Alpha Anleihen Kolumne Carsten Müller

Tier-1-Bank-Anleihen: Deutschland hinkt hinterher

05.03.14 16:30 Uhr

Tier-1-Bank-Anleihen: Deutschland hinkt hinterher | finanzen.net

Während der ersten Phase der Finanzkrise 2007/2008 waren es so genannte Tier-1-Anleihen, welche bei vielen Banken die Eigenkapital-Löcher stopfen konnten.

Diese waren durch die milliardenschweren Abschreibungen entstanden, die Banken rund um den Globus vorrangig auf Schrott-Anleihen aus dem amerikanischen Hypothekensektor machen mussten.

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Aus der damaligen Notlage heraus waren viele dieser Tier-1-Bankanleihen mit sehr attraktiven Kupons ausgestattet worden. Zinssätze von 5 bis 7% waren eher die Regel als die Ausnahme. Allerdings auch zu Recht. Denn zum damaligen Zeitpunkt waren sie hochriskant.

Als nachrangig strukturierte Anleihen wären sie im Fall einer Bankinsolvenz ganz am Ende der "Nahrungskette" gestanden. Nun - es kam nicht so, sondern Milliarden von Steuergeldern halfen den Banken diesseits und jenseits des Atlantiks wieder auf die finanziellen Beine. So entspann sich für entsprechend aufgestellte Anleger eine spannende Spekulation. Denn viele Banken versuchten, möglichst zügig die hochverzinslichen Anleihen wieder aufzukaufen.

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Was mit Tier-1-Anleihen zu verdienen ist

Im "alpha anleihen & zinsen" habe ich dieses Thema seit 2012 mit einem Musterdepot begleitet und daraus bislang eine Gesamtperformance (inklusive Zinszahlungen und Rückzahlungsgewinnen) von knapp 58% erzielen können. Doch die Story ist noch längst nicht zu Ende. Denn nun beginnt die zweite Phase.

Sie basiert auf der Tatsache, dass viele alte Tier-1-Anleihen nach dem neuen Regelwerk Basel III zukünftig nicht mehr oder nur eingeschränkt zum Kernkapital hinzugezählt werden dürfen. Deshalb sind viele Großbanken in Europa bereits dabei, alte Anleihen auszulösen und neue, Basel-III-konforme Hybrid-Anleihen (darum handelt es sich im Kern bei Tier-1-Anleihen) zu emittieren. So konnten schon in den letzten Monaten vor allem Schweizer und französische Banken auf dem Emissionsmarkt mit neuen Milliarden-Platzierungen begrüßt werden.

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Deutsche Banken in den Startlöchern

Auch deutsche Banken, insbesondere die Deutsche Bank selbst und der Immobilienfinanzierer Aareal Bank, stehen in den Startlöchern. Doch im Gegensatz zu den europäischen Wettbewerbern werden die deutschen Institute bei diesem angepeilten "Roll-over" bislang vom Gesetzgeber ausgebremst.

Denn dieser hat immer noch nicht entschieden, ob die Kuponzahlungen aus den neuen Anleihen als Dividendenausschüttungen (die zu besteuern wären) oder als begünstigter Fremdkapitalaufwand gewertet werden sollen.

Das Risiko: Der aktuell durchaus aufnahmebereite und interessierte Markt für die neuen Hybrid-Anleihen könnte längst wieder abgeebbt sein, wenn die deutschen Banken endlich zum Zuge kommen. Ganz abgesehen davon, dass in solch einem Szenario auch die angebotenen Kupons wohl deutlich höher ausfallen müssten, um Abnehmer zu finden. Höhere Fremdkapitalkosten und entsprechender Druck auf die Bilanzen wären die Folge. Gerade für die angeschlagene Deutsche Bank ein problematisches Szenario.

Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.