Alpha Anleihen Kolumne Carsten Müller

Wenn Griechenland pleite ist, was passiert mit den Anleihen?

01.07.15 11:23 Uhr

Wenn Griechenland pleite ist, was passiert mit den Anleihen? | finanzen.net

Griechenland lässt die fällige Zahlung an den IWF ausfallen. Welchen Einfluss hat das auf die ausstehenden Staatsanleihen am Kapitalmarkt? Droht auch hier ein Zahlungsausfall?


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Auch wenn Griechenland die fällige Zahlung an den IWF nicht leistete, ist das noch keine offizielle Pleite. Denn nach den eigenen Regeln gibt der IWF säumigen Zahlern in der Regel 30 Tage Zeit, die Zahlung nachzuholen. Ob sich Hellas also vorerst vom offiziellen Staatsbankrott fernhalten kann, hängt davon ab, wie der IWF mit der neuen Situation umgeht.

Geht alles nach bisherigem Schema, wird der IWF in mehreren Eskalationsstufen Griechenland auffordern, zu zahlen. Kommen die Hellenen dem nicht nach, wird nach 4 Wochen der offizielle Zahlungsausfall erklärt. Dem müssen dann auch andere Gläubiger, insbesondere der Euro-Rettungsfonds EFSF Rechnung tragen. Denn es gibt Cross-Default-Regeln, die an den IWF-Krediten hängen. Die technisch entsprechende Frage ist dann allerdings, ob der EFSF sämtliche Forderungen fällig stellt.

Rating-Agenturen bleiben noch relativ still

Die Rating-Agenturen halten sich momentan überaschenderweise ziemlich zurück. Zwar hat Fitch die griechische Notenbank und 3 weitere Institute auf Restrictive Default (begrenzter Zahlungsausfall) herabgestuft. Außerdem senkte Standard & Poor´s sein Rating auf CCC-. Dennoch vermeiden es bisher alle drei großen Agenturen (also auch Moody´s), bereits ein SD oder D (teilweiser Zahlungsausfall oder genereller Zahlungsausfall) zu vergeben.

Das dürfte damit zusammenhängen, dass man in der Bewertung die Vorgänge rund um den IWF und die anderen staatlichen Gläubiger von den börsennotierten Staatsanleihen abtrennt. Denn auch, wenn es zu einem Zahlungsausfall bei den Krediten von IWF, EZB und EFSF käme, bedeutet das nicht automatisch, dass auch die ausstehenden Anleihen davon betroffen wären.

Bei den ausstehenden Staatsanleihen gilt der 17. Juli als entscheidender Tag. Denn dann wird der Kupon für die 3,375%-ige Staatsanleihe mit Laufzeit bis Juli 2017 fällig. Hierbei geht um insgesamt 70 Mio. Euro. Im Markt rechnet man allerdings damit, dass Griechenland diese Zahlung leisten wird, um nicht noch einen Krisenherd aufzumachen. Bei der Zinszahlung hätte Griechenland allerdings die Möglichkeit, eine Grace Period (eine Stillhalte-Periode) von 30 Tagen auszunutzen. Wird in dieser Zeit die Zinszahlung nachgeholt, würden die Anleihen normal weiterlaufen.

Ein Ausfall der Anleihen würde auch den EFSF betreffen

Zahlt man allerdings nicht, kommt es dann auf die Gläubiger an. Denn um einen Ausfall der Anleihen zu erklären, bedarf es mindestens 25% aller Gläubiger (bezogen auf den Nennwert). Kommt es zur Erklärung eines Zahlungsausfalls, wären dann davon auch andere ausstehende Staatsanleihen betroffen, die über Cross-Default-Klauseln entsprechend verbunden sind. Wobei dies auch noch weiterreichende Konsequenzen hätte. Denn nicht nur beim Ausfall der IWF-Kredite müsste der EFSF handeln, sondern eben auch beim Ausfall der Anleihen.

Nicht zu vergessen die EZB. Sie war es bekanntlich in den letzten Wochen und Monaten, welche die Banken noch halbwegs flüssig hielt. Aktuell hat sie die Notfall-Kredite auf dem aktuellen Niveau eingefroren. Wichtig für das eigene weitere Vorgehen wird der 20. Juli sein. Denn dann müsste Griechenland 3,5 Mrd. Euro an ausstehenden Anleihen plus Kupon an die EZB zahlen.

Welche genauen Konditionen es für diese Bonds (auch mit Blick auf Cross-Default und Grace Period) gibt, ist nicht bekannt, da sie nicht veröffentlicht werden. Es ist aber davon auszugehen, dass bei einer Nicht-Zahlung das Notkredite-Programm ELA komplett eingestellt wird. Allerdings ist das mehr eine politische als eine wirtschaftliche Entscheidung. Um es leider so zu sagen: In der jetzigen Situation ist alles möglich.


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Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.

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