Bund-Future: Kernschmelze am Anleihemarkt?
Der Bund-Future erlebte in den letzten 14 Tagen einen der größten Abstürze in seiner Geschichte.
Und natürlich nicht nur der Bund-Future, sondern der Anleihemarkt in Deutschland insgesamt. Auch in anderen Ländern gaben die Kurse kräftig nach. Viele hatten schon lange davor gewarnt, dass es am Anleihemarkt eine Preisblase gibt. Immerhin hatte der Bund-Future mit 160 Punkten ein Niveau erreicht, dass einer durchschnittlichen (!) Anleiherendite von null Prozent entspricht. Das konnte natürlich nicht ewig gut gehen. Aber warum kam der Absturz gerade jetzt und warum in diesem Tempo und so stark?
Sich selbst verstärkende Effekte
Es gibt nicht EINEN Anlass, sondern eine Summe von Gründen, die sich zuletzt gegenseitig verstärkten. Da ist zum einen die Aussicht, dass die Zinsen nicht auf Dauer so niedrig bleiben, denn in Europa zieht die Konjunktur wieder an. Zudem spricht die Erholung des Ölpreises für eine stärkere Weltkonjunktur. In den USA kommt die Aussicht auf eine Zinserhöhung hinzu, auch dort legten die Anleiherenditen deutlich zu. Zum anderen wurden viele Risiken, wie z.B. der potenzielle Grexit, bislang einfach beiseitegeschoben. Beide Einflüsse zusammen haben sich hochgeschaukelt und viele Spekulanten zu Gewinnmitnahmen veranlasst. Bedenken Sie: Automatisierte Trades (Managed Futures) spielen eine immer größere Rolle. Und diese setzen zumeist auf Trends. Long im Bund-Future sowie short im Euro zu sein, waren im 1. Quartal sehr lukrative "Trades". Sobald aber die ersten Chartmarken beim Bund-Future nach unten durchbrochen waren, wurden automatische Stopp-Orders ausgelöst. Die Stärke des Kursrückgangs erklärt sich damit auch aus der Länge der vorherigen Aufwärtsbewegung.
Fazit
Der Kursrutsch bedeutet nicht, dass der langfristige Aufwärtstrend beim Bund-Future bereits zu Ende ist. Es hat sich lediglich die Übertreibung abgebaut. Die EZB kauft weiterhin Anleihen und das wird die Kurse stützen. Noch wichtiger: Die Wirtschaft in der Eurozone bleibt trotz der leichten Erholung schwach und die Zinsen noch lange sehr niedrig. Allerdings ist der starke Kursrückgang ein Warnsignal für weitere Turbulenzen an den Märkten.
Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.