IKB Kolumne Dr. Klaus Bauknecht

Die Fiskalpolitik ist zunehmend gefragt

25.08.14 16:55 Uhr

Die Fiskalpolitik ist zunehmend gefragt | finanzen.net

Die schwachen ifo-Zahlen der letzten Monate zeigen, dass die Implikationen der Ukraine-Krise nicht zu unterschätzen sind.

Es sind nicht nur die Handelsströme, die negativ beeinflusst werden und die aufgrund des relativ geringen russischen Anteils an den deutschen Exporten auf ein noch überschaubares Risiko hindeuten. Auch die erhöhte Unsicherheit über das Ausmaß der Sanktionen und eine mögliche Eskalation der Krise haben dazu geführt, dass sich Investitionsentscheidungen verzögern und das Wirtschaftswachstum zusätzlich belastet wird. Deshalb sieht die IKB in einer anhaltenden Ukraine-Krise und den Diskussionen um Sanktionen ein erhöhtes Wachstumsrisiko. Das geht nicht nur mit deutlich reduzierten Wachstumsprognosen für Deutschland einher (BIP-Wachstum von unter oder nahe bei 1,5 % für 2014 und 2015). Auch die Wachstumsrisiken für die Euro-Zone steigen. Und aufgrund der Zinsen von ca. 0 % sowie einer Fiskalpolitik, die sich selbst in eine Zwangsjacke gesteckt hat, gibt es relativ wenig, das einer konjunkturellen Eintrübung entgegengesetzt werden könnte.

Angesichts der schwachen Zahlen sowie aktueller Äußerungen Draghis über sinkende Inflationserwartungen ist zwar die Wahrscheinlichkeit angestiegen, dass die EZB in den kommenden Monaten ein Aufkaufprogramm einführen wird. Doch abgesehen von einem Anstieg des DAX und weiteren Rekorden bei Kapitalmarktzinsen dürfte sich der Erfolg eines solchen Programms in Grenzen halten. Denn die realwirtschaftliche Entwicklung und damit das Unternehmervertrauen sollten im Gegensatz zum Vertrauen der Finanzmärkte eher weniger von einer hyperaktiven EZB beeindruckt und beeinflusst werden. Unternehmen haben dann Vertrauen, wenn sich die Auftragsbücher füllen, nicht wenn die EZB Geld druckt und dies auf die Finanzmärkte schüttet. Und auch wenn das Aufkaufprogramm ABS-Papiere beinhalten und somit das Kreditangebot für die Realwirtschaft stimulieren sollte, ist dennoch vor Euphorie abzuraten. Denn Unternehmen nehmen nicht primär Kredite auf, wenn die Zinsen niedrig sind bzw. marginal weiter fallen, sondern wenn Kapazitäten ausgelastet sind und das Vertrauen in die zukünftige Entwicklung ungebrochen ist. Keynes hat diesbezüglich auf "animal spirits" verwiesen, die letztendlich Investitionen treiben und die den Einfluss von Zinsen auf die Investitionsentscheidung oftmals überschatten. So ist in der Euro-Zone die Kreditvergabe trotz niedriger Zinsen schon länger rückläufig.

Eine konjunkturelle Eintrübung in der Euro-Zone würde die Relevanz der Fiskalpolitik zunehmen lassen. Denn Krisenpolitik muss sich nicht nur durch Notenbank-, sondern auch durch Fiskalpolitik definieren, insbesondere dann, wenn die Stellschrauben der Notenbanken größtenteils ausgereizt sind. Aktuell sind fiskalische Notmaßnahmen auch deshalb sinnvoll, weil dank der EZB von keinen steigenden Kapitalmarktzinsen auszugehen ist. Damit ist die Gefahr eines "crowding out-Effekts" bezüglich privater Investitionen oder einer eskalierenden Staatsschuldenkrise gebannt. So erfahren viele Staaten der Euro-Zone schon länger eine sinkende Zinslast, was wiederum maßgeblich zur Stabilisierung der erhöhten Schuldenquoten beiträgt.

Zusammengefasst: Soll ein EZB-Aufkaufprogramm auch für die Realwirtschaft von Bedeutung sein und damit Wirtschaftswachstum schaffen, sollten weitere fiskalische Sparmaßnahmen in der Euro-Zone ausgesetzt bzw. umgekehrt werden, um nach all der geschaffenen Liquidität die Nachfrage in der Realwirtschaft anzuheben. Ansonsten bliebe ein EZB-Aufkaufprogramm eine Politik der weiteren Finanzmarktaufblähung.

Seit 90 Jahren ist die IKB eng mit dem deutschen Mittelstand verbunden. Gegründet 1924, begleitet die Bank mittelständische Unternehmen in Deutschland und Europa mit Krediten, Risikomanagement sowie Kapitalmarkt- und Beratungsdienstleistungen. Das Geschäftsmodell des Unternehmens basiert auf langjährigen und stabilen Kundenbeziehungen sowie einem ausgeprägten Verständnis für Mittelstandsthemen.

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