Mittelstandsanleihen – keine gute Idee
Vor mehr als einem Jahr warnte ich an dieser Stelle schon einmal vor sogenannten „Mittelstandsanleihen“, die im Moment auf dem Markt ein heißes Produkt sind.
Nun wurde zum Beispiel eine Anleihe des Spirituosenherstellers Berentzen platziert.
Hierzu muss man wissen, dass Berentzen in arger wirtschaftlicher Bedrängnis war und restrukturiert wurde. Auch eine Beteiligungsgesellschaft ist involviert. Vom 1. Halbjahr 2011 zum 1. Halbjahr 2012 brach der Gewinn auf eine schwarze Null ein. Ich wäre nicht überrascht, wenn es eine rote Null würde, wenn man etwas konservativer bilanzieren würde. Mit anderen Worten: Man hat so lange gerechnet, bis man noch irgendwie einen Gewinn darstellen konnte, um die Anleihe zu platzieren.
Die Anleihe war deutlich überzeichnet. Deswegen wurde die Emission am 8.10.2012 vorzeitig geschlossen. 50 Millionen Euro wurden platziert. Das klingt nicht nach viel – ist es aber. Denn das Eigenkapital der Gruppe beträgt gerade einmal 56 Millionen Euro.
Die Konditionen von 6,25% klingen erst einmal gut, und der erste Kurs wurde am 9.10.2012 mit 103% festgestellt.
Wenn Sie zufällig mitgezeichnet haben: Laufen Sie nicht zum Ausgang – rennen Sie!
Sie erhalten hier eine anleihenartige Rendite. In normalen Zeiten wären 6% vielleicht das, was man für eine Unternehmensanleihe bekäme. Die Geldschwemme der Notenbanken hat nur die Renditen auf unnatürlich niedrige Niveaus gedrückt.
Dafür haben Sie mit diesen Mittelstandsanleihen ein aktienartiges Risiko. Da stimmt was nicht. Deswegen sind die Emittenten ja so heiß darauf, diese Dinger zu platzieren.
Wenn schon aktienartiges Risiko, dann bitte auch die Chancen: und die stehen bei Aktien normaler Unternehmen im Moment locker bei 30, 50 oder 100 Prozent. Bei Turnaround Fällen und kleineren Unternehmen sind sie oftmals höher. Die Berentzen-Aktie würde ich erst bei einem Potential von 200 bis 300 Prozent anfassen.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Geschäftsführender Gesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Ziel des Instituts ist die Aktienanalyse und die Entwicklung von Aktienstrategien für Privatanleger.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.