinsen für 10-jährige amerikanische Staatsanleihen befinden sich bereits seit dem letzten Dezember in einer Seit-/Abwärtsbewegung, die sie zuletzt auf den tiefsten Stand in diesem Jahr getrieben hat. Mit zuletzt 2,12 % liegen die langfristigen Zinsen mehr als 10 % unter dem Niveau von Jahresanfang. Eine Rolle dürfte dabei die Entwicklung der Preissteigerung in Übersee spielen, mit 1,7 % ist die Kerninflation auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren gefallen. Für die FED ist das ein Dilemma, denn die angestrebte Reflationierung und -dy¬na-mi¬sie¬rung der Wirtschaft stockt. Weitere Leitzinsanhebungen könnten zusätzliche Bremseffekte auslösen. Stellt sich eine inverse Zinsstruktur ein, in der die kurzfristigen Zinsen höher sind als die langfristigen, wäre die FED-Strategie gescheitert.
Europa in der Falle
Aus Sicht der EZB dürften die Sorgen der FED wie ein Luxusproblem wirken. Denn immerhin verfolgen die Amerikaner seit Jahren eine Straffung der Geldpolitik, die mit dem sukzessiven Ausstieg aus dem letzten Anleihenkaufprogramm in 2013 begonnen hat. Die Europäer wollen hingegen langsam starten, doch die Märkte könnten ihnen in die Quere kommen. Zwar hat die Inflation im Euroraum das negative Terrain nachhaltig verlassen, mit zuletzt 1,3 % bleibt die Preissteigerungsrate für die EZB aber unbefriedigend. Setzt sich nun der Abwärtstrend bei den langfristigen Marktzinsen fort, würde das verdeutlichen, dass die Akteure keinen Spielraum für eine echte Trendwende der Notenbankpolitik sehen.
Fazit zu Anleihen
Die Notenbanken dies- wie jenseits des Atlantiks hatten es sich in den letzten Jahren zum Ziel gesetzt, die Wirtschaft zu reflationieren und so auf einen stabilen Wachstumspfad zu führen. Es könnte sein, dass sie dabei auf halber Strecke stehenbleiben, insbesondere die EZB hat wenig Spielraum. Fallen die langfristigen Zinsen weiter, könnte bald das Thema Deflation an den Märkten wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Setzen die Anleger noch stärker auf dieses Szenario, dürfte das auch den Aktienmarkt in Mitleidenschaft ziehen.
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