IKB Kolumne Dr. Klaus Bauknecht

EZB-Optionen - gefragt sind schwacher Euro und stimulierende Fiskalpolitik

29.08.14 17:04 Uhr

EZB-Optionen - gefragt sind schwacher Euro und stimulierende Fiskalpolitik | finanzen.net

Der Handlungsdruck auf die EZB nimmt weiter zu.

Dafür verantwortlich sind schwache Konjunkturdaten, die Inflationsraten in der Euro-Zone, die in den nächsten Monaten gefährlich nah an die 0 %-Marke rücken dürften, sowie die Vermutung, dass die EZB in der nächsten Woche ihre Wachstums- und Inflationsprognosen erneut nach unten anpassen muss. Die schon oft erwähnten Inflationserwartungen sind nicht erst seit Kurzem ein Thema. Sie sind schon seit Anfang letzten Jahres rückläufig. Die Rede von EZB-Präsident Draghi in Jackson Hole bestätigt den sich aufbauenden Handlungsdruck. Und da Draghi nicht dafür bekannt ist, dass er die Märkte enttäuscht, ist am 4. September mit konkreten Aussagen der EZB zu einem Aufkaufprogramm, zu den Vorteilen eines schwachen Euro sowie einer möglichen weiteren Zinssenkung zu rechnen. Draghis Worte zur positiven Rolle der Fiskalpolitik bei der konjunkturellen Stimulierung haben zudem ein neues Kapitel der Geldpolitik aufgeschlagen.

Dieser Aussage, dass auch die Fiskalpolitik ihren Beitrag zur konjunkturellen Stimulierung leisten muss, kann nur zugestimmt werden (siehe IKB Kapitalmarkt-News vom 13. August 2014). Denn ohne Nachfragesteigerung kann die Geldpolitik beim aktuellen Niveau von Kreditvergabe und Zins keinen effektiven Einfluss auf die Wirtschaft ausüben. Dank des OMT-Programms der EZB ist die Sorge vor steigenden Zinsen aufgrund wachsender Staatsschuldenquoten nicht begründet. Denn die EZB verhindert oder deckelt durch ihr OMT-Programm Zinsanstiege auf den Kapitalmärkten. So stellt die EZB sicher, dass die Fiskalpolitik in der Lage ist, stabilisierende Maßnahmen für die Konjunktur einzuleiten und dass diese Maßnahmen womöglich sogar mittelfristig großen Einfluss haben. Denn die Zinsen verhalten sich nicht wie im Lehrbuch, demzufolge sie ansteigen und somit private Investitionen belasten müssten. Die Ankündigungen Draghis, wenn sie denn in konkreten Beschlüssen münden, können somit einen wichtigen Beitrag leisten, das Konjunkturrisiko in der Euro-Zone zu reduzieren.

Draghi ist sich dem erhöhten Risiko für die Konjunktur und damit für das Bestehen der Euro-Zone bewusst. Deshalb verwies er vor Kurzem darauf, dass es in Europa keinen Mechanismus für die Umverteilung bzw. die Aufteilung der Risiken von länderspezifischen Schocks gäbe, wie das zum Beispiel in Deutschland durch den Länderfinanzausgleich der Fall ist. Da die Euro-Zone zwar eine monetäre Union ist, politisch aber eine Gemeinschaft von unabhängigen Staaten darstellt, befindet sich die europäische Währungsunion in einem Spannungsfeld zwischen individuellen und übergreifenden Interessen. Das Ausmaß dieses Spanungsfelds steht in direktem Verhältnis zur konjunkturellen Lage eines Landes bzw. dem Wohlergehen der Staatsbürger. Entsprechend ist die Euro-Zone auf mittlere Sicht nur durch einen nachhaltigen Wachstumspfad zu erhalten, was die Bedeutung von kurzfristig spürbaren Wachstumsimpulsen durch die Geld- und Fiskalpolitik hervorhebt. Die Zeit für eine Politik der Prinzipien ist vorbei. Für die Euro-Zone ist Krisenpolitik angesagt. Draghi’s jüngster Kommentar scheint dies zu bestätigen. Damit sollte auch der weitere Weg für die EZB-Geldpolitik klar sein: Benötigt wird ein Aufkaufprogramm nicht nur, um die Kreditvergabe an die Realwirtschaft (ABS-Programm) anzukurbeln, sondern primär um eine ausreichend große Abwertung des Euro sicherzustellen. Die Notenbanken Japans, Großbritanniens, Tschechiens und nicht zuletzt der Schweiz haben gezeigt, dass eine solche Korrektur gelingt, wenn die Notenbank ihre entschiedene Bereitschaft zur Schwächung der Währung zeigt. So kann eine Notenbank auch durch Bilanzaufblähung immer ihre eigene Währung schwächen, da sie das Monopol der Geldschöpfung innehat und somit uneingeschränkt das Geldangebot erhöhen kann.

Schwacher Euro und expansive Fiskalpolitik als "Initialzündung" für die Wirtschaft könnten die Konjunkturrisiken in der Euro-Zone deutlich senken. Dies zumindest wäre die Einschätzung Keynes. Im Gegensatz zu Japan ist der Offenheitsgrad der Euro-Zone deutlich höher und damit auch der Einfluss des Wechselkurses (siehe IKB Kapitalmarkt-News vom 27. August 2014). Trotz andauernder Diskussionen über wirtschaftliche Prinzipien und die Notwendigkeit von Sparmaßnahmen scheinen die Konjunkturrisiken in der Euro-Zone einen Paradigmenwechsel hin zur fiskalischen Krisenpolitik zu forcieren: Dank der EZB-Politik ist Keynes zurück. Und das ist auch gut so.

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