IKB Kolumne Dr. Klaus Bauknecht

EZB auf dem richtigen Weg

08.10.14 17:55 Uhr

EZB auf dem richtigen Weg | finanzen.net

Beharren auf Prinzipen würde die Existenz der Euro-Zone gefährden

Die Kritik am eingeschlagenen Weg der EZB reißt nicht ab. Denn obwohl das geplante Aufkaufen von ABS-Papieren und Pfandbriefen bereits länger bekannt ist, hat die Bekanntgabe der Details durch die EZB erneut für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Die Geldpolitik gehe zu weit, sei ineffektiv und verfolge Ziele, die am Ende mehr schaden als nutzen würden. Die Kritik gilt sowohl der Ausweitung der EZB-Bilanz als auch der angestrebten Abwertung des Euro. Verwunderlich ist diese Haltung allemal. Denn die Historie von Finanzkrisen hat gezeigt, dass wann immer eine Notenbank in einer Krise ihre Bilanz ausgeweitet und die Liquidität deutlich erhöht hat, die negativen Konsequenzen der Krise abgemildert wurden. Gleiches gilt für eine kurzfristige Abwertung des Wechselkurses. Trotzdem wird immer wieder argumentiert, wie schädlich eine Notenbankpolitik des Gelddruckens sei. Die Geschichte zeigt allerdings auch hier ein anderes Bild: erfolgreicher ist die Krisenpolitik von Notenbanken, die lieber etwas zu viel als zu wenig tun. Das bestätigt auch die jüngste Finanzkrise. Die Fed verfolgt seit sechs Jahren eine 0 %-Zinspolitik und hat eine deutliche Ausweitung ihrer Bilanzsumme vorgenommen, obwohl die US-Wirtschaft im Vergleich zur Euro-Zone schon auf einem deutlich besseren Weg ist. Doch das Inflationsgespenst hat sich bis heute nicht gezeigt.

Sparen, sparen und noch mehr sparen: das ist die einseitige Lösung, die oftmals im Raum steht. Wann war solch eine Politik in der Vergangenheit nach oder während einer Krise erfolgreich? Wann hat eine passive Notenbankpolitik, die sich an langfristigen Prinzipien orientiert, die wirtschaftlichen Probleme effektiver bekämpft als eine kurzfristig orientierte Krisenpolitik? Doch halt - soll die Notenbank die wirtschaftlichen Leiden gar nicht mildern, da nach jeder Party ein Kater folgen muss? Grundsätzlich mag zwar eine Marktbereinigung von Überschüssen und Fehlallokationen sinnvoll sein. Allerdings führt dieser Ansatz volkswirtschaftlich zu einem Teufelskreis. Korrekturen als Lernprozess für eine effizientere Allokation von Produktionsfaktoren sind die eine Seite der Medaille. Massenarbeitslosigkeit und soziale Unruhen die andere. Die Gründe für die Krise sind hier eher zweitrangig. Sprich: Es ist unerheblich, ob hohe Arbeitslosigkeit aufgrund des Platzens einer Blase entsteht oder aufgrund anderer, exogener Entwicklungen. Eine Marktwirtschaft basiert auf dem Prinzip von Eigentumsrechten. Sie muss entschlossen gegen alle Krisen vorgehen, um den Erhalt ihrer Fundamente zu wahren. Darin waren sich Keynes und Hayek einig.

Eine passive Notenbankpolitik und eine auf Sparen fokussierte Fiskalpolitik sind gerade für die Euro-Zone der falsche Weg, da sich die Legitimation der Währungsunion aus dem Wohlergehen souveräner Staaten ergibt. Deshalb benötigt die Euro-Zone Wirtschaftswachstum zum Überleben, um Konflikte zwischen den Mitgliedsstaaten zu vermeiden und die übergeordneten Prinzipen der Währungsunion zu wahren. Entsprechend ist auch der Erfolg der EZB offensichtlich: Ohne ihre entschlossene Handlungsbereitschaft (OMT-Programm) wären die Risikoprämien südeuropäischer Länder höher und die Schuldentragfähigkeit vieler Länder wäre zusammengebrochen. Die Euro-Zone, wie wir sie aktuell kennen, würde ohne das Eingreifen der EZB wahrscheinlich nicht mehr existieren. Der effektive Zinssatz für Staaten war in der Geschichte des Euro noch nie so niedrig wie heute. Das stellt die Schuldentragfähigkeit vieler Länder sicher. Ansonsten wäre ein Schuldenschnitt unausweichlich, was das gesamte Finanzsystem in der Euro-Zone in Gefahr bringen würde.

Außergewöhnliche Zeiten benötigen eine flexible Geldpolitik - eine Politik, die sich auf Krisenbekämpfung fokussiert und nicht auf das Einhalten langfristiger Prinzipien. Natürlich kann eine Abwertung des Euro mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit nicht steigern, ebenso wenig wie Gelddrucken das potenzielle Wirtschaftswachstum erhöht. Doch eine anhaltende Krise bringt sicherlich langfristig Wohlfahrtsverluste mit sich. Deshalb ist die EZB auf dem richtigen Weg. Nicht weil die aktuelle Politik prinzipientreu ist oder mittelfristig für Wachstum sorgt, sondern weil sie den Ernst der Lage erkannt hat und versucht, die Krise entschieden zu bekämpfen. Und für die EZB gibt es leider keine Alternative, da die Fiskalpolitik in einer selbst verordneten Zwangsjacke des Sparens steckt. Sorgen über langfristige Implikationen der EZB-Politik sind aus historischer Perspektive nur schwer nachvollziehbar. Befürworter einer auf Prinzipien basierenden Geldpolitik sollten sich die berühmten Worte von Keynes zu Herzen nehmen: dass wir langfristig gesehen alle tot sind. Bei der Euro-Zone wäre das ohne den eingeschlagenen Weg der EZB wahrscheinlich bereits jetzt der Fall.

Seit 90 Jahren ist die IKB eng mit dem deutschen Mittelstand verbunden. Gegründet 1924, begleitet die Bank mittelständische Unternehmen in Deutschland und Europa mit Krediten, Risikomanagement sowie Kapitalmarkt- und Beratungsdienstleistungen. Das Geschäftsmodell des Unternehmens basiert auf langjährigen und stabilen Kundenbeziehungen sowie einem ausgeprägten Verständnis für Mittelstandsthemen.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.